Alle Beiträge von sinkothekar

12. I. 22

Tschechische Moderne

Ö1 hat am Dienstagabend den Livemitschnitt des Einstandskonzertes des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks im Interimsquartier der Münchner Orchester gesendet. Ende Oktober mußte umgezogen werden. Die Philharmonie am Gasteig wird ja umgebaut. Jakub Hrusa dirigierte, die Geigerin Isabelle Faust musizierte Benjamin Brittens Violinkonzert aus dem Jahr 1939. 

Neben Schostakowitschs Erster Symphonie, der impusliven Einstandsarbeit des 19-Jährigen Kompositionsstudenten dirigiert Hrusa auch das Werk eines tschechischen Komponisten, der nicht erleben durfte, daß das von ihm verhaßte kommunistische Regime in seiner Heimat abdanken mußte: Miloslav Kabelác (1908-1979). Hrusa hat dessen symphonisches Hauptwerk, die etwa halbstündige Passacaglia »Mysterium der Zeit« von 1957 gewählt, ein Werk, das sich in einem gewaltigen Steigerungsbogen entfaltet, dessen suggestiver Wirkung sich der Hörer schwer entziehen kann. Eine akustische Entdeckungsreise.

Zum Ö1-Konzert (19.30 Uhr)

bis 18. Jänner abrufbar

aus dem SINKOTHEK-ARCHIV über Miloslav Kabelac

Hamburg ohne Bilder

Wagner, konzertant
Die Pandemie fordert Tribute. Die Hamburgische Staatsoper kann beispielsweise ihre »Lohengrin«-Produktion wegen des großen szenischen Aufwands nicht zeigen. Die Intendanz hat sich entschlossen, die vier zwischen 16. und 29. Jänner geplanten Aufführungen von Wagners Musikdrama konzertant abzuhalten.
König Heinrich: Christof Fisch...

 

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Maria Ewing

Im Alter von 71 Jahren ist Maria Ewing gestorben. Die Amerikanerin machte Mitte der Siebzigerjahre eine Blitzkarriere und war quasi über Nacht an einigen der bedeutendsten Häusern zu erleben. Ihr Bühnentemperament sicherte ihr in einer Zeit, da Publikum und Regisseure mehr und mehr auch auf die optische Präsenz der Darsteller achteten, sogelich höchste Aufmerksamkeit. Bei Ewing, Tochter einer Holländerin und eines Afro-Amerikaners, war es stets die blutvolle Darstellung der Charaktere, die Zuschauer und Kritiker überzeugte. Daß sie auch mit ebenso charakteristischer Stimme und guter Stimmbeherrschung sang, nahm man befriedigt zur Kenntnis.

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11. I. 22

Lise Davidsens Liederabend

Lise Davidsen, Besitzerin einer der imposantesten Sopranstimmen unserer Tage, gibt heute im Wiener Konzerthaus einen Liederabend, wie man ihn von einer Opern-Diva von Bayreuther Dimensionen erwartet: Auf dem Programm Lieder und Gesänge von Edvard Grieg, Richard Strauss und die Wesendonck-Lieder von Richard Wagner.

Lise Davidsen, die 2015 den Operalia-Wettbewerb gewonnen hat, debütierte zwei Jahre später als Ariadne an der Wiener Staatsoper.

Die Rezension dieser Vorstellung finden Sie hier

Zu ihrem Liederabend im Konzerthaus bringt Lise Davidsen einen prominenten Klavierbegleiter mit, den Pianisten Leif Ove Andsnes. Die beiden Norweger stellen denn auch konsequent das Schaffen ihres Nationalkomponisten Grieg in den Fokus der ersten Programmhälfte. Sie präsentieren einen ganzen Zyklus von Liedern Griegs, die 1888 veröffentlichten Sechs Gesänge op. 48 und Haugtussa »Die Bergfee« op. 67 (komponiert 1895), Griegs einzigen echten Liederzyklus nach Gedichdten des norwegischen Romantikers Arne Garborg.

Mehr zu Edvard Griegs Liederzyklus im SINKOTHEK-ARCHIV

Die Elbphilharmonie feiert Geburtstag

Hamburgs Klassik-Flaggschiff zelebriert heute mit einem Gala-Abend ihren fünfen Geburtstag. Das Konzert wird live gestreamt.

