Seiner Musik lauschte das Publikum!
Zum Tod des meistgespielten deutschen Komponisten der Gegenwart, dessen Werk auch bei den Salzburger Festspielen Furore machte.
Manchmal hatte man das Gefühl, diese Musik klinge, als hätte jemand Steine in einen See geworfen und versuche nun, akustisch nachzuvollziehen, wie sich immer weitere Kreise im Wasser bilden. Wachsen lassen, wuchern, entstehen lassen und dann die Chronik der Geschehnisse in Partitur zu schreiben, das hat sich Wolfgang Rihm zur Aufgabe gemacht. Das war so etwas wie das Gegenteil dessen, was in seiner Jugend von den offiziellen Kunsttheorie-Kanzeln herab gepredigt wurde. Rihm war eine...
Wer da glaubt, die Gitarre sei dazu da, daß man sie zum Lagerfeuer mitbringt, um dort stimmungsvoll draufloszuklimpern, irrt gewaltig: Die Gitarristin Tomljanovic wirft mit ihrem neuen CD-Album alle einschlägigen Vorstellungen vollständig über den Haufen. Pop oder Klassik, das ist hier nicht die Frage: Avantgarde, lautet die Anwort: Sechs zeitgenössische Komponisten haben – zum größten Teil in enger Zusammenarbeit mit der Solistin – neue Stücke für Gitarre geschrieben, die hie und da wirklich völlig neue Klang-Räume eröffnen.
Eine CD als Grenzerfahrung für die Musikerin – wie für ihre Hörer!
Der erfolgreiche Opernkomponist Peter Eötvös starb 80-jährig in Budapest.
Aida Garifullina in »Tri Sestri» in Wien (Staatsoper/Pöhn)
Ein weiterer Schlag für das internationale Musiktheater avantgardistischer Prägung: Wenige Tage nach Aribert Reimann starb in Budapest Peter Eötvös, der „andere“ erfolgreiche Opernmeister unserer Zeit. Nicht viele Komponisten haben es geschafft, mit Musiktheaterwerken jeweils über mehr oder weniger heftig diskutierte Uraufführungen hinauszukommen: Wie Reimanns wichtigste Titel fanden sich auch jene von Eötvös auf den Spielplänen vieler bedeutender Opernhäuser. An der Wiener Staatsoper feierte man beispielsw...
Aribert Reimann (re.) mit Staatsoperndirektor Ioan Holender in der Zeit der "Medea"
Er war König Lears Bezwinger
Lear!
Der Ruhm von Aribert Reimann kann auf Shakespeares sagenhaften König fokussiert werden.
Dass dieser Komponist, der 1936 in Berlin geboren wurde, zum Thema Oper allerhand beitragen würde, war Kennern der Avantgarde früh klar geworden – nämlich als „Traumspiel“ (1964, nach einer Strindberg-Vorlage) und „Melusine nach Yvan Goll (1970) herausgekommen waren. Aber mit „Lear“ wurde über Nacht der ganzen Opernwelt bewußt, daß Aribert Reimann eine Hand für die suggestive akustische Bebilderung dramatischer Szenen hatte. ...
Eine Oper wie eine Mondlandung
Es ist das kühnste Opernprojekt der musikalischen Avantgarde: Regisseur Sebastian Baumgarten fand dazu an der Oper Zürich im Kafka-Text unaufgeregt die Realität im Absurden.
Allison Cook als Brunelda: Diseuse in der Performance ihres Lebens. Foto: Prammer
Berlin sprach 1966 von einem Skandal, Graz Anfang der Neunzi...
Arnold Schönbergs Variationen op. 31 – Schritt für Schritt erläutert.
Die Wiener Philharmoniker haben an diesem Wochenende im Konzert unter Franz Welser-Möst eines der Schlüsselwerke des XX. Jahrhunderts auf dem Programm: Arnold Schönbergs Orchestervariationen op. 31. Es handelt sich dabei um die erste große Orchesterkomposition nach der damals neuen Methode der Komposition mit »zwölf nur aufeinander bezogenen Tönen«, der sogenannten »Zwölftontechnik«.
Am Dirigentenpult bei einer Aufführung der »Drei Schwestern«
Peter Eötvös ist eine der markantesten Persönlichkeiten der zeitgenössischen Musik – von Anbeginn in den Bezirken der Avantgarde heimisch, aber mit einem untrüglichen Gespür für fesselnde Klang-Erzählungen und nachvollziehbare formale Entwicklungen, die auch den Zaungast bei Laune halten: Eötvös hat wie kein anderer zeitgenössischer Komponist bewiesen, daß sich eine wirklich innovative, fantasievoll neue Räume erschließende Musik nicht jenseits der Wahrnehmungsschwelle des großen Publikums ereignen muß. Spätestens mit der Uraufführung seiner Tschechow-Oper »Drei Schwestern« (Lyon, 1998) wußte die Welt, daß dieser Mann auch über eine »Theaterpranke« verfügte: Er konnte eine Bühnenerzählung von völlig neuer formaler Gestaltung sp...
NEOS-MUSIC
Ein Parforceritt auf der Gitarre
Zunächst denkt man: Aha, die Künstlerin, die hier „Neue Gitarrenmusik“ vorstellt, hat einige Musikerkollegen ins Studio des SWR gebeten, Bläser, ein Akkordeon vermeint man zu hören, Schlagwerk und in der folgenden Nummer doch auch Streichinstrumente. Aber weit gefehlt: Klara Tomljanovič hat nur ihre Gi...
Pierre Boulez
Pierre Boulez hat einen vergleichsweise schmalen Katalog von Werken hinterlassen, von denen einige jedoch tatsächlich Musikgeschichte geschrieben haben.
Als Einführung in die Klangwelt der Avantgarde nach 1945 mit ihren strengen Reglements, die sämtliche Parameter der Musik akribisch organisierten, taugt nach wie vor das Kammermusik-Werk »Le marteau sans maitre«, halb avantgardistischer Liederzyklus, halb absstrakte Klangskulptur, das der Komponist selbst mehrmals aufgenommen hat. Die letzte dieser Einspielungen mit dem Ensemble InterContemporain ist mit den beiden viel später entstandenen Werken »Dériv...
Revoluzzer und Bewahrer
Pierre Boulez war eine Galionsfigur der Avantgarde. Stilistische Grenzen hat er weder als Komponist noch als Dirigent je akzeptiert.
Sein kompositorisches Schaffen ist überschaubar, seine Wirkungsmacht kaum zu überschätzen: Pierre Boulez ist eine der einflussreichsten Musikerpersönlichkeiten unserer Zeit, Galionsfigur der Avantgarde, gesuchter Dirigent, Revoluzzer und Bewahrer in einem.
Sein Spruch, man möge doch die Opernhäuser in die Luft sprengen, wird - aus dem Zusammenhang gerissen - bis heute zitiert und gegen seine eigenen Aktivitäten in ebendiesen Opernhäusern, voran dem Festspielhaus von Bayreuth, ins Treffen geführt.
In Wahrheit ist Pierre Boulez so einfach nicht zu fassen. Auch als schöpferische Potenz nicht, denn er hat Musik komponiert,...