»Brokeback Mountain« 

Zum Kennenlernen: Eine Oper, die auf einem Filmsujet beruht:

Gerard Mortiers Erbe

Livemitschnitt aus Gießen vom 19. Februar: Charles Wuorinen: Brokeback Mountain, Oper nach einem Text von Annie Proulx.

Charles Wuorinen (1938 – 2020), einer der führenden Komponisten der USA, der anders als die meisten seiner Kollegen eher der europäischen Avantgarde nahestand als dem amerikanischen Minimal-Music-Stil, hat 2016 für Gerard Mortier eine Oper komponiert, die der ehemalige Salzburger Festspiel-Intendant als eine seiner Einstandspremieren in der New York City Opera herausbringen wollte. Doch das Engagement Mortier zerschlug sich, sodaß der Impresario das Projekt nach Madrid übersiedelte. Dort kam Brokeback Mountain dann heraus, ein Werk, das von einem Film inspiriert wurde, der seinerseits wiederum auf einer Novelle von Annie Proulx beruhte. Proulx erklärte sich bereit, den Prosatext in ein Opernlibretto zu verwandeln, das in enger Zusammenarbeit mit dem Komponisten entstand. Die Handlung erzählt von der Beziehung zweier homosexueller Männder, die einander als Schafhirten kennen lernen. Doch einer von beiden steht nicht zu seiner Veranlagung und zieht es vor, mit einer Frau eine Familie zu gründen. Immer wieder versuchen die beiden Männer zueinander zu finden. Doch die Lebensumstände und Konventionen lassen das nicht zu.

Der gleichnamige Film erregte 2005 einiges Aufsehen, blendet er doch gegen Ende eine Sequenz ein, in der zumindest angedeutet wird, daß einer der beiden Männer wegen seiner Vernlagung zu Tode geprügelt wird. Es bleibt allerdings offen, ob das eine Alptraumvision oder Realität ist. Jedenfalls gingen die Wellen hoch, weil zwei »schwule Cowboys« auch Anfang des XXI. Jahrhunderts in den USA vielen Beobachtern noch keineswegs geheuer schienen. In der Oper ist das Ende, der Unfalltod des einen und der melanchollische Nachklang musiktheatralisch aufgelöst und verzichtet auf die brutalen Assoziationen.

Deutschlandradio (20 Uhr)