Archiv der Kategorie: Kalender

21. I. 22

»Frei, aber einsam«

Musikfreunde kennen das Scherzo aus der sogenannten »FAE«-Sonate, der einzige in der Konzertpraxis überlebende Beitrag zu jenem Pasticcio von musikalischen Freunden, deren Motto »frei, aber einsam« mit en drei Buchstaben zusammengefaßt wurde. Neben Johannes Brahms, von dem das Scherzo stammt, steuerten auch noch Robert Schumann und Albert Dietrich Sätze zu der Sonate für den gemeinsamen Freund, den Geiger Joseph Joachim bei.

Auf dem von Schumanns Hand stammenden Titelblatt heißt es:

In Erwartung der Ankunft des
verehrten und geliebten
Freundes
Joseph Joachim
schrieben diese Sonate
Robert Schumann,
Albert Dietrich
und Johannes Brahms.

Von Joachim kennt man immerhin noch den Namen. Er war als Geiger eine der prägenden Figuren des Musiklebens in Europa im ausgehenden XIX. Jahrhundert. Aber Dietrich?

Das Tonkünstlerorchester unter Eugene Tzigane startete mit der Geigerin Isabelle Faust im Dezember 2021 ein Experiment und brachte nebst einer Rarität von Robert Schumann Werke der beiden unbekannt gebliebenen Komponisten in Wiener Musikverein zu Gehör. Ö1 sendet den Mitschnitt heute um 19.30 Uhr.

Das Programm

  • Joseph Joachim: „Hamlet“ Ouvertüre op. 4
  • Robert Schumann: Konzert für Violine und Orchester
  • Albert Dietrich: Symphonie Nr. 2 d-Moll op.20

Wobei auch das (ebenfalls für Joachim komponierte) Schumann-Konzert eine Rarität geblieben ist. Zu Lebzeiten des Komponisten ist es nie erklungen. Und die Geschichte seiner Entdeckung ist kurios.

Nachzulesen im

SINKOTHEK-ARCHIV

Schumanns Violinkonzert

ZUR SENDUNG

20. I. 22

Opernhaus des Jahres

Alle Jahre wieder küren die deutschen Musikkritiker ein Opernhaus des Jahres. Wie man zu dieser Ehre kommt, ist leicht erklärt: Die Kollegen jenseits des Weißwurstäquators sind ja in Sachen Musiktheater für ihre mangelnde Zuneigung zur Musik und ihre Liebe zum Theater berüchtigt. Daher haben nur Intendanten eine Chance auf Würdigung, wenn sie möglichst viele möglichst tatsachenverdrehende Inszenierungen auf die Bühne bringen. Die Wahl Anno 2020 fiel auf Hannover, eine Stadt, von der viele Musikfreunde, denen die Musik mindestens so wichtig ist wie das Theater, gar nicht wußten, daß es dort überhaupt ein erwähnenswertes Opernhaus gibt. Also? Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser: Heute stellt die Plattform OperaVision die Aufzeichnung von Lydia Steiers Inszenierung von Mozarts »Figaros Hochzeit« online. Da wissen ja alle, worum es gehen sollte und können nun nachschauen, worum es im Opernhaus des Jahres geht, wenn »Figaro« auf dem Programm steht. Nebstbei kann man lauschen, wie gut in einem prämiierten Opernhaus gesungen werden muß…

Nicht »Elektra«, »Figaro«!

ZUM STREAM


Das Trio

Martha Argerich, Gidon Kremer und Mischa Maisky sind seit Jahrzehnten eine eingeschworene Musikergemeinschaft. In Duo-Formationen und als Trio haben sie unzählige CDs eingespielt und dabei nicht nur das klassische Duo- und Trio-Repertoire durchforstet, sondern auch Raritäten aufgenommen.

Entsprechend bunt ist auch das Programm, das die drei Musikanten heute im Wiener Konzerthaus präsentieren: Musik von Schubert,

Schostakowitsch und von dem Schostakowitsch-Zeitgenossen Moisei Weinberg, der zuletzt vor allem dank Gidon Kremers Initiativen international wieder ins Rampenlicht gerückt ist.

AUS DEM SINKOTHEK-ARCHIV

Konzerthaus

Ein Fest für »Alte Musik«

Die »Resonanzen« sind 30

Ein Festival, das den Zeitgeist spiegelt: Die »Resonanzen« des Wiener Konzerthauses sind 30 geworden. Hier gab sich die Creme der internationalen Alte-Musik-Szene ein Stelldichein und Wien war nicht länger abgeschnitten von den aktuellen Interpretations-Tendenzen, sondern wurd zum modischen Originalklang-Forum.

