UNGEPLANTE WIEDERAUFNAHME EINER MEISTERLICHEN INSZENIERUNG – DERGLEICHEN FUNKTIONIERT ÜBER NACHT!
APERÇU
Wegen interner Probleme mußte die Wiener Staatsoper am Dienstag kurzerhand Günther Rennerts klassische Inszenierung von Rossinis »Barbier von Sevilla« wieder aufnehmen. Gottlob lagen die Kulissen und Kostüme noch im Depot! Sonst wäre an diesem Abend vermutlich »geschlossen« auf dem Programm gestanden. Was auch immer die wahren Gründe für diesen »Unfall« gewesen sein mögen: Das Publikum erlebte das Stück, das auf dem Theaterzettel avisiert war – das ist heute längst keine Selbstverständlichkeit mehr.
Als wäre immer alles in Ordnung gewesen im wienerischen Opern-Sevilla: Maria Kataeva (Rosina), Paolo Bordogna (Bartolo), Sebastian Wendelin (Ambrogio) im alten »Barbier«-Set von 1966
Und es weckt Begehrlichkeiten nach der Rückkehr alter, liebgewordener Regie-Arbeiten. Das mußte Bogdan Roščić erfahren, als er vor den Vorhang trat, um die Abänderung mitzuteilen.
Das Debüt eines der derzeit gesuchtesten Tenöre an der Wiener Staatsoper mußte wegen einer akuten Erkrankung des Künstlers erneut verschoben werden: Jonathan Tetelman soll nun am Mittwch dieser Woche erstmals in Mascagnis »Cavalleria rusticana« auf der Bühne erscheinen. Die erste Vorstellung der Serie mußte er absagen. Damit wurde sein lang erwartetes Debüt im Haus am Ring erneut verschoben.
... neben Garanca und Kaufmann
Dabei wäre der Doppelabend mit Leoncavallos »Bajazzo« so etwas wie ein Gipfeltreffen geworden: Die Bühnenpartnerin Tetelmans in »Cavalleria rusticana« wäre nämlich Elina Garanca. Und die Titelrolle im zweiten Werk singt Jonas Kaufmann. Und nicht nur das: Kaufmann überraschte seine Fans damit, daß er nicht nur den Canio sang, sondern den – eigentlich dem Bariton zugedachten – Prolog vor dem Vorhang.
WELCHER TENOR SANG AUCH DEN »BAJAZZO«-PROLOG?
Da kamen bei den Wiener Stammbesuchern Erinnerungen hoch. Heftig wurde nach der Aufführung debattiert, wer denn dieses Kunststück an der Staatsoper schon ausprobiert hätte. Der Name Placido Domingos wurde genannt – aber das entpuppt sich beim Studium der Annalen als Irrtum. Der vom Bariton zum Tenor und dann wieder zurück verwandelte Tausendsassa hätte das natürlich können; aber er hat es – in Wien zumindest – nie getan.
DOPPELSPIEL AN EINEM ABEND: EIN TENOR, ZWEI OPERN
Es war ein anderer Tenor, der im Haus am Ring den Bajazzo und den Prolog des Tonio gesungen hat, einer der auch das gar nicht so häufige Kunststück wagte, die Tenorpartien in beiden Werken am selben Abend zu singen.
LISE DAVIDSEN STATT NETREBKO – ERSATZTERMIN WIRD GESUCHT
Die Diva hat ihr für 21. Jänner geplantes Debüt als Richard Strauss‘ Ariadne auf Naxos abgesagt. Sie sei im Dezember krank gewesen und habe daher zu wenig Vorbereitungszeit für die Einstudierung ihrer neuen Partie gehabt. Sie sei „sehr traurig“ darüber, teilte Netrebko mit, arbeite mit der Wiener Direktion jedoch daran, einen neuen Termin zu finden.
LISE DAVIDSEN SPRINGT EIN
Die Vorstellungsserie unter Cornelius Meisters Leitung mit Michael Spyres als Bacchus wird Lise Davidsen singen. Sie hat ihr Debüt als Ariadne in der Wiener Produktion bereits 2017 in der Ära Dominique Meyers absolviert.
