Der Festspielerfolg des Jahres
Alfred Wopmann und Franz Salzmann, die Führungskräfte der Bregenzer Festspiele, sind beglückt über die künstlerisch und finanziell erfolgreiche Bilanz des heurigen Sommers - und wälzen kühne Pläne.
Das optisch spektakulärste Projekt ist die geplante Erweiterung des Bregenzer Festspielhauses zum Festspielbezirk. Das Haus soll durch Zubauten und großzügige Umgestaltung einen ganz neuen Charakter bekommen. Für das Publikum wird ein neuer Eingang und eine Erweiterung des Foyers die Sichtverbindung aus dem Haus mit dem See herstellen.
Das "Innenleben" des Gebäudes erhält einen neuen Verwaltungstrakt. Außerdem - was das wichtigste für die Theaterarbeit ist - entsteht eine Probebühne mit direkter Verbindung zur Hauptbühne, womit Umbauten erheblich erleichtert werde...
Es ist alles immer dasselbe"
Drachenkampf heißt Ren'e Clemencics musiktheatralische Komposition, die heute, Donnerstag, in der Wiener Universitätskirche uraufgeführt wird. Eine Paraphrase des Hochzeitsrituals, ein "Psychogramm der heiligen Einheit der Gegensätze".
Gegensätzliches, scheinbar Unzusammenhängendes verbindet die Musik Clemencics seit jeher. Der polyglotte Wiener, ehemals Philosophiestudent der Sorbonne, Leiter eines nach ihm benannten Consorts, wurde als Interpret Alter Musik weltberühmt und hat von seiner Beschäftigung mit alter und ältester Komponiertradition ausgehend seinen eigenen Weg als schöpferischer Künstler gefunden.
Er versteht, erklärt er im Gespräch, Musik als "Hörbarmachen des Weltgesetzes". Die alten Visionen der "Sphärenharmonien" feiern im Komponierstübchen Cl...
Musikerlob für Ioan Holender
Werner Resel, Vorstand der Wiener Philharmoniker, im "Presse"-Gespräch über die Aktivitäten des Orchesters als Hausorchester der Wiener Staatsoper und im selbstbestimmten Konzertleben.
Staatsopernchef Ioan Holender artikulierte jüngst seine Freude über das gute Verhältnis zwischen Operndirektion und Orchester. Dessen Vorstand, Werner Resel, spielt den Ball zurück: "Ein Opernchef hat es nicht immer leicht mit uns. Unser Vertrag gibt uns Freiheiten bezüglich unserer Tourneen und unserer Konzerte. Da muß ein Direktor manchmal Abstriche in der Planung machen. Es kommt schon vor, daß wir einen guten Spielplanentwurf durcheinander bringen, weil wir zu diesem oder jenem Zeitpunkt auf Reisen sind und eine Anhäufung von groß besetzten Opern nicht möglich ist."
Gerade i...
Steve Reich als Höhlenforscher in Wien
Der Minimal-Music-Star im "Presse"-Gespräch
"The Cave" heißt das große Musiktheater-Projekt, das Steve Reich im Verein mit der Video-Künstlerin Beryl Corot bei den Wiener Festwochen zur Uraufführung bringt: Damit hat zum erstenmal eine wirklich groß angelegte Performance der mittlerweile schon "historisch" gewordenen "Minimal Music" in Wien Premiere.
Steve Reich ist neben Phil Glass und Terry Riley der wohl prominenteste Vertreter dieser eigenwilligen, meist nur wenige simple Floskeln vielfach verschachtelt und in einfachsten Harmonien gegeneinander ausspielenden Komponier-Gattung, die sich gekonnt im schwammigen Bereich zwischen "E" und "U" angesiedelt hat.
Dieser "American Way of Modern Music" fußt, wie Reich das im "Presse"-Gespräch erklärt, zumind...
"Orchestermusiker haben's schwer"
Berg-Quartett-Primarius Pichler über seine Dirigentenlaufbahn
Alexander Pereira hat ihn Ende der achtziger Jahre eingeladen, doch auch einmal das Wiener Kammerorchester zu dirigieren. Nach zwanzig Jahren der ausschließlichen Konzentration auf die Kammermusik wurde der Primgeiger des Alban Berg Quartetts, Günter Pichler, neugierig - seinem Dirigierdebüt folgten alsbald Einladungen nach Japan, nach London. Und mit einem Mal war eine "zweite Karriere" in Sicht.
Pichler will sie konzentriert gestalten, nicht, weil ihm Quartettspiel und Unterrichtspraxis zu wenig Zeit ließen, sondern weil das für ihn in allen musikalischen Fragen selbstverständlich ist: "Lieber wenige Orchester", sagt er, "dafür aber solche, die mich mögen." Getreu Dietrich Fischer-Dieskaus Gru...
