Es war Arnold Schönberg, der den französischen Impressionisten in Wien zuerst bekannt gemacht hat
APERÇU
Im Ravel-Jahr mangelt es weltweit nicht an Aufführungen von Werken, die dieser Komponist jenseits des „Bolero“ sozusagen „auch noch“ komponiert hat. Ein Blick zurück in die Annalen lehrt, seine Musik galt zu Lebzeiten durchaus als experimentell. Und es war der Allvater der Wiener Moderne, Arnold Schönberg, der sich für Aufführungen Ravelscher Werke hierzulande stark gemacht hat. Die ersten Stücke Ravels, die man in Wien kennenlernen konnte, waren Klavierwerke, eingebettet in vielfältige Programmfolgen. Es waren die Aufführungen im Rahmen des legendären „Vereins für musikalische Privataufführungen“, die konsequent auch größer besetzte Kompositionen des Franzosen vorstellten – nicht nur, aber auch in Konfrontation mit Novitäten aus der Feder Schönbergs und seiner Meisterschüler Berg und Webern.
Warner würdigt den deutschen Geiger zum Sechziger mit einer – etwas eigenwillig kompilierten – Auswahl von Sonaten- und Konzertaufnahmen.
Warum man den Titel »Die Liebe zu den drei Orangen« für diese Edition gewählt hat, bleibt rätselhaft. Mit Sergej Prokofieffs Oper haben die Aufnahmen des bedeutenden Geigers aus Duisburg nichts zu tun – wenn auch Prokofieffs Musik in seiner Karriere eine nicht unbedeutende Rolle gespielt hat.
Tatsächlich sind hier exzellente Wiedergabe von Werken Bachs, Mozarts, Beethovens, Paganinis, Prokofieffs und einiger anderer versammelt, die den Rang des Interpreten Zimmermann bestens dokumentieren: Der 1965 geborene Geiger gehört zu einer wirklich schmalen Elite von echten Weltklasse-Interpreten in unseren Tage...
1908 - 1969
Mehr als 500 Mal hat Kurt Boehme den Ochs auf Lerchenau in Richard Strauss' Rosenkavalier gesungen. Die Aufnahme unter Karl Böhms Leitung hält seine minutiöse Rollengestaltung für die Nachwelt fest. Ein Baß von solcher stimmlicher Raffinesse, der über die subtilsten Ausdrucksnuancen gebot, war rar - und wie geschaffen für die vielfach differenzierten Interpretations-Angaben, mit den Strauss seine Partitur gespickt hat. Nie war Boehme auf der Bühne ein polternder, ein »typischer« Baß. Bei Mozart, Weber, Wagner schuf er fein schattierte Charakterportraits. Neben dem Ochs, der tatsächlich seine Leib- und Magenpaertie war, beherrschte er noch 110 anderen Gesangspartien, darunter zahllose kleinere, deren Rangfolge vom Lord bis zum Kammerdiener, vom Priester bis zum Teufel reichte.
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Juliane Banse über ihre Opernleidenschaft, Babypausen, geschützte Werkstätten und eine Haydn-Premiere unter Nikolaus Harnoncourt.
»Meist gibt es bei der Arbeit an solchen Produktionen irgendwo einen Wermutstropfen. Diesmal nicht« Juliane Banse gerät ins Schwärmen, wenn sie über die Probenarbeit an Haydns Orlando Paladino berichtet. Die Premiere von Keith Warners Inszenierung findet am Samstag im Theater an der Wien statt. Nikolaus Harnoncourt dirigiert, »seine Energie ist ungebrochenq, sagt Juliane Banse, »er tigert sich in gewohnter Manier rein. Und die Inszenierung ist richtig gut, genau richtig für so eine Oper, mit ein bisschen Augenzwinkern, nicht eins zu eins barock, heutig und trotzdem nicht gegen das Stück.«
Der nächste Wiener Neujahrsdirigent präsentiert sich in einem Abonnementkonzert der Philharmoniker im Musikverein mit einem anderen – nämlich mit Richard Strauss.
Was von Yannick Nézet-Séguin zu halten sei, fragen einander Wiener Musikfreunde seit dem 1. Jänner, als bekannt wurde, daß der Kanadier das Neujahrskonzert 2026 leiten würde. Wer ist das?, heißt es des öfteren fragend. Dabei hat der Chefdirigent der New Yorker Metropolitan Opera schon einige Repertoireaufführungen an der Staatsoper dirigiert und das Wiener Orchester also auch in seinem »Hauptberuf« bereits kennengelernt.
Wie er sich mit der Wiener Klangkultur tut, erfährt man an diesem Wochenende, wenn Nézet ein Philharmonisches dirigiert. Immerhin steht da Beethoven auf dem Programm – das Dritte Klavierkonzert mit Yefim Bronfman – aber auch ein Strauss, wenn auch der Münchner Richard mit seinem ausladenden Tongemälde »Ein Heldenleben«.
Ö1 überträgt, wie gewohnt, live am Sonntag um 11 Uhr. Und Neugierige können sich über Strauss-Tondichtung vorab natürlich in der SINKOTHEK informieren – oder eine Referenzaufnahme zur Einstimmung »vorhören«:
Als Ideal betrachte ich ein solches Verhältnis zur Tradition und zu neuen Kompositionsmitteln, bei dem der Künstler alle Mittel – sowohl neue als auch traditionelle – beherrscht, aber so, als schenke er weder den einen noch den anderen Beachtung.
