Archiv der Kategorie: Nachruf
Lucia Popp
Die Seelenstimme
Lucia Popp erlag am Dienstag, 54jährig, einem Krebsleiden. Das Musiktheater verlor eine der beseeltesten Stimmen des Jahrhunderts.
Sie war am hinreißendsten, wenn sie ihre warm timbrierte, satte Sopranstimme ruhig und seelenvoll verströmen durfte: Mozart also war ihre ureigenste Domäne. Ihre Rosenarie vergißt nicht, wer sie hören durfte. Noch viel weniger die unendliche g-Moll-Traurigkeit ihrer Pamina, während derer die Zeit stillzustehen schien.
Es hat immer die berühmten Schrecksekunden gebraucht, bis Lucia Popp nach diesem, ihrem vielleicht allerbesten Glanzstück in der "Zauberflöte" Applaus bekommen hat. Die Erfolgverwöh...
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Wienerische Perfektion
NACHRUF
Ein Perfektionist ist tot
Erich Leinsdorf, ein Wiener Dirigent, der in die Welt vetrieben wurde, starb im 82. Lebensjahr in Zürich. Das gab seine Witwe Vera am Sonntag bekannt.
Ein Zyniker war er, vielleicht, einer, der nie mit Kritik hinter dem Berg gehalten hat. Aber auch einer, der sein Handwerk, das da war: Musik zu machen, so perfekt beherrscht hat wie kaum einer seiner Zunft.
Bemerkungen aus seinem Munde konnten bitterböse sein, trafen den Kritisierten tief, vor allem deshalb, weil er fast immer recht hatte, wenn er bei anderen Fehler, Irrtümer, mangelnde Bildung konstatierte. Er vertrug es nicht, wenn Musiker schlecht vorberei...
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Boris Christoff
Die Legende lebt fort
Boris Christoff, der große bulgarische Bassist, starb 74jährig. Das reiche Plattenerbe bewahrt seine Kunst als die eines der bedeutendsten Singschauspieler des Jahrhunderts.
Der Name Schaljapin fiel häufig, wenn von Christoff die Rede war. Tatsächlich schien die Baß-Legende von einer neuen abgelöst zu werden. Das Potential der Stimme des stattlichen Bulgaren mit den markanten Zügen war von der Art, die Hörer im entscheidenden Moment schaudern läßt: Gewaltige Tiefe in jeder Bedeutung des Wortes tönte da; und tönt via Tonträger noch immer.
Unausweichlich ist Christoffs Singen vor allem, wenn es um jenen Komponisten geht, ...
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Rudolf Nurejew
Elegance oblige
Der Ballettkönig Rudolf Nurejew ist tot
54jährig ist am Dreikönigstag in Paris der Tänzer Rudolf Nurejew gestorben - eine Legende schon zu Lebzeiten, umjubelter Kirow-Star, Liebling des internationalen Publikums, Enfant terrible der westlichen Ballettszene, als Egomane ein Schrecken aller Direktoren, zuletzt gezeichnet von seiner tödlichen Krankheit. Ein Star, in allem, was er tat, wie es nicht so bald wieder einen geben wird.
Seine Liebe zum Spektakulären, zum Außergewöhnlichen schien ihm schon in die Wiege gelegt; besser gesagt: in den Eisenbahnwaggon. Nurejew war im März 1938 auf einer Eisenbahnfahrt am Baikalsee, nahe Irku...
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John Cage
zum KOMPONISTENPORTRAIT
NACHRUF (1992)
Die Stille zwischen Joyce und Duchamp
Zum Tod des amerikanischen Avantgarde-Komponisten John Cage
Die Parabel vom Sinn, der unsinniger nicht sein kann: Daß Stille Musik ist, daß Harmonie anarchisch sein kann, daß es auf eins herauskommt, ob ein Komponist seine Werke mit mathematischer Akribie konstruiert oder einfach Tennisbälle ins offene Klavier wirft (nicht, weil es so ähnlich klingt, sondern weil es irgendwie genau dasselbe ist) - John Cage hat allen Schmerzen zugefügt.
Den Konzertabonnenten sowieso, falls sie je mit ihm in Berührung gekommen sein sollten. Aber auch den eifrigen Theoretikern der Avan...
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Wallmann
Zum Tod der Tänzerin und Regisseuse Margarethe Wallmann
Als man dem großen Bruno Walter nach der Premiere von Glucks "Orpheus und Eurydike" anläßlich der Salzburger Festspiele 1931 gratulierte, weil er so phantastisch dirigiert hätte, konterte er: "Dirigiert? Ich habe ganz vergessen zu dirigieren, ich habe die Choreographie bewundert". Das einzigartige Lob galt Margarethe Wallmann, die damals ihre erste Arbeit für die Festspiele geliefert hatte und mit dieser, allgemein als "atemberaubend" apostrophierten Leistung den Grundstein zu einer bemerkenswerten Karriere legte.
Die im Juni 1904 in Wien geborene Künstlerin war zuerst Tänzerin, in der W...
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Messiaen
Großer Einsamer im unendlich weiten Land
Zum Tode des katholischen Komponisten Olivier Messiaen
Tiefer, bis in die kleinste Faser seines Künstlertums erlebter Glaube war seine immer wieder sich erneuernde Antriebskraft. Seine Musik: tönender Katholizismus. Aber nicht nur. Olivier Messiaen, der 83jährig an den Folgen einer Operation in der Nacht zum Dienstag in Paris gestorben ist, war auch ein Naturanbeter. Sein Mystizismus suchte die letzten Geheimnisse des Spirituellen ebenso zu ergründen wie jene des irdischen Lebens.
So wurde sein Werk zum kosmischen Klangereignis, band Tausende Vogelstimmen, Gezwitscher, Gezirpe, Geflöte ebenso zur überw...
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Ernst Krenek
NACHRUF
Das ganze Jahrhundert war seine Domäne
Zum Tode des österreichisch-amerikanischen Komponisten Ernst Krenek
Das Faktum, daß Ernst Krenek im Jahr 1900 zur Welt kam, im kulturellen Schmelztiegel Wien notabene, daß er also tatsächlich "mit dem Jahrhundert" ging, war, überlegt man's genau, das ideale Sinnbild seines Künstlertums.
Sein Leben lang ist er ein moderner Komponist gewesen. Im umfassendsten Sinne des Wortes. Das, was man die "Moderne" nennt, und mittlerweile bereits ein historischer Begriff geworden ist, hat er ebenso mitbestimmt wie beinahe jede andere "Richtung" im mehrfach irritierten, hysterisch unausgesetzt nach Neuem strebe...
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Maurice Béjart
1927 - 2007
Béjart debütierte bereits als 14jähriger in Paris und tanzte 1945 in Vichy, gründete 1953 mit Jean Laurent die Ballets de l'Etoile, die 1957 im Ballet-Théâtre de Paris aufgingen. Ein Gastengagement beim Brüsseler Théâtre Royal de la Monnaie führte 1960 zur Gründung des Ballet du XXe Siècle, das fortan - auch nach dem Umzug nach Lausanne - Béjarts bevorzugte Truppe für seine Tanz-Kreationen bleiben sollte.
Béjart war der Choreograph der musikalischen Avantgarde der Nachkriegszeit. Mit seiner Symphonie pour un homme seul zu Musique concrète und zu elektronischer Musik von Pierre Henry und Pierre Schaeffer schaffte er 1955 den Dur...
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