"Dirigieren ist die schönste Sache der Welt"
Wiens neuer Opern-"Musikchef", Ulf Schirmer, im Gespräch
Geredet wird über den Nachfolger Claudio Abbados seit dessen Abgang. "Viele Leute glauben, daß ich es längst bin", erzählt er selbst. Jetzt ist es wirklich so weit: Staatsopernchef Ioan Holender hat Ulf Schirmer zu seinem "musikalischen Konsulenten" ernannt. Der 33jährige Deutsche tritt dieses Amt am 1. September, also mit Beginn der nächsten Saison an. Mit seiner Arbeit hat der agile junge Mann freilich längst begonnen. Umstrukturierung, Straffung, Neuordnung - ein Manager würde allerlei fashionable Vokabel für das finden, was derzeit hinter den Kulissen, ganz nach Schirmers Vorstellungen geschieht. Der Außenstehende weiß vom Hörensagen, daß in den Direktionsgängen des Hauses am Ring alle...
Früchte der Freiheit
Der Direktor des Bolschoitheaters erzählt
Vor nicht allzu langer Zeit verabschiedete Rußlands Präsident Jelzin ein Dekret, das dem renommierten Moskauer Bolschoitheater vollständige Autonomie zusichert. "Bei gleichbleibenden staatlichen Subventionen", ergänzt Wladimir Kokonin, der Direktor des Hauses, und schwärmt sichtlich stolz von der dieserart errungenen künstlerischen Freiheit. "Ein für Moskau bis vor kurzem ganz und gar undenkbarer Zustand", lautet sein Kommentar im Gespräch mit der "Presse".
Tatsächlich plant und arbeitet die Direktion des wohl berühmtesten Opernhauses des ehemaligen "Ostblocks" heute unabhängig von jeder staatlichen Einflußnahme. Im Verein mit seinem musikalischen Leiter, Alexander Lazarev - "Er hat das Bolschoi-Orchester wieder auf ein allerer...
Worte und Töne - fingerkuppennah
Peter Härtling über seinen "Schubert" und die Kunst, schriftstellernd die Musik zu lieben
Schubert wandert durch viele meiner Romane durch. Für mich selbst sonderbar." Peter Härtling, Jahrgang 1933, hat dem Kind nun seinen Namen gegeben: "Schubert" heißt sein jüngstes Buch, das zum Thema hat, worüber der in Hessen lebende Chemnitzer seit langen Jahren dichtet.
Musik ist für Härtling immer schon "als Thema vorhanden" gewesen, wie er im Gespräch mit der "Presse", kurz vor seiner selbstverständlich von Schubert-Musik untermalten - Dichterlesung in Wien bekennt. "Einer meiner ersten Romane, ,Niembsch oder Der Stillstand', ein Buch über Nikolaus Lenau und Don Juan, hatte den Untertitel: Eine Suite."
Musikalische Formgebung im großen und im kleinen. Auch der jüng...
Was wollte Gustav Mahler wirklich?
Wie Gilbert Kaplan die Wahrheit ans Licht zu bringen versucht
Gilbert Kaplan hat wieder zugeschlagen. Vielerorts belächelt, freilich auch viel bewundert, zog der schwerreiche New Yorker Börsenmakler vor Jahren durch die Lande, um in aller Welt Mahlers Zweite Symphonie zu dirigieren. Als Amateur im wahrsten Sinne des Wortes wollte er nichts als dieses Werk interpretieren, brachte eine Schallplattenaufnahme mit einem Londoner Orchester heraus und schloß dieser Edition auch eine Ausgabe sämtlicher Mahler-Briefe an, die irgendwie mit dieser "Auferstehungssymphonie" zu tun haben.
Das war aufschlußreich, wenn auch - wie sich herausstellt - nur der Anfang einer Mahler-Aufklärungskampagne des musikfanatischen Millionärs. Jetzt holt er zum zweiten Streich aus und ...
Jetzt singt sie wieder
Gundula Janowitz über ihr Comeback als Lied-Interpretin
Ich übe jeden Tag. Und zwei bis drei Mal im Monat singe ich jetzt wieder", sagt Gundula Janowitz, die große Sopranistin, die vor einigen Jahren beinahe über Nacht beschlossen hat, nicht mehr aufzutreten. In der Zwischenzeit war sie Operndirektorin in Graz, hat aber angesichts ständiger Querelen bald das Handtuch geworfen: "Ich habe", bricht sie gegenüber der "Presse" ihr langes Schweigen, "einfach meine Menschenkenntnis überschätzt".
Selbstmitleid ist der Janowitz fremd. Dazu hat sie sich ihre Karriere mit viel zu bitteren Opfern erkauft. Heute pilgern die Fans zu den raren Janowitz-Auftritten neugierig und dankbar wie kaum je zuvor: Das liegt vielleicht daran, "daß ich mir der Verantwortung heute noch viel mehr...