Vom Stichwortgeber zum Star
Kommenden Montag singt Jongmin Park erstmals Mozarts Figaro. Ein Gespräch mit dem 31-jährigen Ensemblemitglied aus Korea. Er macht von der Staatsoper aus Weltkarriere.
Er ist einer jener jungen Sänger, die zum illustren Stamm des Wiener Staatsopern-Ensembles gehören und von hier aus große Karriere machen: Der Südkoreaner Jongmin Park ist in den vergangenen vier Spielzeiten zu einem der beliebtesten Mitglieder des Hauses geworden. War er in der Premierenserie von Verdis "Macbeth" noch der Spion, sang er ein knappes Jahr später bereits ehrfurchtgebietend den Banco.
Hellhörige Stammbesucher wurden auf den dunkel leuchtenden Bass schon aufmerksam, als er noch als Stichwortbringer agierte, etwa in "la Traviata", "Faust" oder "Fanciulla del West". Längst ist er ein P...
»Angeblich war er sogar stolz auf meine politische Karriere«
Gottfried von Einems Sohn im Gespräch. Der ehemalige Innen- und Wissenschaftsminister Caspar Einem über Dialoge und Konflikte mit seinem Vater, über dessen Haltung in der Waldheim-Affäre, über das (fehlende) "von" im Namen - und über die blauen Haare seiner Großmutter.
Wilhelm Sinkovicz: Was hat für Sie Ihren Vater charakterlich am meisten ausgezeichnet?
Caspar Einem: Dass er so unbeirrt seinen Überzeugungen gefolgt ist. Er hatte da nie Angst. Gelegentlich hat er aufs falsche Pferd gesetzt, würde ich sagen. So hat er beim ORF immer für den Generalintendanten geworben, der gerade gegangen war . . .
Hat er sich da zuweilen auch geschadet?
Ja. Wenn er sich etwa in Salzburg für Brecht starkgemacht hat aus Gründen der Qualität, ohne ...
Feuer, Singfreude und Sentiment
Im Gespräch. Die junge französische Koloratursopranistin Sabine Devieilhe feiert als Regimentstochter ihr Staatsopern-Debüt und erzählt von vokalen Eroberungs-Strategien.
Am Anfang war das Cello. Nicht die Singstimme. »O ja«, sagt Sabine Devieilhe, »ich habe auch immer gesungen. Schon im Kinderchor und da hat man mir auch immer wieder Soli anvertraut, was mich bald dazu gebracht hat, doch auch die Stimme ausbilden zu lassen.« Perfektionistin ist sie in allen musikalischen Bereichen, aber zuerst war da doch ganz klar die Faszination, die vom Cellospielen ausging.
Das Instrument hat Devieilhe so gründlich studiert, dass sie eine Zeitlang sogar unterrichten konnte. Das war parallel zu ihrem Studium der Musikwissenschaften, das sie - apropos Perfektion - in Ren...
»Ich spüre die Spannungen in den musikalischen Intervallen«
In der Wiener Staatsoperntradition wird Franz Grundheber vom Doktor Schön zum Schigolch und erzählt im >Presse<-Gespräch von seiner Eroberung der musikalischen Moderne und mythologischer Opernfiguren.
Alban Bergs Lulu in der Inszenierung von Willy Decker erlebte ihre Wiener Premiere in der zweiaktigen Version. Nun studiert Decker die von Friedrich Cerha vervollständigte dreiaktige Version ein.
Herr Grundheber, Sie waren damals Doktor Schön und sind nun der Schigolch; eine geradezu mythologische Figur.
Franz Grundheber: Genau deshalb hab' ich ihn singen wollen. Schon damals dachte ich: Was für eine Partie! Seither war ich Schigolch in Barcelona, in Madrid, in New York und in Paris - dort sogar in dieser Decker-Inszenierung!
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Dostojewskis singendes Ebenbild
Im Gespräch. Misha Didyk, der ukrainische Tenor, galt nach belcantesken Anfängen bald als idealer Held fürs schwere slawische Fach. An der Staatsoper singt er Prokofieffs "Spieler".
Zufälle - ein Prüfungsabend am Konservatorium von Kiew: Eine Professorin hört den jungen Tenor und holt ihn vom Fleck weg in ihre Gesangsklasse: "Das war Jewhenija Miroschnytschenko", erinnert sich Misha Didyk, "ich durfte dann in einem Benefizkonzert an ihrer Seite den Alfredo in Verdis ,Traviata' singen." Daraufhin bat das Opernhaus von Kiew zum Vorsingen. Inzwischen arbeitete Didyk mit der Leiterin der Liedklasse am Konservatorium an einer Szene aus "Pique Dame".
Diese sang Didyk in einem TV-Konzert vor 400 Zuhörern. Das genügte dem Regisseur, der die Tschaikowsky-Oper gerade ...