Kammermusik zu entdecken

Einen Livemitschnitt vom Internationalen Brahmsfest 2021 in Mürzzuschlag werden Kenner nicht verpassen wollen. Cellist Alexey Steblev, die Pianisten Sofja Gülbadamova und das New Russian Quarte musizierten am 11. September Werke von Mendelssohn, Alexander von Zemlinsky und Ernst von Dohnányi. Wer nun bemängelt, daß beim Brahmsfest auch Musik von Brahms zu hören sein sollte, wird Ohren machen: Sowohl Zemlinsky als auch Dohnányi waren in ihren Anfängen getreue Brahms-Jünger. Also brahmselt es sowohl, wenn

Alexander Zemlinskys Stücke für Violoncello und Klavier

als auch wenn

Ernst von Dohnányis Klavierquintett c-Moll op. 1

erklingen.

Faszinierend zu hören, wie die jeweils eigene Handschrift sich gegen die offenkundig Hommage an das große Vorbild schon hie und da durchzusetzen beginnt.

zu hören in Ö1 (14.05 Uhr)

Cartagena-Festival

Musik trotz allem

Viele Veranstalter trotzen dem Ansturm der jüngsten Infektions-Welle und lassen singen und spielen. So hat diese Woche das Cartagena-Festival stattgefunden und via Livestream auch Signale in die Welt ausgeschickt. Das originellste davon: Die Aufführung der selten gespielten

Petite Messe solenelle

von Gioacchino Rossini, eines der bemerkenswerten Spätwerke in der seltsamen Besetzung für vier Solisten, Chor, zwei Klavier und Harmonium!

Die Aufzeichnung ist auf youtube weiterhin greifbar und lässt nebst einem vielleicht nicht wirklich erstklassigen Chor (mit Masken!) gute Solisten hören: Sara Bermudez, Ariane Haering und Carlos Betancur.

Ganz abgesehen davon: Rossinis Werk gehört zu den exquisitesten Vertonungen des Mess-Textes in der Musikgeschichte!

10. I. 22

Graz feiert Haydn

Zweiter Teil eines Projekts mit den Pariser Symphonien von Joseph Haydn. Die Sache mußte wegen der Pandemie als Internet-Ereignis beginnen – die ersten der sechs für Frankreich komponierten Werke Haydns wurden ohne Publikum aufgezeichnet und sind im Internet abrufbar.

zu den Videos

Heute und morgen aber kann im Grazer Stefaniensaal musiziert werden. Also erklingen die selten gespielte Symphonie in Es-Dur (bei Hoboken die Nummer 84) und die berühmte g-Moll-Symphonie (85), angeblich das Lieblingswerk von Königin Marie Antoinette und daher im allgemeinen Sprachgebrauch La Reine genannt, live. Zwischendrin ist das späte, brillante Trompetenkonzert Haydns zu hören. Solistin ist Selina Ott. Dirigiert wird nicht, denn Konzertmeisterin Maria Kubizek führt ihr Kammerorchester Recreation – wie’s zu Haydns Zeit der Brauch war – vom ersten Pult aus.

Besucher können das Programmheft vorab hier herunterladen.

Die Aufführungen finden im Einklang mit den Vorsichtsmaßnahmen wegen der Pandemie jeweils zweimal statt: heute (10. Jänner) und morgen um 18 und 20 Uhr.

Für Musikfreunde, die den Aufzeichnungen der ersten Pariser-Symphonien via Streaming folgen, empfhielt sich als begleitende Lektüre ein Blick ins SINKOTHEK-ARCHIV.

»Elektra« im Stream

Die Hamburger Neuinszenierung von Richard Strauss' »Elektra« ist bis 11. März auf der französischen Streaming-Plattform medici.tv (kostenpflichtig) abrufbar. In der von GMD Kent Nagano dirigierten Premiere der Inszenierung von Dmitri Tcherniakov gaben Violeta Urmana die Klytämnestra, Aušriné Stundyté - wie schon bei den Salzburger Festspielen -...

 

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9. I. 22

Beethoven-Akademie

Einen bemerkenswerten Rekonstruktionsversuch starten heute die Wiener Symphoniker im Verein mit der Singakademie unter der Leitung von Andres Orozco-Estrada in der heutigen Konzerthaus-Matinee: Sie präsentieren neben der Siebenten Symphonie Ludwig van Beethovens die Kantate »Der glorreiche Augenblick« und »Wellingtons Sieg«, ein Werk, in dem der Komponist die Niederlage Napoleons mit Kanonendonner und Gewehrfeuer künstlerisch gefeiert hat!