Vorschau auf Ö1 (19.30 Uhr)

18. I. 22

Bellini an der Scala

Teatro alla Scala

Speranza Scapucci übernimmt

Die Dirigentin Speranza Scapucci, in Wien bestens bekannt, weil sie als Korrepetitorin an der Staatsoper auch schon etliche Vorstellungen dirigiert hat, bekommt an der Mailänder Scala ihre große Chance.

18. I. 22 weiterlesen

17. I. 22

Bach und der Meister

Zu den unglaublichen Wahrheiten der Musikgeschichte gehört es, daß die Zeitgenossen einstens Johann Sebastian Bach viel weniger hoch bewerteten als seinen Kollegen Georg Philipp Telemann. Umso spannender ist es, Werke der beiden Komponisten direkt miteinander in Vergleich zu setzen: An der absoluten Übermachtstellung Bachs in unseren Tagen ließ auch das Programm des Hamburger Konzerts der NDR Radiophilharmonie unter Riccardo Minasi im Dezember des Vorjahres keinen Zweifel. Und doch: Nebst Bachschen Kantaten – mit Edelsopran Anna Prohaska als Solistin – und dem Dritten Brandenburgischen Konzert, war auch Telemanns prachtvolles Konzert für drei Trompeten zu hören.

Barocker Festesglanz jedenfalls garantiert:

zu hören in Ö1 (14.05 Uhr)

16. I. 22

Im Philharmonischen

Die Plattform myfidelio bietet heute zur rechten Stunde einen Livestream des philharmonischen Abonnementkonzerts aus dem Winer Musikverein. Valery Gergiev steht am Dirigentenpult und auf dem Programm steht zweimal die Nummer 2 von Sergej Rachmaninow: Die Zweite Symphonie ist das Hauptwerk. Vor der Pause erklingt das Zweite Klavierkonzert – Denis Matsuev ist der Solist. Beide Werke stehen bei manchen Musikfreunden in dringendem Kitschverdacht – in beiden Fällen ist die Anschuldigung haltlos, wenn die Interpreten entsprechend sensibel agieren.

AUS DEM SINKOTHEK-ARCHIV


Igor Levit, live

Unter der Leitung von Franz Welser-Möst musizierte das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks jüngst Beethovens Zweites Klavierkonzert mit Igor Levit als Solist. Die Aufzeichnung ist heute Vormittag im Bayerischen TV zu sehen (10.20 Uhr).

Romantische Kammermusik

Überschwenglicher geht es nicht: Kammermusik, das kann eine herrliche Angelegenheit auch für Musikfreunde sein, die es gern hoch romantisch und klangschwelgerisch haben. Das heutige Musikvereins-Konzert des Ensemble Wien präsentiert zwei himmelhochjauchzende, hoch emotionelle Stücke der slawischen Spätromantik: Antonin Dvoraks Streichquintett in G-Dur (op. 77) und Peter Iljitsch Tschaikowskys Streichsextett Souvenir de Florence.

MUSIKVEREIN

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15. I. 22

Hatinks Londoner »Meistersinger«

Einen Schatz hebt die BBC zur Erinnerung an Bernard Haitink aus ihrem Archiv: Ein Mitschnitt der »Meistersinger von Nürnberg« aus dem Royal Opera House Covent Garden aus den Neunzigerjahren mit John Tomlinson als Hans Sachs, Thomas Allen als Beckmesser, Nancy Gustafson als Evchen und Gösta Winbergh als Walther von Stolzing.

Graham Vicks Londoner Inszenierung

Einziger Wermutstropfen: Daß die Optik fehlt, muß man bedauern. Seit Graham Vicks Londoner Inszenierung, die 1993 in Bühnenbildern Premiere feierte, die teilweise von Brueghel und Dürer inspiriert waren, gab es inszenatorisch in Europa bestimmt keine adäquatere Produktion dieses Werks mehr zu sehen…

BBC 3 (17.00 Uhr)

MEZ 18 Uhr!


FEUILLETON

über die Schwierigkeiten mit einem deutschen Meisterwerk in unseren Tagen

»Warum ehren wir die Meistersinger nicht?«

Petrenko dirigiert »Jolanthe«

Mit Bild, aber aus dem Konzertsaal, können wir heute Abend die konzertante Aufführung von

Tschaikowskys »Jolanthe«

mitverfolgen. Kirill Petrenko hat diese letzte Oper des russischen Meisters ins Programm genommen mit Asmik Grigorian in der Titelpartie. »Jolanthe« kam einst am selben Abend wie das Ballett »De Nußknacker« zur Uraufführung und war die eigentliche Sensation dieses Premieren-Abends. Erst die Nachwelt schätzt die Ballettmusik höher ein als die Oper; und doch: »Jolanthe«, die Geschichte der blinden Prinzessin, die ihr Glück findet, hat Tschaikowsky zu einigen euphorischen Klangbildern inspiriert, die beim Chefdirigenten der Berliner Philharmoniker gewiß in besten Händen sind. Der Streaming Dienst des Orchesters überträgt heute live und sendet die Aufzeichnung morgen, Sonntag zu Mittag noch einmal. Dann ist ein paar Tage Pause, bevor die Aufzeichnung auf Dauer für Abonnenten der Digital Concert Hall online abrufbar ist.