Warum Doppelagentinnen Lust auf Rossini haben
Im Gespräch. Staatsopern-Mitglied Elena Maximova vor russischen und belcantesken Aufgaben im Haus am Ring.
Die Met hat sie gerufen, die Opera de Paris, die Bayerische Staatsoper - in Wien gehört die junge Russin zum Ensemble, seit sie 2012 als Carmen debütierte. "Ich möchte, dass das noch lange so bleibt", sagt Elena Maximova im Gespräch mit der "Presse", "man fühlt sich so wohl hier. Ich war zuletzt in Australien, in Amsterdam und bei den Proms in London - jetzt habe ich mich schon wieder total auf Wien gefreut." Die Stadt sei wunderbar, schwärmt sie, "und die Staatsoper ist ein idealer Ort zum Arbeiten".
Derzeit geht es gerade um die Marfa in Mussorgskys "Chowanschtschina" und die Blanche in Prokofieffs "Der Spieler", der am 4. Oktober seine...
Frauenpower im Ländler-Rhythmus
Festival Traisental. Komponistin Johanna Doderer im Gespräch über aparte Programmideen bei einem niederösterreichischen Festival, die Bedeutung kleiner Formen für die Oper und das Kraftpotenzial der Volksmusik.
Bücher von Peter Turrini habe ich bereits in jungen Jahren gelesen", sagt Komponistin Johanna Doderer und freut sich auf ein gemeinsames Projekt mit dem Schriftsteller: "Als vor einem Jahr der Intendant des Münchner Gärtnerplatztheaters, Josef Ernst Köpplinger, mich fragte, ob ich mir eine Oper mit einem Text von Peter Turrini vorstellen könnte, war ich mehr als begeistert. Inzwischen verbindet mich mit Peter Turrini ein wunderbarer Dialog."
Libretto und Partitur sind im Entstehen. Einen Uraufführungstermin im Staatstheater am Gärtnerplatz München gi...
Neue Oper: Judas und die Frau des Pilatus
»Ich schreibe aus der Sehnsucht, innere Welten zu teilen«, sagt Christoph Ehrenfellner, dessen neue Kirchenoper Judas heute am Festival Retz uraufgeführt wird. Ein Gespräch über musikalisches Erwachen und pikante Töne.
Wilhelm Sinkovicz: Herr Ehrenfellner, Sie zählen derzeit zu den meistbeschäftigten Komponisten Österreichs, kürzlich gab es Uraufführungen, unter anderem beim Festival "Loisarte", am 6. Juli hat Ihre Kirchenoper "Judas" beim Festival in Retz Weltpremiere. Wo würden Sie sich als Komponist im Dickicht der heutigen stilistischen Möglichkeiten einordnen?
Christoph Ehrenfellner: Ich würde mich - Bescheidenheit ist nicht meine Zier - als "Klassiker in der Moderne" einordnen. Der Rahmen ist nun mal gebrochen, das ist Segen und Fluch: Jeder...
Tänzer müssen lauschen, Musiker zuschauen
Im Gespräch. Michael Boder, Dirigent der Staatsopern-Premiere von John Neumeiers Balletten "Pavillon d'Armide" und "Le Sacre" über die Arbeit an Klassikern und Novitäten sowie die Flexibilität von Komponisten und Choreografen.
Bei der kommenden Ballett-Premiere an der Wiener Staatsoper herrschen ein wenig andere Gesetze als beim Tanz gewohnt. Wie schon vor zwei Jahren anlässlich der Neueinstudierung von John Neumeiers Richard-Strauss-Arbeit "Josephslegende" steht auch diesmal ein Dirigent am Pult, den das Publikum bisher nur als Opern-Maestro kennengelernt hat.
Nach Mikko Franck, der "Josephslegende" dirigiert hat, hat nun - wiederum für John Neumeier - Michael Boder den für Wien neuen "Pavillon d'Armide" (Musik von Nikolai Tscherepnin) und Straw...
Das musikalische Ventil der Moderne und eine Liebesgeschichte
Im Gespräch. Der Dirigent Jac van Steen über das Wagnis, ein Werk von immensen Ansprüchen wie Erich Wolfgang Korngolds "Wunder der Heliane" an der Volksoper einzustudieren. Seit der Wiener Erstaufführung, 1927, hat sich kaum wieder ein Opernhaus an diese Riesenpartitur gewagt.
Jac van Steen studiert an der Wiener Volksoper Erich Wolfgang Korngolds "Wunder der Heliane" ein, eines der ehrgeizigsten Musiktheaterprojekte der Zwischenkriegszeit. In Wien galt die "Heliane" als "ernste" Antwort auf den Sensationserfolg der "Jazzoper" von Ernst Krenek, "Jonny spielt auf". Doch selbst mit Solisten vom Format Lotte Lehmanns und Jan Kiepuras schaffte man es nach der Wiener Erstaufführung im Oktober 1927 auf nicht mehr als 27 Vorstellungen...