Heute live im Berliner Radio – auch via Internet zu empfangen (16 Uhr): Wagners »Walküre« aus der Lindenoper unter Christian Thielemanns Leitung. Zweiter Teil des neuen »Ring«-Zyklus der Deutschen Staatsoper.
Mit Matthias Volle (Wotan), Robert Watson (Siegmund), Vida Miknevičiūtė (Sieglinde) und Anja Kampe (Brünnhilde).
John Adams hat für San Francisco eine neue Oper komponiert. »Antony and Cleopatra« stieß auf weniger große Begeisterung als einst »Nixon in China« oder »The Death of Klinghoffer«.
Eigene Webseite zur Vorbereitung des 150. Geburtstags des »Vaters der Moderne«
Am 13. September 2022 ging die Webseite schoenberg150.at online. Das Wiener Schönberg Center weist damit auf die enorme Bandbreite des Schaffens des 1874 in Wien geborenen Künstlers hin, der auf vielen Ebenen sein schöpferisches Talent ausloetete. Die Welt kennt ihn als Komponisten, als musikalischen Umstürzler und »Vater der Moderne«, der mit seinen Schülern Alban Berg und Anton von Webern das Tor zu neuen harmonischen Welten aufgestoßen hat. Atonalität, Zwölftonmethode heißen die allseits bekannten Stichwörter, von denen sich bis heute viele Musikfreunde vom Besuch eines Konzertes abschrecken lassen, ohne freilich genau zu wissen, was wirklich dahinter steckt.
Neumeiers legendäre »Josephs Legende« mit Judith Jamison, Kevin Haigen und Karl Musil (re.) Wien 1977 (DVD: DG)
Neumeier sagt Adieu
Mehr als 3500 Menschen kamen am Wochenende zum »Tanzfeuerwerk«, einer Abschieds-Gala des großen Choreographen, bei dem das Ballett der Hamburgischen Staatsoper Ausschnitte aus seinem Schaffen präsentierte. 1973 hat A...
Das Opernarien-Debütalbum des chilenischen Sängers demonstriert eine samtig timbrierte Stimme mit satter Tiefe und Bomben-Höhen im italienischen und französischen Repertoire.
Das ist auch eine Lektion in Sachen Dramaturgie: Zuerst die Stimme. Die Stimme, ganz allein. Sie beschwört den Anblick des Himmels: „Cielo!“ – eine der schönsten Tenorstimmen unserer Tage, da waren sich die Zeugen der ersten Auftritte des in Chile geborenen, in den USA ausgebildeten Künstlers sogleich einig. Jahrgang 1988, schaffte Jonathan Tetelman Mitte der Zehnerjahre seinen Durchbruch. In Europa dauerte es etwas länger. Aber auch hierzulande ist der neue Stern am Opernhimmel aufgegangen: In Wien debütierte er in der szenisch verunglückten „Tosca“ im Theater an der Wien. Kommenden Juni singt er an der Seite von Asmik Grigorian in den Opernzwillingen „Cavalleria rusticana/Bajazzo“ erstmals im Haus am Ring.
Bernd Bienert und sein Teatro Barocco bringen unbekannte Preziosen aus der Barockzeit auf die Musiktheaterbühne.
Für Opernkenner gehören die Premieren des Teatro Barocco von Bernd Roger Bienert längst zu den Fixpunkten im Aufführungskalender. Für diesmal gibt es am 20. August in der Burg Perchtoldsdorf und am 2. September im Schönbrunner Schlosstheater einen Einblick in die musiktheatralischen Welten der Mozart-Zeit. Für Musikfreunde im 21. Jahrhundert scheint es ja keinen Zweifel zu geben, wer der führende Meister jener gewesen ist – nicht nur in Sachen Oper.
Im Wiener Musikleben hat Wladimir Fedosejew seit den frühen Neunzigerjahren eine Sonderstellung. Dass er zehn Jahre lang an der Spitze der Wiener Symphoniker stand und dem Orchester einen künstlerischen Höhenflug bescherte, kam nicht von ungefähr: Das Publikum hatte ihn seit seinen frühen Gastspielen mit dem Symphonieorchester des Moskauer Rundfunks als einen der leidenschaftlichsten und eigenwilligsten Interpreten vor allem romantischer Musik ins Herz geschlossen.
Wagner-Festspiele 2022. Die Eröffnungspremiere, „Tristan und Isolde“, in den Augen eines Besuchers im Festspielhaus und in den Ohren des radiohörenden Musikkritikers.
Eine Rezension von Veit Welsch und Wilhelm Sinkovicz
Erstmals seit dem Eröffnungsjahr 1951 präsentierten die Wagner-Festspiele neben einer Neuinszenierung des „Ring des Nibelungen“ eine weitere Premiere: Angesichts von Ausfällen und Notbetrieb in den Pandemiejahren setzte Intendantin und Komponisten-Urenkelin Katharina Wagner zu einer Kraftanstrengung an und eröffnete die Festspiele mit der kurzfristig anberaumten Neuinszenierung von „Tristan und Isolde“.
Die Seuche machte aber auch der aktuellen Planung einen Strich durch die Rechnung: Pietari Inkinen, der den „Ring“ dirigieren sollte, erkrankte so schwer, dass Cornelius Meister die Aufgabe übernehmen musste. Der ehemalige Chefdirigent des ORF-Orchesters war eigentlich für den „Tristan“ vorgesehen, den nun sozusagen fliegend der Linzer Generalmusikdirektor Markus Poschner übernahm.
