Das LaSalle Quartett

Im Herbstkatalog 2013 von Universal fanden sich Umschnitte veritabler Schallplatten-Klassiker, deren einer im Bewußtsein der Sammler stets präsent war: Das LaSalle-Quartett spielt das Gesamtwerk der großen Trias der Wiener Moderne, Schönberg, Berg, Webern.

Diese LP-Kassette galt mit Recht sogleich nach ihrem Erscheinen in den Siebzigerjahren als Ereignis. Nicht nur wegen der analytisch scharf konturierten Aufnahmen dieses zentralen Repertoires der musikalischen Moderne, sondern auch wegen des exzuellente, informativen Begleitbuchs, das der Kasseette beigegeben war, gestaltet von Ursula von Rauchhaupt. Das LaSalle Quartett ließ der Aufnahmeserie in den späten Siebzigern die Erstaufnahme des Zweiten Streichquartetts von Alexander Zemlinsky folgen – eine der folgenreichsten Schallplatten der jüngeren Interpretationsgeschichte.

Die Idee einer Zemlinsky-Renaissance lag damals in der Luft – die leidenschaftliche, hoch expressive Aufnahme des Zweiten Streichquartetts wurde deren Katalysator.

Original-LP-Ausgabe des II. Streichquartetts

Was als Ergänzung zur Bestandsaufnahme der sogenannten »Wiener Schule« gedacht war, entpuppte sich wider Erwarten als dermaßen durchschlagender Erfolg, daß das LaSalle Quartett bald die drei übrigen Quartette aus der Feder des Mannes folgen ließ, bei dem Arnold Schönberg in die Lehre gegangen waren. Auch die Zemlinsky-Quartette Nr. 1, 3 und 4 wurden also aufgenommen (und dzwar bereits in Digital-Technik). Im Rahmen einer unvergeßlichen Konzertserie – auch im Wiener Konzerthaus – wurden die vier Werke dann europaweit auch live präsentiert. Die Zemltinsky-Renaissance hatte begonnen.

Im CD-Zeitalter hat man dann Zemlinsky mit den drei ihm so verwandten Meistern vereint. Die Edition wurde zu einem – exzellent interpretierten – erweiterten Kaleidophon der »Wiener Schule«. Auch ein Werk eines Vertreters der Schülergeneration, Hans Erich Apostel, ist dabei!

Das Beethoven-Abenteuer

Unter Sammlern gilt auch die Aufnahme der späten Beethoven-Streichquartette durch die »LaSalles« als unabdingbar, sie steht ziemlich quer zu den grunsätzlich auf einem Primat des Schönklangs basierenden Beethoven-Aufnahmen der jüngeren Interpretationsgeschichte – repräsentiert etwa durch das Amadeus- oder das Alban Berg Quartett, wobei letzteres Ensemble mit erstaunlichem Erfolg versuchte, die analytisch-kompromißlose Gangart des LaSalle-Quartetts mit der wienerisch-verbindlichen Musiziertradition zu verbinden. Das LaSalle-Quartett hingegen setzt hie und da auf rauhe Töne, immer aus dem struktruellen Denken heraus, nie aus einer aus dem Klangempfinden geborenen Ästhetik.

Die »Große Fuge«

Das stößt den Hörer manchmal vor den Kopf, sorgt aber für einige aufschlußreiche Hör-Erlebnisse, die am ehesten wohl an die Aufnahmen des legendären Kolisch-Quartetts erinnern, das ebenfalls zu den Klassikern aus der Perspektive des Umgangs mit zeitgenössischer Musik gefunden hatte.