… in einem Rock von Glanzseide, der an allen Nähten mit Gold gestickt war, und in schwarzen Strümpfen. Seine Erscheinung war geradezu komisch […] und zog die Blicke sämtlicher Zuschauer auf sich, denn nur die Ältesten konnten sich erinnern, ihn in der Öffentlichkeit ohne Uniform und Stiefel gesehen zu haben …
Giacomo Casanova beschrieb seinen Besuch in Potsdam, wo anläßlich der Verlobung des preußischen Kronprinzen Wilhelm auf Schloß Charlottenburg, 1764, eine Oper von Giuseppe Scarlatti gegeben wurde – der streitbare König »Friedrich der Große« hatte bekanntlich eine musische Ader, korrespondierte nicht nur mit politisch und militärischen Würdenträgern, sondern auch mit Geistesgrößen der Philosophie – und er spielte Flöte, komponierte Sonaten und Concerti und war daher imstande, sich mit seinen Hof-Musikern, darunter Carl Philipp Emanuel Bach, Carl Heinrich Graun, Franz Benda und der königliche Flötenlehrer Johann Joachim Quantz, fachkundig zu unterhalten.
Er galt als musikalisch durchaus konservativ, doch förderte er nach Kräften Aufführungen der damals hochmodernen Gattung der von Carlo Goldonis Ästhetik geprägten Opera buffa und holte die besten Kräfte dafür nach Potsdam.
Das »Musikalische Opfer«
Der König stand auch Pate für eines der spekulativen, bis heute als ikonisch geltenden Spätwerke Johann Sebastian Bachs: Der Vater seines Hof-Musicus Carl Philipp Emmanuel Bach war 1747 zu Gast im königlichen Schloß und verblüffte sogar den kritisch-skeptischen König mit kontrapunktischen Improvisationen von erhabener Qualität – über ein (höchst sperriges) Thema, das der König dem Gast auf der Flöte vorspielte.
Die zynische Frage nach einer improvisierten sechsstimmigen Fuge beantwortete Bach einige Monate später mit der Übersendung der Originalpartitur des sogenannten »Musikalischen Opfers«, in dem sich nicht nur die an sich »unmögliche« Lösung der sechsstimmigen Kontrapunkt-Aufgabe des Königs fand (»Ricercar a 6«), sondern eine große Anzahl an ungemein komplexen kanonischen Verarbeitungen des »königlichen« Themas – aber auch eine auf dem Thema basierende Triosonate im damals modischen »empfindsamen« Stil, der beim »alten Bach« sonst keine Rolle mehr spielte …