Es war nicht zuletzt Poschners Verdienst, dass das riskante Experiment gelang. Eine Bayreuther Premiere ohne einen einzigen Buhruf hat man lang nicht mehr erlebt. Erstaunlicherweise ist es dem Regisseur Roland Schwab gelungen, die Traditionalisten unter den Wagnerianern nicht zu provozieren, aber auch jene bei Laune zu halten, die von einer Festspielproduktion doch neue optische Erfahrungen verlangen.
Personenführung in Wagners Takt
Piero Vinciguerras Bühne arbeitet mit reduzierten, abstrahierenden Mitteln. Den Boden dominiert eine Scheibe, die in fesselndem Lichtdesign immer neue Räume suggeriert, die nach oben zu durch eine elliptische Öffnung den Blick auf den Sternenhimmel freigeben. Während des Abends wuchert die Pflanzenwelt ins ursprünglich karge Ambiente, ein Kinderpärchen erscheint zunächst auf der Szene, im Mittelakt in der höchsten Höhe, abgelöst am Ende durch ein alt gewordenes Ehepaar, das sich liebevoll die Hände reicht — die dezente, aber nie aus Wagners Takt fallende Personenführung lässt all diese Regiezutaten nie kitschig wirken. Sie harmonieren mit dem, was Text und Musik erzählen.
Und das wird an diesem beeindruckenden Bayreuther Abend doch gediegen gesungen und vorzüglich gespielt. Da ist der heute vermutlich konkurrenzlose Tristan des Stephen Gould, auf dem heuer die Hauptlast von Wagners tenoralen Heldentaten liegt: Er singt bis Ende August auch noch Siegfried und Tannhäuser — und besteht dank einer Mischung aus souveräner Stimmbeherrschung und nach wie vor beeindruckenden Kraftreserven glänzend. Auch in den Fiebermonologen findet er noch Möglichkeiten zu differenziertem Gesang, im Liebesduett führt er seiner Isolde, Catherine Foster, vor, wie man dem Ansturm des Orchesters ohne zu forcieren standhält und sogar kultivierte Pianobögen bis zum Ende langer Atemzüge phrasieren kann.
Foster, imposant in den Aufwallungen der gekränkten Königstochter im ersten Aufzug, immerhin noch achtbar im Duett, beschädigte ihre Leistung mit einem allzu farblosen, angestrengten Finale dann aber empfindlich. Ihre treu sorgende Brangäne, Ekaterina Gubanova, hingegen beeindruckt durch sattes Timbre ebenso wie durch die von den Kollegen weitaus nachlässiger behandelte Artikulation, mit der lediglich die tiefen Stimmen mithalten können, der sympathisch-handfeste Kurwenal von Markus Eiche, und vor allem Georg Zeppenfelds Marke, der eine Klasse für sich ist: Mit rundem, in allen Lagen tonschönem Bass macht er die oft langatmig wirkende Klage des betrogenen Königs zum Ereignis.
Dirigentische Meisterleistung
Was an diesem von Wagner ausdrücklich als „Handlung in drei Aufzügen“ bezeichneten Stück dramatisch ist, dankt man der Musik. Und hier führt in dieser Produktion der Einspringer Markus Poschner Regie — und zwar auf eine Weise, mit der er sich an diesem 25. Juli 2022 in die erste Reihe der Dirigenten unserer Zeit dirigiert haben dürfte. Einer Anlaufphase, in der die notorischen Tücken der Bayreuther Akustik rasch ausbalanciert schienen, folgte ein Hörerlebnis, das Poschners Kunst der kontrapunktischen Linienführung zum Aufbau staunenswert stringenter, dabei klanglich hoch differenzierter Steigerungswellen nutzte.
Die orchestrale Gangart schien nicht nur im Haus, sondern auch via Rundfunkübertragung über weite Strecken für Wagner’sche Verhältnisse geradezu luftig leicht, sängerfreundlich. Manche Einwürfe in den ersten Dialogen nahmen sich aus wie Abkömmlinge italienischer Secco-Rezitative. Umso intensiver empfand man die emotionalen Verdichtungen, wenn sich die Nervenstränge der Seelenklänge ineinander verwoben. Das war nicht nur für ein Bayreuther Debüt bemerkenswert, das gehört schon zu den bedeutenden Dirigentenleistungen der jüngeren Festspielgeschichte — und wird vermutlich nicht ohne Folgen bleiben . . .
Diese Übertragung hat sich der ORF für einen Feiertag aufgehoben: Christian Thielemann dirigierte seine Staatskapelle Dresden im Wiener Musikverein und dirigierte nebst Mendelssohns »Schottischer Symphonie« die prachtvolle »Lyrische Symphonie« aus dem Jahr 1923 von Alexander von Zemlinsky. Nach dem Vorbild von Mahlers »Lied von der Erde« als Liederzyklus für zwei Singstimmen und großes Orchester angelegt, wurde dieses Werk zu einem glühend leidenschaftlichen Abgesang auf die musikalische Romantik.
Die Solisten: Julia Kleiter und (im letzten Moment eingesprungen!) Adrian Eröd.
In Bad Tölz hat der Bayerische Rundfunk im Jänner einen Abend des Jerusalem Quartet aufgezeichnet, in dem das Ensemble Werke von Schostakowitsch und Beethoven miteinander konfrontiert hat:
Schostakowitsch: Streichquartett c-Moll, op. 110
Beethoven: Streichquartett Es-Dur, op. 127
Beides sind Späterwerke von höchst intimem Gehalt.