Erstmals erschien eine Lebensbeschreibung des unangepassten Tenors Franco Bonisolli, der einst einem Karajan den Degen vor die Füße warf.
Franco Bonisoilli? Da regierte zuallererst einmal natürlich der blanke Neid! Der Neid der Kollegen auf der einen Seite, die Begeisterungsfähigkeit eines O...
Eine Sängerin, die als Ensemblemitglied der Volksoper wienerische Aufführungsgeschichte mitgeschrieben hat.
»Vor einer Rosalinde fürchtet sich jede Sopranistin«, meinte Kapellmeister-Urgestein Franz Bauer-Theußl einst. Er formulierte es etwas weniger druckreif, fügte aber anerkennend hinzu: »Nur die nicht«. »Die«, das war Mirjana Irosch, die gerade die »Fledermaus«-Premiere auf der Mörbischer Seebühne absolviert hatte und, wie gewohnt, darf man bei ihr schreiben, das hohe D am Ende des zentralen Csárdás bravourös gesungen, nein, nennen wir‘s ruhig richtig: herausgepfeffert hatte.
Effektvolle Gesten waren ihre Sache, szenisch wie vokal und, ...
Randale bei Opernpremiere! Ist das Publikum schuldig?
Nach den Unruhen während der jüngsten Opernpremiere wurde Kritik am Publikum laut. Nur: Wie sollte es sich wehren?
Gewiß, es ist hart für Sänger, unter heftigem Protest des Publikums singen zu müssen. Auch wenn sich dieser Protest ganz eindeutig nicht gegen die gesanglichen Leistungen,...
Der Schein trügt: Historische Kostüme spielen nur eine Nebenrolle im Grau in Grau eines Labors. (Foto: Staatsoper/Frol Podlesnyi)
Wieder haben wir ein wichtiges Repertoire-Stück verloren
Szenisch unkenntlich gemacht, versank Verdis Schiller-Oper in Mißfallenskundgebungen und teils erschreckendem gesanglichem Mittelmaß.
Dominique Meyer in der italienischen Botschaft in Wien
Mailand in Wien
Dominique Meyer präsentierte seine letzte Scala-Spielzeit
Dominique Meyer hinterläßt, wo immer er eine Position verläßt, positive Bilanzen. Wien 2020 an der Wiener Staatsoper weisen auch die Zahlen vier Jahre später an der Mailänder Scala finanzielle Erfolge aus: „Wir haben mehr als acht Millionen Euro mehr eingenommen als budgetiert“, konnte der passionierte Opernmacher in den Prunkräumen des Palais Metternich, dem Sitz der italienischen Botschaft in Wien, verkünden. Dass die kurz vor der Premiere von Wagners „Rheingold“ publik gewordene Mitteilung Christian Thieiemanns, das gesamte Mailänder „Ring“-Projekt gesundheitsbedingt abzusagen, einen Schatten auf die letzten Monate von Meyers Amtszeit wirft, verschwieg der Sovrintendente des Teatro alla Scala dem illustren Publikum – mit seinem Wiener Vorgänger Ioan Holender als Zaungast – nicht.
Der Dirigent hat der Mailänder Scala wenige Wochen vor der Premiere des »Rheingold« eine Absage erteilt: Er müsse sich eine Operation unterziehen und könne daher den »Vorabend« der Tetralogie nicht einstudieren. Und da es sich bei Wagners Werk um eine vierteilige Gesamt-Architektur handle, müsse er sich aus dem gesamten Projekt zurückziehen.
BEZÜGE ZU DOMINQUE MEYERS ABGANG
Thielemanns Absageschreiben bezieht sich freilich auch auf die Ausbootung des erfolgreichen Scala-Intendanten Dominique Meyer, den der Mailänder Bürgermeister gern in der Stadt gehalten hatte, dessen Vertrag jedoch von der Regierung in Rom nicht verlängert wurde: Meyer mußte durch einen Italiener ersetzt werden, der kommendes Jahr sein Amt antreten wird – also nach der Halbzeit der »Ring«-Produktion durch den Regisseur David McVicar.