Zwischen allen Stühlen, über alle Mittel gebietend, aber nur ihrer eigenen inneren, formenden Stimme folgend, komponierte Sofia Gubaidulina. Sie gehörte keiner Richtung, keinem Clan, keinem »Ismus«. Sie war Sofia Gubaidulina. Und da ihre Musik prominente Fürsprecher gefunden hatte, konnte sich die Welt davon überzeugen, daß diese Komponisten etwas zu sagen hatte. Sie stammte aus Tatarstan, war die Enkelin eines islamischen Imams und studierte in Kasan, dann in Moskau Klavier, bald auch Komposition. Es gelang ihr, allen Anfeindungen zum Trotz - sie hatte sich dem staatlich verordneten Atheismus zum Trotz unter dem Einfluß der Pianistin Maria Yudina zur Orthodoxie bekannt - ab 1963 ausschließlich ihrer schöpferischen Arbeit zu leben.
Zu ihren Inspirationsquellen gehören nicht nur die großen Werke der Vergangenheit, sondern auch die Klangmöglichkeiten, die sich ihr beim Improvisieren auf Instrumenten der Volksmusik unterschiedlicher Regionen der ehemaligen Sowjetunion erschlossen. Obwohl sich von Anfang an viele Musiker fanden, die Gubaidulinas Musik in ihrer Originalität schätzten, wurde sie von den strengen Kunstrichtern des kommunistischen Systems des öfteren mit Aufführungsverboten belegt. Der Weg, den die junge Komponisten eingeschlagen hatte, war in den Augen der sowjetischen Zensur schlicht und einfach »falsch«.
Niemand Geringerer als Dmitri Schostakowitsch ermunterte die offenkundig talentierte junge Kollegin, in ihrem – für das offizielle Kulturbeobachtertum höchst irritierenden, subjektiven – Stil weiterzukomponieren, obwohl die kommunistischen Behörden sie sogleich maßregelten, als klar wurde: Diese Frau schrieb Musik, die weit vom »volksverbundenen« sozialistischen Realismus abwich.
Seien Sie Sie selbst. Haben Sie keine Angst, Sie selbst zu sein. Ich wünsche Ihnen, daß Sie auf ihrem eigenen »falschen Weg« weitergehen mögen.
JENSEITS DES »SOZIALISTISCHEN REALISMUS«
1931-2025
Gubaidulina pflegte ihren ganz persönlichen Kontakt zu den Wurzeln der vielfältigen Volksmusik der Menschen, die im sowjetischen System unter ein einheitliches Joch gezwungen wurden, improvisierte mit Gleichgesinnten auf Volksinstrumenten und erkundete die freie, weite, unendlich reiche Welt der Klänge. Sie beflügelten ihre Fantasie ebenso wie die spirituellen Erfahrungen, die sie als sensible Grenzgängerin zwischen den Religionen machen konnte: Eines Tages ließ sich die Enkelin eines islamischen Gelehrten taufen – die große Pianistin Maria Judina war ihre Patin, eine starke Frau auch sie, die Stalin zu trotzen wagte, ohne daß der Diktator aufhörte, sie als Künstlerin zu verehren…
Es sieht hie und da aus, als liefe in der Musikstadt alles nach Plan. Ein Blick auf die Spielpläne der drei Opernhäuser suggeriert, Wien sei nach wie vor ein Musiktheater-Mekka mit breit gestreutem Repertoire. Einheimischen drängen sich aber ein paar Fragen auf.
März 2025
Raritäten an der Wien, Operette in der Volksoper, große Oper an der...
Vielversprechend Anno 1901: »Le maschere« von Pietro Mascagni
Sechs italienische Opernhäuser haben Pietro Mascagnis 1899 komponierte Karnevals-Oper »Le maschere« am gleichen Abend simultan zur Uraufführung gebracht. So populär war der Schöpfer der blutrünstigen »Cavalleria rusticana« zur Jahrhundertwende!
UNGEPLANTE WIEDERAUFNAHME EINER MEISTERLICHEN INSZENIERUNG – DERGLEICHEN FUNKTIONIERT ÜBER NACHT!
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Wegen interner Probleme mußte die Wiener Staatsoper am Dienstag kurzerhand Günther Rennerts klassische Inszenierung von Rossinis »Barbier von Sevilla« wieder aufnehmen. Gottlob lagen die Kulissen und Kostüme noch im Depot! Sonst wäre an diesem Abend vermutlich »geschlossen« auf dem Programm gestanden. Was auch immer die wahren Gründe für diesen »Unfall« gewesen sein mögen: Das Publikum erlebte das Stück, das auf dem Theaterzettel avisiert war – das ist heute längst keine Selbstverständlichkeit mehr.
Als wäre immer alles in Ordnung gewesen im wienerischen Opern-Sevilla: Maria Kataeva (Rosina), Paolo Bordogna (Bartolo), Sebastian Wendelin (Ambrogio) im alten »Barbier«-Set von 1966
Und es weckt Begehrlichkeiten nach der Rückkehr alter, liebgewordener Regie-Arbeiten. Das mußte Bogdan Roščić erfahren, als er vor den Vorhang trat, um die Abänderung mitzuteilen.