Daß Beethoven solch eine lärmende »Siegessymphonie« komponieren konnte, obwohl er den Konsul Napoleon einst verehrt hatte, gehört zu den Kuriositäten der Geschichte. Schon die Widmung an »Bonaparte« tilgte der Komponist von der Partitur seiner „Eroica“, sobald der sich zum Kaiser gekrönt hatte.

»Wellingtons Sieg« hat im Wien der Kongresszeit Furore gemacht und den Erfolg der Siebenten und Achten Symphonie weit überstrahlt. Viel weniger begeistert waren die Zeitgenossen von der Festkantate »Der glorreiche Augenblick«,die Beethoven für die Kongressfeierlichkeiten beisteuerte. Der »politische Beethoven« notierte schon in der Vorbereitungsarbeiten Texte wie den folgenden:

Ihr weisen Gründer glücklicher Staaten,/Neigt Euer Ohr dem Jubelsang,/Es ist die Nachwelt, die Eure Thaten/Mit Segen preist Aeonen lang.

(Wiederholung, morgen, 11. Jänner, 19.30 Uhr)


12 Cellisten

Sie bildeten und bilden das wohl ungewöhnlichste Kammermusik-Ensemble der Welt: Die zwölf Cellisten der Berliner Philharmoniker. Die Geburtstunde der Gruppe schlug in Österreich. Für eine ORF-Produktion fanden sich die zwölf Musiker 1972 im Aufnahmestudio ein, um den Hymnus op. 57 des Cello-Meisters Julius Klengel einzuspielen. In der Folge konzertierten die Zwölf in aller Welt und eine ganze Reihe von Komponisten schrieb Werke für sie. Einer der ersten war Boris Blacher, dessen Rumba philharmonica im Jubiläumskonzert des Ensembles, das heute live aus der Berliner Philharmonie gestreamt wird, gleich auf das Klengel-Stück folgt, dem natürlich die Ehre des Konzert-Auftakts gebührt. In der Folge ein Querschnitt durch das ungewöhnlich breite Repertoire der Zwölf Cellisten, Filmmusik-Arrangements und der Beatles-Song Yesterday inbegriffen.

Anekdotisch geworden ist die Tatsache, daß Herbert von Karajan, der Langzeit-Chefdirigent der Berliner, keine Chance hatte, sich einmal ans Pult der Zwölf Cellisten zu stellen, die selbstbewußt selbstbestimmt bleiben wollten. Da ersann der Maestro eine List und beauftragte seinen Salzburger Festspielkuratoriums-Kollegen Gerhard Wimberger mit der Komposition eines Werks, das die Zwölfergruppe inmitten eines etwas größeren Ensembles hören läßt. Für dessen Uraufführung war dann ein Dirigent unvermeidlich . . .

Zum Livestream (20 Uhr)

8. I. 22

Verdi, einmal anders

Daniel Barenboim dirigiert heute in der Berliner Philharmonie ein Verdi-Programm der ungewöhnlichsten Art. Verdi im Konzertsaal, das bedeutet in der Regel eine Aufführung des großen Requiems. Vor allem, wenn wie diesmal neben den Philharmonikern auch der Runfunkchor Berlin auf dem Abendzettel steht. Doch diesmal ist alles anders: Auf die zündende Ouvertüre zur »Sizilianischen Vesper« folgt eine Aufführung des einzigen Streichquartett aus der Feder des Opernmeisters (ein Werk aus der Reifezeit Verdis!) in einer Orchesterfassung sowie im zweiten Teil des Programms Quattro pezzi sacri, die »Vier geistlichen Stücke«, in denen der Agnostiker Verdi seinen ganz speziellen Zugang zu den katholischen Gesangstexten vermittelt, von einem in rätselhaften Harmonien schwebenden Ave Maria bis zu einem Te Deum, in dem das »In te, Domine, speravi« ungewohnt skeptisch, fragend im Pianissimo verhallt.

Zum Livestream (19 Uhr)

Das Phänomen Verdi

Es geht wieder los

Die Wiener Staatsoper nimmt morgen, am Dreikönigstag, ihren Spielbetrieb wieder auf. Auf dem Programm steht Puccinis  La Bohème unter der Leitung von Eun Sun Kim, die zuletzt unter anderem an der New Yorker Metropolitan Opera erfolgreich war und mit dieser Vorstellung an der Staatsoper debütiert.

Das zweite Bild in Franco Zeffirellis unvergleichli...

 

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