Rudolf Kolisch, der Schwager des Komponisten Arnold Schönberg, war von Anfang an einer jener Musiker, die sich in den Aufführung des von Schönberg gegründeten Vereins für musikalische Privataufführungen engagierten. Nach unliebsamen Erfahrungen bei etlichen Ur- und Erstaufführungen neuer Werke, sollten in diesem Rahmen – bei strengem Verbot von Beifalls- oder Mißfallensäußerungen neue Werke oder schwer verständliche Stücke des klassischen Repertoires nach eingehender Probenarbeit in mustergültigen Aufführungen präsentiert werden.
Zehn Rubaijat des Omar Khajjam für Chor a cappella
„Ich bin im Zuge meiner Beschäftigung mit persischer Literatur […] auf die Rubaijat des Omar Khajjam aus dem Anfang des 12. Jahrhunderts gestoßen und war fasziniert von ihrer satirischen Schärfe, ihrer Pointiertheit und dem hinter ihnen stehenden expressionistischen Lebensgefühl, das sie höchst aktuell erscheinen ließen. Ihr Inhalt wurde zur Zeit ihrer Entstehung – wie uns heute erscheinen will zur Tarnung – religiös gedeutet.“
Friedrich Cerha über seine »Rubaijat«
In den späten Vierzigerjahren beschäftigte sich der junge Friedrich Cerha mit Chormusik. Daß er Franz von Assisis »Sonnengesang« vertont hat, führt uns freilich auf eine falsche Fährte. Um religiöse Inhalte ging es dem Komponisten damals keineswegs. Und daß die Sinngedichte des persischen Poeten Omar Khajjam oft in geistliche Zusammenhänge gestellt wurden, nimmt ihnen nichts von ihrer Verschmitztheit und ihrer zuweilen subversiven Kraft.
Es ist schon der Widerspruchsgeist, der sich bei Friedrich Cerha später noch so oft melden wird, der hier am Werke war. Vom selben Komponisten sollten Jahrzehnte später auch hintergründig-kritische »Chansons« entstehen – was die Musikwelt Anno 1950 freilich noch nicht ahnen konnte.
Die Rubaijat sind dem legendären Wiener Chorleister Günther Theuring gewidmet.
Die Texte
I
Als Du das Leben schufst, schufst Du das Sterben:
Uns, Deine Werke, weih’st Du dem Verderben.
Wenn schlecht Dein Werk war, sprich, wen trifft die Schuld
Und war es gut, warum schlägst Du ’s in Scherben?
II
Ein Vogel saß einst auf dem Wall von Tûs,
Vor ihm der Schädel Königs Kaykawûs.
Und klagte immerfort: Affssûss, Affssûss!
Wo bleibt der Glocken und der Pauken Gruß?
III
Ein Stier ist, der drunten auf seinem Horne die Erde hält
Ein anderer Stier strahlt hell dort oben am Himmelszelt.
Doch an die Menge von Eseln denk ich mit Grausen,
Die zwischen den beiden Stieren hausen!
IV
Was heut hierher mich trieb? Ich sag es unverhohlen:
Ich hatt’ in der Moschee einen Betteppich gestohlen,
Der ist jetzt alt und schlecht, drum kam – ein seltner Gast –
Ich heute wieder her, einen neuen mir zu holen.
V
Von Wein und vom Honig im Paradies
Sprecht ihr und von Huris, den schönen
Und was der Prophet uns da drüben verhieß,
Das wollt ihr auf Erden verpönen?
VI
Du zerbrachst mir, Herr, meinen Krug mit dem schönsten Wein.
Zum trunkenen Glück verschloss mir die Türe Dein Spott.
In den Staub rot gossest Du selbst den lieben Wein
Er war der elektrisierendste Maestro seiner Zeit. Nicht unschwierig dabei: Nur als Erster Gastdirigent der Wiener Symphoniker hielt er es über eine längere Strecke aus. Doch seine Konzerte sind dem Publikum in lebhafter Erinnerung. Wenn dieser Mann am Pult stand, dann garantierte das Hochspannung – ganz gleich, bei welchem Repertoire.