DIGITAL CONCERT HALL (19 Uhr)

14. I. 22

Ballettpremiere in Wien

Drei Kurzballette faßt das Wiener Staatsballett heute zu einem neuen Ballettabend zusammen. Davon waren George Balanchines »Liebeslieder-Walzer« nach den beiden gleichnamigen Liederbüchern von Johannes Brahms seit den späten Siebzigerjahren bereits für längere Zeit Teil des Staatsopernrepertoires und wurden nun neu einstudiert. Neu für die Stadt sind »Concerto« von Lucinda Childs (1993) nach dem Cembalokonzert von Henryk Górecki und »Other Dances« von Balanchines Protegé Jerome Robbins nach Mazurken und Walzern von Frédéric Chopin, geschaffen 1976 für Natalia Makarova und Mikhail Baryshnikov.

Neugierige dürfen via Livestream dabei sein. Auf der Streamingplattform der Staatsoper ist die Übertragung kostenlos zugänglich und bleibt 24 Stunden lang abrufbar.

zum Livestream


Christiane Karg singt Beethoven

Im Rahmen des Beethoven-Zyklus des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks unter Iván Fischer erklingt heute zwischen der Achten und der Fünften Symphonie erklingt die Konzertarie »Ah, perfido!«, eines der bemerkenswertesten Dokumente für das dramatische Genie Beethoven jenseits des »Fidelio.«

Bayern4 überträgt live (20.00 Uhr)

In der Pause der Übertragung gibt es ein Gespräch mit der Sopranistin Christiane Karg zu hören.

mehr zu »Ah, perfido«

über die Achte Symphonie

über die Fünfte Symphonie

13. I. 22

Vorurteils-Abbau

Beethoven steht außer Debatte, aber Rachmaninow? Für viele ist der russische Spätromantiker, dessen Spätwerk sogar parallel zu den kühnsten Experimenten der musikalischen Avantgarde entstand, heute noch ein Abtrünniger. Man reiht ihn bestenfalls in die Kitsch-Ecke des XX. Jahrhunderts. Umso eher sollten auch Skeptiker dem Mitschnitt eines Konzerts von Verbier-Festival lauschen, der in dieser Hinsicht schon wieder mutig programmiert war: Nikolai Lugansky koppelte eine der populärsten mit einer der heikelsten Beeethoven-Sonaten: die »Mondschein-Sonate« und die c-Moll-Sonate op. 111, mit dem Zyklus der »Etudes tableaux« von Sergej Rachmaninow. Das ist eine Reihe nicht nur klaviertechnisch, sondern auch inhaltlich höchst anspruchsvoller Stücke, die letztendlich doch den Vergleich mit dem großen Klassiker aushalten können, wenn ein Interpret nur analytisch genug vorgeht.

AUS DEM SINKOTHEK-ARCHIV

12. I. 22

Tschechische Moderne

Ö1 hat am Dienstagabend den Livemitschnitt des Einstandskonzertes des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks im Interimsquartier der Münchner Orchester gesendet. Ende Oktober mußte umgezogen werden. Die Philharmonie am Gasteig wird ja umgebaut. Jakub Hrusa dirigierte, die Geigerin Isabelle Faust musizierte Benjamin Brittens Violinkonzert aus dem Jahr 1939. 

Neben Schostakowitschs Erster Symphonie, der impusliven Einstandsarbeit des 19-Jährigen Kompositionsstudenten dirigiert Hrusa auch das Werk eines tschechischen Komponisten, der nicht erleben durfte, daß das von ihm verhaßte kommunistische Regime in seiner Heimat abdanken mußte: Miloslav Kabelác (1908-1979). Hrusa hat dessen symphonisches Hauptwerk, die etwa halbstündige Passacaglia »Mysterium der Zeit« von 1957 gewählt, ein Werk, das sich in einem gewaltigen Steigerungsbogen entfaltet, dessen suggestiver Wirkung sich der Hörer schwer entziehen kann. Eine akustische Entdeckungsreise.

Zum Ö1-Konzert (19.30 Uhr)

bis 18. Jänner abrufbar

aus dem SINKOTHEK-ARCHIV über Miloslav Kabelac