Neujahrskonzert: Durch die Pause rast Paganini
Pausenfilm 2017. Philharmoniker-Geiger Tibor Kovac hat ein neues Ensemble, die Philharmonic Five, und liefert für das mediale Begleitprogramm des Neujahrskonzerts den furiosen Remix "Carneval di Venezia".
Das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker wird auch heuer medial wieder von allerlei musikalischen Zutaten begleitet. In einem Fall werden die Kenner der Wiener Situation vielleicht staunen: Tibor Kovac, der kreative Geiger des Orchesters, präsentiert sich mit einem neuen Ensemble - und einem, wie gewohnt, virtuosen eigenen Arrangement wienerischer Walzerkultur.
Johann Strauß Vater stand bei der rasanten Piece ebenso Pate wie der Allvater aller geigerischen Virtuosität: Nicolo Paganini. Schon der erste Wiener Walzerkönig zollte dem Hex...
Anlässlich der Neuinszenierung der "Zirkusprinzessin" an der Volksoper: Der Wiener Dirigent Alfred Eschwe über Freude an Avantgarde und leichter Muse.
Alfred Eschwe studiert an der Wiener Volksoper eine der populärsten Operetten der silbernen Ära ein: Emmerich Kalmans "Zirkusprinzessin". Das Werk ist bekannt, viel gespielt, wenn auch durchaus heikel, was den Orchesterpart betrifft, plaudert der Maestro aus der Probenschule: "Kalman instrumentiert sehr dick, er lässt im Klangspektrum - anders als zum Beispiel Puccini - nicht immer ein Loch für die Frequenzen der Sänger. Für die kann das dann problematisch werden." Wenn der Dirigent nicht aufpasst: "Man muss da ein wenig reduzieren, auch mit Rücksicht auf die besondere Akustik der Volksoper, damit die Balance zwischen Bühne und Orchester sti...
Im ,Falstaff' zieht Verdi Bilanz"
Im Gespräch. Zwei Verdi-Premieren bietet die Wiener Staatsoper demnächst: Im "Falstaff" singt Ludovic Tezier den Mr. Ford, im "Trovatore" an der Seite Anna Netrebkos den Luna.
Der Ford in "Falstaff", der Graf Luna im "Trovatore" - eine Komödienfigur, ein Finsterling? Ludovic Tezier, der in den kommenden beiden Staatsopernpremieren in diesen Rollen angesetzt ist und der demnächst in Londons Covent Garden Opera sein Debüt als Jago in "Otello" feiern wird, hat differenziertere Ansichten zum Thema: "Der Luna hat einen Grund, böse zu sein", sagt er, "anders als der Jago, der vielleicht der Teufel ist - oder wirklich verrückt. Jedenfalls bemerkt Graf Luna am Ende der Tragödie, dass er soeben seinen Bruder hinrichten ließ. Seine Welt bricht zusammen. Das würde Ja...
Wiens Mimi: "Bei mir ist einfach alles dramatisch!"
Im Gespräch. Anita Hartig hat ihre Weltkarriere von Wien aus gemacht und bleibt der Staatsoper auch weiterhin treu.
Man muss verbrennen in der Kunst", sagt sie, "ich sehe das sehr dramatisch. Ich sehe ja alles dramatisch, denn in meinem Leben geht es nur ums Singen, um die Rollen, die ich zu gestalten habe. Und natürlich um die langweiligen Sachen wie Steuerzahlen. Aber das meiste, das Wichtigste ist die Stimme, sind die Partien, sind die melodischen Phrasen. Ich kann nicht nach einer Probe nach Hause gehen, die Tür hinter mir zumachen und alles vergessen."
Was würde die Künstlerin der kleinen Anita als Rat mit auf den Weg geben, wenn sie ihr aus der Zukunft einen erteilen dürfte? "Ich würde ihr sagen: Analysiere nicht so viel, geh mehr ...
Kein Haushaltsplan für Wagners "Lieder"
Im Gespräch. Klaus Florian Vogt, jüngst als Parsifal in Bayreuth, singt in Wien den Lohengrin, um demnächst zu Korngold und Strauss zu wechseln. Der Tenor über den Liedgesang in der Oper und den Charme ungebremster Dramatik.
Er ist der Gralsritter vom Dienst. Vom Bayreuther "Parsifal" kommt er quasi direkt zum Wiener "Lohengrin" - wobei er sich ein paar Zwischenstationen während der Wagner-Festspiele gegönnt hat, Mahler in Luzern zum Beispiel, vor allem aber, wie berichtet, Schubert in Grafenegg. Mit dem Wechsel zwischen Heldenfach und Konzertsaalintimität hat dieser Künstler offenbar keine Probleme.
"Liedgesang", sagt der Tenor im Gespräch, "sollte immer mitschwingen, glaube ich. Ich sehe den krassen Gegensatz zwischen dem Singen in der Oper und d...
