Verdis Requiem

Eine Oper für den Konzertsaal hat man dieses Werk gern genannt. Aber es ist mehr: Es ist Verdis Versuch, aus dem Blickwinkel eines Skeptikers mit den metaphysischen Schauern fertigzuwerden, die jeden Menschen angesichts der eigenen Sterblichkeit befallen.

Das Werk ist in mehreren Etappen entstanden. Die ersten Abschnitte schrieb Verdi als Teil einer von ihm angeregten Gemeinschaftsarbeit italienischer Komponist anläßlich des Todes von Gioacchino Rossini, 1868. Für diese »Messa per Rossini« übernahm er selbst die Vertonung des letzten Abschnitts im liturgischen Text, des »Libera me«. Dieser Abschnitt enthielt bereits die atemberaubenden Klänge des »Dies irae«, die bei jeder Aufführung des späteren »Requiems« Furore machen.

Die Uraufführung der Gemeinschaftsarbeit sollte am ersten Todestag Rossinis, also am 13. November 1869, in Bologna stattfinden. Doch unterblieb die Aufführung aus organisatorischen Gründen. Sein Manuskript kramte Verdi erst vier Jahre später wieder hervor, nachdem der Dichter Alessandro Manzoni verstorben war, eine der künstlerischen Leitfiguren des italienischen Nationalismus.

Die Stadt Mailand akzeptierte freudig Verdis Vorschlag, sein Requiem-Fragment zu einer kompletten Vertonung des Ordinariums einer Totenmesse auszuweiten. Für Verdi war diese Arbeit nach dem Sensationserfolg seiner für Ägypten komponierten Oper Aida ein Schlußpunkt. – Vergliechbar mit Johannes Brahms nach der Komposition seines Streichqintetts in G-Dur, gedachte er einen ruhigen Lebensabend zu verbringen; beide Komponisten sollten es sich noch anderes überlegen …

Das Requiem sollte aber nach dem Plan seines Schöpfers Verdis letztes Werk sein.

Von den vielen Aufnahmen, die von diesem Werk vorliegen, gebührt dem – technisch für sein Alter durchaus achtbaren – Mitschnitt jener amerikanischen Live-Aufführung unter der Leitung von Arturo Toscanini mit einem edlen Solistenquartett besondere Achtung. Mit den Kräften des NBC hat Toscanini – der als Jugendlicher noch unter Verdis Leitung im Orchester der Mailänder Scala musiziert hat! – die Summe authentischer Verdi-Interpretation geliefert: Sinn für Gesanglichkeit auch in (sämtlichen!) Orchesterstimmen, dabei kompromißlos knallharte Akzentuierung und ebenso elastische wie präzise Rhythmisierung. Ein Meilenstein in der Interpretationsgeschichte.

  1. Requiem
  2. Dies irae Toscanini
  3. Liber scriptus Toscanini
  4. Quid sum miser Toscanini
  5. Rex tremendae
  6. Ingemisco Giuseppe di Stefano
  7. Domine Jesu Christe Toscanini
  8. Agnus Dei Herva Nelli – Fedora Barbieri
  9. Lux aeterna Herva Nelli - Fedora Barbieri - G. di Stefano - Cesare Siepi
  10. Libera me Herva Nelli – NBC Arturo Toscanini
  11. Dies irae NBC Arturo Toscanini