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Barock in Österreich

Im Schatten der Musikgeschichte


Auf den Spuren von Heinrich I. F. Biber und Georg Muffat —
— von der „Bauernkirchfahrt“ bis zum katholischen Mysterium;
mit Musikern wie Nikolaus Harnoncourt und Eduard Melkus.

Harnoncourts Pilgerfahrt

In den Fünfzigerjahren des XX. Jahrhunderts ist Nikolaus Harnoncourt als Schatzgräber ins böhmische Kremser gepilgert, um dort in der Bibliothek unter den widrigsten Umständen des realen Sozialismus nach alten Musikbeständen zu suchen. Es wurde einer der fruchtbarsten Ausflüge der jüngeren Musik- oder besser: Interpretationsgeschichte.
Unter den Partituren, die Harnoncourt damals fand, befanden sich Werke wie die heute berühmte und von allen Originalinstrumenten-Ensembles gern gespielte Battaglia von → Heinrich Ignaz Franz Biber sowie manch geistliches Werk des nachmaligen Salzburger Hofkapellmeisters.

Ein halbes Jahrhundert später hat Harnoncourt einige der damals wieder gefundenen Werke Bibers, gekoppelt mit Concerti aus der Feder Georg Muffats, die ebenfalls für Salzburg geschrieben wurden, im Rahme der „styriarte“ in Stainz noch einmal ins Programm genommen: Man hörte Musik des ausgehenden 17. Jahrhunderts, voller Vorahnungen späterer Klangabenteuer von Bach bis Mozart, in dessen „Requiem“ sich manche Passage findet, die in Bibers f-Moll-Totenmesse ihr Urbild findet!

Hochblüte

Wenn es eine musikalische Ära gibt, in der Nikolaus Harnoncourt und sein Concentus die unangefochtenen Autoritäten waren, dann ist es wohl diese Hochblüte des österreichischen Barock. Das Publikum des Ensembles konnte live genießen, was den Nachgeborenen in Aufnahmen wohl unverlierbar zum Studium der heimischen Musikgeschichte bleibt: fein geschliffene Darstellungen der oft betörend schönen, immer originellen Klangmixturen, die Muffat und Biber ihrem kleinen, aber vielseitigen Instrumentarium abgetrotzt haben.

Da ist die gewaltige Chaconne in Muffats Concerto Propitia Sydera, Musik von staunenerregender Vielgestaltigkeit und großem koloristischem Reichtum. Bibers „Dreikönigs-Motette“, in denen sich die Solosopranstimmen mit den kühl-sinnlichen Linien von konzertierenden Flöten und Oboen mischen, während die profunden Bass-Stimmen dunkel-leuchtend mit den tiefen Registern des Concentus konkurrieren müssen.

Vergleichbar aufregende Instrumentationsfinessen finden sich in der Musikgeschichte wohl wirklich erst bei Mozart wieder. Harnoncourt sorgt auch bei Bibers großem „Requiem“ für Dramatik und Expressivität in jeder kleinsten Phrase. Dergleichen machte diesem Originalklangpionier zu Lebzeiten keiner nach. Höchste Lebendigkeit, intensiver, unmittelbar verständlicher Ausdruck prägen diese Wiedergaben.

H. I. F. Biber

Zu den Aufnahmeklassikern zählen die 1965 im Wiener Palais Schönburg entstandenen Einspielungen von Biber-Sonaten und und -Ouvertüren, mit denen Nikolaus Harnoncourt die von ihm aufgefundene Musik einer breiteren Öffentlichkeit bekannt machte. Auf dieser Pionierarbeit konnten spätere Interpreten aufbauen. Mittlerweile dürfte geklärt sein, daß die gewaltige Missa salisburgensis, die lange anderen Autoren zugeschrieben wurde, auch von Biber stammt. Von diesem vielstimmigenmusikalischen Kathedralbau liegen etliche Einspielungen vor, imposant jene unter Ton Koopmans Leitung (1999).

Am populärsten wurden Bibers programmatische Sonaten, in denen die barocke Lust an der pittoresken klanglichen Schilderung von ereignisreichen Geschichten und Erzählungen fröhlich Urständ feiert: die Pauernkirchfahrt etwa oder das effektvolle Schlachtengemälde Battaglia.
Unter den vielen Produktionen dieser Musiknehmen jene unter Nikolaus Harnoncourts Leitung nach wie vor einen Spitzenrang ein.

Mysterien des Rosenkranzes

Die feinsinnigsten von Bibers Werken sind freilich die Mysteriensonaten über den Rosenkranz, die mittlerweile zum Fixbestand der vor-bachischen Violinliteratur zählen; auch hier darf der Hörer in heimatlichen Gefilden bleiben:

Die Aufnahme durch Eduard Melkus aus den Sechzigerjahren ist wahrscheinlich nach wie vor die farbenprächtigste, im sprichwörtlichen Sinne „barocke“ Darstellung dieser Musik und beschwört von der Askese bis zur überbordenden Sinnenlust alle Aspekte dieser klingenden katholischen Mysterien.  (DG)

Jordi Savall präsentierte bei den Salzburger Festspielen die prächtige Missa Salisburgenis“, aber auch eine kaum bekannte Biber-Messe, die in einem Archiv in Brüssel aufgefunden wurde. (aliavox)

Bibers Requiem in f-Moll unter Paul McCreeshs Leitung  (DG)

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Claudio Monteverdis zweite repräsentative Oper, deren Partitur (die Singstimmen und eine Baßstimmen, alles übrige muß ergänzt werden) sich in Wien erhalten hat. Die Wiener Version zeigt die Spuren des praktischen Gebrauchs, unterscheidet sich in Szeneneinteilung und einer folge von drei Akten von den erhaltenen Libretto-Drucken, die...

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