Was man von der Callas gehört haben sollte

Angesichts der Meldungen zum 100. Geburtstag der Diva einige Tipps. Es stimmt nämlich: Man kann nachhören, wie eine Sängerin den Status einer Legende erwerben kann. Die Karriere der Maria Callas ist glänzend dokumentiert.

Zuerst einmal gibt es Livemitschnitte von vielen ihrer frühen Auftritte, in denen sie das Publikum auch – aber beileibe nicht nur – mit effektvollen Spitzentönen verblüffte. So sang sie in Mexico City an der Seite des Tenors Mario Del Monaco am Ende des „Triumphbilds“ in Verdis „Aida“ ein hohes Es. Und wie sie es sang! Das Überwältigungs-Potential dieses Moments erfährt man auch, obwohl die technische Beschaffenheit des Tonbandmitschnitts äußerst bescheiden ist.

Gottlob sind spätere Virtuositätsakte dieser Künstlerin auch in guter technischer Qualität dokumentiert. Unter anderem, apropos Spitzentöne, das hohe E am Ende des „Bolero“ im fünften Akt von Verdis „Sizilanischer Vesper“. Wiederum geht es da insgesamt nicht nur um den Spitzenton – eine Terz über dem hohen C! – sondern um die fünf Minuten Gesang davor: Die Callas bewältigt diese Arie, deren Schlussteil furchterregend schwierig ist, mit einer Souveränität sondergleichen. Man hört das live, im Mittschnitt vom Maggio musicale, Forenz, 1951 unter Erich Kleiber, aber auch auf der Studioproduktion der Arie unter Tullio Serafin.

Der große Belcanto-Experte war der wichtigste Schallplattendirigent der Callas und hat mit ihr Aufnahmen von Bellinis „Norma“ bis zu Puccinis „Turandot“ gemacht und damit buchstäblich das gesamte Repertoire vom fragil-sensiblen Belcanto-Ziergesang bis zur hochdramatischen Emphase abgesteckt. Es gibt in der eminenten Aufnahme-Serie eigentlich keinen schwachen Moment: Die Callas, technisch makellos in Bellinis unendlich gespannten, reich differenzierten Melodien, aber ebenso vollkommen in der veristischen Attacke, liefert ein akustisches Psychogramm nach dem andern.

Nachhaltige Belcanto-Renaissance

Folgenschwer für die Interpretationsgeschichte waren vor allem die Bellini-, Donizetti- und Rossini-Aufnahmen der Sängerin, die das Belcanto-Repertoire wieder ins Bewusstsein der Musikwelt hoben. Alle nachfolgenden Diven, die in diesem Repertoire reüssieren konnten, sind die Erben der „Assoluta“.

Absolutes Muss für Callas-Anfänger: „Tosca“ (Studio) unter Victor de Sabata, das perfekte Opern-Hörspiel. Und „La sonnambula“ (live) unter Leonard Bernstein, der für die Diva sogar eigens Verzierungen und Koloraturen komponiert hat. Die Scala geriet außer Rand und Band.

  1. Puccini »Tosca« Callas – di Stefano – Gobbi (de Sabata)
  2. – Recondita armonia
  3. – Buna la mia Tosca
  4. – Finale
  5. 2. Akt
  6. Orsu, Tosca, parlate
  7. Finale
  8. 3. Akt
  9. E lucevan le stelle
  10. Finale