22. I. 22

Langer, spannender Abend in Berlin

Via Streamingplattform DIGITAL CONCERT HALL kann man heute ab 19 Uhr einige Stunden in der Berliner Philharmonie verbringen und dabei auch einige Entdeckungen machen. Da ist erst einmal das philharmonische Konzert, das Wiens GMD Philippe Jordan auf Berlin-Gasstspiel dirigiert. Da steht

von Richard Strauss auf dem Programm, die viele Jahre lang ein Schattendasein geführt hat und als überambitionierte Instrumentations-Studie galt. Es war just in der Berliner Philharmonie, daß dieser Bann gebrochen wurde, als Herbert von Karajan das Werk spät, aber doch in sein Repertoire übernahm.

Plötzlich galt die symphonische Bergwanerung als schick. Seither fehlt sie nicht mehr in den internationalen Programmen.

Jordan koppelt das Stück mit einem ebenso gigantisch instrumentierten, aber weitaus kürzeren Lieder-Zyklus: Den Altenberg-Liedern von Alban Berg. Das scheinbare Mißverhältnis zwischen dem großen Orchesterapparat und der aphoristischen Kürze der einzelnen Vertonungen von Ansichtskarten des Wiener Poeten Peter Altenberg sorgte anläßlich der Uraufführung zweier dieser Lieder in Wien Anno 1913 für einen Skandal. Heute zählen die Altenberg-Lieder zu den großen, subtilen Klangstudien, mit denen Anfang des XX. Jahrhunderts die Brücke vom Impressionismus zur Avantgarde geschlagen wurde.

Material für die Sopranistin Anja Kampe und die Berliner Philharmoniker unter Jordan, jedenfalls, die vorab noch – apropos Instrumentationsstudie – einige symphonische Auszüge aus Richard Wagners Rheingold musizieren. Minutenlang geht es da zunächst nur um klangliche Nuancen und farbliche Intesitätssteigerung – es strömt ein unveränderte Es-Dur-Klang, ehe die »Musik« im klassischen Verständnis des Wortes erst so richtig beginnt…

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Im Anschluß an das symphonische Programm gibt es noch eine Late Night Show mit Patricia Kopatschinskaja, bei der die Präsentation der Musik – nebst Eigenkreationen der Geigerin Stücke von György Kurtág, John Cage, Jean Françaix, György Ligeti – dann mit Sicherheit in zumindest »halbszenische« Bereiche übergeführt wird.

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