Vom Stehplatz auf die große Staatsopernbühne
Bariton im Gespräch. Als er als Bub ein knappes Jahr lang blind war, entdeckte er die klassische Musik für sich: Clemens Unterreiner, am 6. September erstmals als Escamillo in "Carmen", über seine Karriere und seine Treue zum Haus am Ring.
In der Staatsoper ist der Bariton Clemens Unterreiner ein Mann für alle Fälle. Von der kleinsten Partie bis zur Hauptrolle hat das Ensemblemitglied alles parat; im Vorjahr war er über Nacht Premierenbesetzung für den Vater in Christian Thielemanns "Hänsel und Gretel"-Produktion; am 6. September feiert er sein Rollendebüt als Escamillo in Franco Zeffirellis betagter, doch immer noch attraktiver "Carmen"-Inszenierung.
Auf die Bühne fand der junge Wiener einst über einen dramatischen Umweg: "Eine schwere Augene...
Der Held aus Rohrbach an der Gölsen: Andreas Schager feiert daheim
Vom lyrischen Tenor zum Bayreuther Wagner-Helden: eine steile Karriere.
Der Tenor Andreas Schager ist kein Geheimtipp mehr, seit er für Jonas Kaufmann in der konzertanten „Walküren“-Aufführung beim Festival von Baden-Baden eingesprungen ist und sich als Siegmund einen Sensationserfolg ersang. Bayreuth hat ihn heuer als Erik in der Wiederaufnahme des „Fliegenden Holländers“ verpflichtet. Als die heuer neue Festspielproduktion des „Parsifal“ nach der Premiere krankheitshalber einmal den Titelhelden verlor, sprang Schager ein – wiederum mit eminentem Erfolg.Aufmerksame Wiener Musikfreunde kennen ihn noch von einigen Auftritten im lyrischen Fach: Als er etwa 2002 im Musikverein debütierte, sang er an der Seite von Elisabeth Kul...
Fausts Entspannungstherapie
Während der Proben zur Festspiel-Premiere von Gounods Goethe-Oper fährt Piotr Beczała auf Oldtimer-Rallyes mit und bäckt Kuchen für Anna Netrebko.
Das passiert einem nicht bald mit einem Superstar! Telefoniert man mit Piotr Beczała, kann es leicht sein, daß es heißt: „Rufen Sie mich in circa zwanzig Minuten an, ich bin gerade beim Kuchenbacken.“Beim Plaudern, eine halbe Stunde später, der Kuchen ist schon im Rohr, stellt sich dann heraus, warum der Tenor für einige Zeit in der Küche verschwunden ist: „Anna und Yusif kommen heute Abend, die bekoche ich.“ Die Netrebko und ihr Ehemann, Tenor-Kollege Yusif Eyvazov, gehören wie Beczała zur diesjährigen Salzburger Sängerelite. Daß es bei Festspielen entspannter zugeht als im normalen Opernleben, ist kein Gerücht.
„Hie...
Luxus – oder große Liebe
Krassimira Stoyanova im Gespräch über Richard Strauss’ „Die Liebe der Danae“: Die Umstände der Uraufführung waren dramatisch.
Unter den Opernpremieren der diesjährigen Salzburger Festspiele nimmt die Neuinszenierung von Richard Strauss’ „Die Liebe der Danae“ eine herausragende Stellung ein: Das Werk ist innig mit der Geschichte der Festspiele verknüpft. Richard Strauss kommt als Mitbegründer des Festivals ja seit jeher – neben Mozart, dessen Da-Ponte-Zyklus heuer geschlossen zu erleben sein wird – die Position des Genius Loci zu. Und die „Danae“ war als vorletzte vollendete Oper des Meisters für eine Uraufführung im Rahmen der Festspiele ausersehen. Allerdings konnten die Vorbereitungen dazu in den Wirren des Zweiten Weltkriegs nur langsam Formen annehmen; „Capricc...
Dichten für José Carreras
Zur Premiere von „El Juez“ im Theater an der Wien: Librettistin Angelika Messner über das Wort-Ton-Verhältnis sowie die Frage, wie Opernaufträge für berühmte Tenöre und Kinder am effektivsten erledigt werden können.
„El Juez“ heißt die Oper, mit der am Samstag im Theater an der Wien José Carreras sein Wien-Comeback feiert. Das Stück ist dem Publikumsliebling auf den Leib geschneidert worden; und zwar von Christian Kolonovits, der die Stimme des Sängers genau kennt. Dergleichen erinnert an die Vorgangsweise in Hochzeiten des Belcanto, als Komponisten Novitäten genau den stimmlichen Möglichkeiten von Primadonnen und Tenören anzupassen wussten.
Im Fall des „Juez“ ist auch der Text für José Carreras maßgeschneidert und – wie die Musik – ein österreichisches Produkt. ...