Mozarts Vokal-Divertimenti

W. A. Mozart (1783)

Musik zur Unterhaltung waren die »Divertimenti« zur Zeit der Wiener Klassik. Der Name sagt es uns bereits. Mozart hat zu festlichen Anlässen Divertimenti komponiert – und zum Privatvergnügen sogar solche, zu denen gesungen werden konnte. Eine Reihe von sechs solcher Vokal-Divertimenti entstand in Wien (vermutlich) 1783. Die Stücke für drei Sänger und eine apart klingende Instrumental-Besetzung von drei Bassetthörnen, waren wohl für gesellige Abende gedacht, die der Komponist nachweislich mit der Familie des kaiserlichen Hof-Botanikers Nikolaus Joseph von Jacquin verbrachte. Dessen Tochter Franziska und der Sohn Gottfried waren enge Freunde der Mozarts.

Die Tatsache, daß die kunstvollen Stücke für den privaten Gebrauch bestimmt waren, führte dazu, daß sie erst lange nach Mozarts Tod in Druck gingen und erst dann allgemein bekannt wurden. Dennoch stellen die sechs zauberhaften Vokal-Divertimenti einen gewichtigen Beitrag zu Mozarts Werk-Kanon dar – denn die Verbindungen zu den reinen Bläser-Divertimenti, etwa dem Quintett KV 452 oder den etwa zur gleichen Zeit entstandenen Serenaden KV 375 und 388 sind unüberhörbar. Auch daß Mozart sich ein paar Jahre später bei der Komposition seiner Oper »Così fan tutte« seiner Divertimenti erinnerte und die abendliche Serenade der beiden Liebhaber im Garten der Schwestern Fiordiligi und Dorabella deutlich an die Divertimenti KV 437 und 438 anklingen ließ.

Spontane Improvisationen

Constanze Mozart behauptete später, in den meisten dieser Divertimenti (oder Notturni) hätte ihr Mann lediglich die Instrumentalsstimmen komponiert, die Singstimmen hätte Gottfried von Jacquin, Mozarts Freund und Schüler, hinzugesetzt. Zumindest bei vier dieser Stücke gilt das als höchst unwahrscheinlich. Von KV 437 gab es eine eigenhändige Partitur Mozarts, die allerdings mittlerweile verloren ist. Zu zweien der Stücke, KV 436 und 438 sind aber sogar Skizzen vin der Hand Mozarts überliefert, ein ungewöhnliches Faktum, das vielleicht sogar darauf schließen läßt, daß die Gesangs-Divertimenti sogar spontan bei einem familiären Beisammensein entworfen und realisiert worden sein könnten. Vielleicht hat Gottfried von Jacquin ja tatsächlich bei der Notation der endgültigen Versionen der Stücke mitgeholfen, die allesamt nach theatralischen Liebesgeständnissen aus der Feder des kaiserlichen Hofpoeten und Meister-Librettisten Metastasio entstanden.

Daß Mozart dazu Skizzen anfertigte, zeigt, wie wichtig ihm eine kunstvolle Ausfertigung solcher Stücke auch im privaten Kreis gewesen ist. Für ihn stellten solche Improvisationen immer auch klangliche Experimente und satztechnische Aufgabenstellungen dar, die unmittelbar auf die umgebenden »Hauptwerke« einwirken konnten.

KV 436

Ecco quel fiero istante:
Nice, mia Nice, addio!
Come vivrò, ben mio,
Così lontan da te?

Io vivrò sempre in pene,
Io non avrò più bene;
E tu, chi sa se mai
Ti sovverrai di me!

Der eitle Augenblick ist gekommen/Mein Lieb‘, Adieu!/Wie soll ich leben, mein Lieb’/Fern von dir?

Schmerzen werden mich begleiten/und nimmer werd‘ ich gesunden/ Und du, wer weiß, /ob Du ja meiner gedenkst?

KV 437

Mi lagnerò tacendo
Della mia sorte avara
Ma ch’io non t’ami,
O cara, non lo sperar da me.

Crudel, in che t’offendo
Se resta a questo petto
Il misero diletto
Di sospirar per te?

Mein Leiden trag‘ ich still
Es ist von Gott gesandt,
Doch dich nicht zu lieben
Erwarte nicht von mir!

Hoffärtige, wie kann´s dich kränken,
Wenn tief in meiner Brust
Beklagenswerte Sehnsucht
Sich nach dir verzehrt?

KV 438

Se lontan, ben mio, tu sei
Son eterni i dì per me.
Son momenti i giorni miei,
Idol mio, vicino a te.

Bist du fern von mir,/Fühl‘ ich göttliche Ewigkeit/Meine Tage sind Augenblicke,/ Mein Lieb, in deiner Nähe.

KV 439

Due pupille amabili m’han piegato il core
E se pietà non chiedo a quelle luci belle
Per quelle, si per quelle io morirò d’amore.

Zwei allerliebste Äugelein mir das Herz bezwangen,
doch wenn die beiden Sterne mir grausam bleiben ferne
dann sterb ich, ja, dann sterb ich vor Verlangen.

KV 346

Luci care, luci belle,
Cari lumi, amate stelle,
Date calma a questo core!
Se per voi sospiro e moro,
Idol mio, mio bel tesoro,
Forza e sol del Dio d’amore.

Geliebtes Licht, schönes Licht,/ geliebte Sterne, ihr,/ Schenkt Ruhe diesem Herzen./Denn ich seufze für dich/Und sterbe für dich/ Mein Alles, mein Schatz,/Du, Lichtstrahl von Amors Kraft.

KV 549

Più non si trovano fra mille amanti
Sol due bell‘ anime, che sian costanti,
E tutti parlano di fedeltà!

E il reo costume tanto s‘ avanza,
Che la costanza di chi benama
Ormai si chiama semplicità.

Unter Tausenden von Liebenden findest du nicht/Auch nur zwei schöne Seelen, die beständig sind./Doch alle erzählen von Treue!

Schuldig sind sie alle, die behaupten/Unter den Liebenden/hieße die Treue jetzt »Naivität«.