Gegründet im Jahr 1918 in Budapest, wurde das – später in London beheimatete – Léner (oder Lehner-)Quartett zu einem der berühmteste Kammermusik-Ensembles der frühen Schallplatten-Geschichte. In Schallack-Zeiten nahm das Ensemble ab 1923 mehr als 200 Schellack-Platten auf, darunter von besonderer musikhistorischer Bedeutung: Die erste Gesamtaufnahme der Streichquartette Ludwig van Beethovens.
1912 – Kapellmeister in Stettin – Erstdrucke Webernscher Werke in de Zeitschriften Der Blaue Reiter und Der Ruf
1913 – Rückkehr nach Wien – das legendäre »Skandal-Konzert« mit der Uraufführung der Orchesterstücke op. 6 in Wien; Geburt der Tochter Maria. Komposition der Orchesterstücke op. 10.
1915 – Sohn Peter geboren – Webern Einjährig-Freiwilliger im Ersten Weltkrieg
1917 – Entlassung aus dem Militärdienst – Kapellmeister am Deutschen Theater Prag
1918 – Umzug nach Mödling – Vortragsmeister des »Vereins für musikalische Privataufführungen«
1919 – Tochter Christinegeboren – Tod des Vaters
1920 – Kapellmeistertätigkeit in Prag – Webern wird Komponiste der Universal Edition
1921 – Dirigent des Wiener Schubert-Bundes – Chormeister Männergesangverein Mödling
1922 – Webern dirigiert seine Passacaglia beim TonkünstlerfestDüsseldorf Aufführung der Stücke für Streichquartett op. 5 beim Festival der IGNM inSalzburg – Leiter der Wiener Arbeiter-Symphoniekonzerte – Dirigent der »Freien Typographia«
1923 – Gastkonzert in Berlin – Chormeister des sozialistischen »Arbeiter-Singvereins« Wien
1924 – Uraufführung der Bagatellen op. 9 und der Trakl-Lieder op. 14 beim Festival für Neue Musik in Donaueschingen – Wien verleiht Webern den Großen Musikpreis
1925 – Lehrer am Jüdischen Blindeninstitut
1926 – Ende der Tätigkeit beim Männergesangverein Mödling.
1927 – Dirigent des Österreichischen Rundfunks (»RAVAG«)
1928 – Die Symphonie op. 21 entsteht – Erkrankung an Magengeschwüren – Kompositionsauftrag der »League of Composers«
1929 – Konzerte in Frankfurt und London
1930 – Fachberater und Lektor der RAVAG
1931 – Konzerte in London – Musikpreis der Gemeinde Wien
1932 – Konzerte in London und Barcelona – Übersiedlung nach Wien, später nach Maria-Enzersdorf
1933 – Konzert in London – Feier des 50. Geburtstag
1934 – Nach dem Verbot der Sozialdemokratischen Partei verliert Webern seine Ämter in deren »Kunststelle« – Das Konzert op. 24 zur Feier von Arnold Schönbergs 60. Geburtstag
1935 – Konzert in London
1936 – Webern sagt seine Mitwirkung beim IGNM-Fest in Barcelona ab – die posthume Uraufführung von Alban Bergs Violinkonzert übernmmt Hermann Scherchen – Gastspiel in Winterthur
1938 – Elizabeth Sprague Coolidge erteilt den Kompositionsauftrag für ein Streichquartett. WebernsQuartett op. 28 ist in den Märztagen des Jahres vollendet. – Uraufführung der Kantate Das Augenlicht in London
1940 – Schweiz-Reise – die Variationen entstehen, Weberns letztes Orchesterwerk.
1941 – Webern beginnt an der Kantate Nr. 2 (nach Texten von Hildegard Jone) zu arbeiten. Sie wird sein letztes vollendetes Werk sein.
1943 – Erneute Schweiz-Reise – Feier des 60. Geburtstags
1945 – Sohn Peter stirbt am 11. – Flucht vor den herannahenen Sowjet-Truppen nach Mittersill – Am 15. September wird Anton von Webern von einem amerikanischen Besatzungssoldaten in Mittersill erschossen
Anton von Webern hatte schon als Teenager zu komponieren begonnen und spätromantisch-klangschwelgerische Orchesterwerke wie die »Idylle« Im Sommerwind (1904) komponiert, ehe er sich Arnold Schönberg zuwandte.