»Ich bin desavouiert«
im Gespräch. »Meine Kündigung gilt ab sofort.« Der Dirigent erklärt, warum er sein Amt in Dresden vorzeitig niedergelegt hat und nun wieder mehr Zeit für Wien hat.
Was mich am meisten überrascht, dass meine Entscheidung in Dresden angeblich mit Überraschung aufgenommen wurde", sagt Fabio Luisi im Gespräch über das vorzeitige Ende seiner Amtszeit als Generalmusikdirektor und Leiter der Semperoper in Dresden. "Es stimmt nicht, dass das überraschend kam", erläutert er weiter und verweist auf eine kontinuierliche Entwicklung hin, die bereits im Herbst 2009 begann.
"Die Staatskapelle und ich haben noch Ende Oktober ein Konzert anlässlich der Verleihung des Echo-Klassikpreises musiziert, zwei Wochen später hörte ich per Zufall von mehreren Meetings zwischen der designierte...
Die Affäre der Frau Kratochwil
Helmut Baumann erzählt, wie er an der Volksoper Paul Abrahams süffige Revue-Operette »Blume von Hawaii« lebendig werden lässt - mit neuem Text.
Die Volksoper mag ich sehr, ich mag den Stil, ich mag, dass sie sich als populäres Haus versteht, ein Haus, das für die Leute spielt. Das ist keine elitäre Angelegenheit hier. Und es sind tolle Menschen, mit denen man sehr viel anfangen kann." Also schwärmt Helmut Baumann, seines Zeichens langjähriger Direktor des Berliner Theaters des Westens und ein Vollprofi in Sachen musikalisches Unterhaltungstheater. Früher einmal hat er auch in Wien Abstecher ins Sprechtheater gemacht - "mit großer Freude", wie er sagt, aber: "Ich komme halt doch vom Musical."
Nun also Operette an der Volksoper, aber nicht irgendein wienerisc...
ZWISCHENTÖNE
»Der Fall Harnoncourt« und die Wurzeln
Nikolaus Harnoncourt ist eine Ausnahmeerscheinung. Das wissen wir schon lang, aber wie außergewöhnlich dieser Musiker ist, zeigt sich jedesmal, wenn anderswo versucht wird, einen Spezialisten für originale Aufführungspraxis vor ein klassisches – oder besser gesagt wohl: romantisches – großes Symph...
ZWISCHENTÖNE
Wenn das Orchester gerade nicht da ist
Die Wiener Philharmoniker sind unterwegs. In New York präsentieren sie unter Daniel Barenboims Leitung neben Beethovens „Pastorale” unter anderem die beiden wichtigsten Orchesterwerke von Arnold Schönberg. Der Zufall will es, daß das Amerika-Gastspiel heuer fast auf den Tag genau auf den 1...
»Bloody Mary«
Marjana Lipovsek über ihr Wiener Bühnencomeback mit »South Pacific« in der Volksoper.
Wenn die Rolle wirklich Bloody Mary heißt, dann singe ich sie ung'schaut", erinnert sich Marjana Lipovsek, immer noch amüsiert über diese Initialzündung, an ihre Reaktion auf das Angebot der Volksoper, in "South Pacific" aufzutreten - und damit ein Wien-Comeback auf der Opern-, pardon: Musicalbühne zu geben. Mittlerweile ist die Lipovsek bereits verliebt in die ungewohnte Aufgabe, denn das Werk von Rodgers und Hammerstein entpuppt sich als hintergründige Parabel auf das menschliche Leben in Zeiten arger Bedrängnis, greift Themen wie Rassismus und Kriegsgräuel auf.
Seit der Uraufführung, 1949, gilt "South Pacific" als eines der gehaltvollsten Werke des Musicalgenres. Am Broadway lief es fast...
WIENER MUSIKLEBEN
Aufregendes Neuland in Sicht
Fabio Luisi und Carlo Grante heute im Konzerthaus mit Busonis Klavierkonzert.
Eine „neue Ästhetik der Tonkunst” verlangte der deutsch-italienische Komponist und Klaviervirtuose Ferruccio Busoni (1874-1924) in einer Streitschrift Anfang des 20. Jahrhunderts. Der Text, dem Dichter Rainer Maria Rilke gew...
Keiner hat Richard Wagners Chef d'OEuvre, den „Ring des Nibelungen” in der Höhle des Löwen, dem Bayreuther Festspielhaus, rascher bewältigt als er: Otmar Suitners Temporekord auf dem Grünen Hügel ist legendär. Das Dirigieren ohne Umschweife war tatsächlich sein Metier. Als Schüler von Clemens Krauss vertrat der gebürtige Tiroler - er war Sohn eines Österreichers und einer Italienerin - die deutsche Kapellmeistertradition in ihrer reinsten Ausprägung. Und die kennt keine Larmoyanz.
Dafür handwerkliches Geschick und eminente Repertoirekenntnis, namentlich im Werk der Wiener Klassik, bei Wagner, Brahms, Br...
Erinnerungen
In viel zu jungen Jahren hat uns John Dickie verlassen. Es ist nötig, noch einmal ausführlich an ihn zu erinnern, einen Tenor, der wie kaum einer in unseren Tagen einen Ensemblegeist hochzuhalten half, den viele schon für rettungslos verloren halten.
In Wahrheit war John Dickie ein Sänger, der sich für eine Sache engagierte, die kluge Köpfe mittlerweile längst wieder für zukunftsträchtig halten, für eine Chance, einen immer schwerer aufrechtzuerhaltenden Opernbetrieb ins neue Jahrtausend hinüberzuretten.Das lag zum einen daran, daß Dickie ein Traditionsbewahrer war. Sein Lebenslauf legt das nahe, stammte er doch aus musikalisch...
Im jüngsten »Presse«-Musiksalon erzählte der Dirigent und Pianist Daniel Barenboim von den Zusammenhängen zwischen Kunst und Leben, warum es nicht langweilig wird, sich mit Chopin oder Beethoven zu beschäftigen, und wie in seinem West Eastern Divan Orchester junge Juden, Moslems und Christen dem Nahen Osten eine Zukunftsvision bescheren.
Zuhören, was der andere sagt. Diskutieren!
Herbert von Karajan hat einmal in einem besonders emotionalen Moment von Verdis „Otello” ausgerufen: „Ah, das tut gut!” Tut Dirigieren wirklich gut?
Daniel Barenboim: Dirigieren muß gesund sein. Nicht umsonst sind wohl so viele Kollegen so alt geworden, was vielleicht daran liegt, daß es beim Dirigieren zur aktiven Vereinigung der physischen und geistigen Kapazitäten des Menschen kommt. Und daß Musik immer neu is...