„Wagner? Wo ist die Handbremse?"
Im Gespräch. Jochen Schmeckenbecher, der in der morgigen Wiener ,,Tristan"-Premiere den Kurwenal singt, über hochdramatisches Singen und kontrollierte Ekstase.
Eine Wagner-Premiere – für Jochen Schmeckenbecher ist das beinah schon eine Routineangelegenheit. Kräfteraubende Partien wie den Amfortas (im ,,Parsifal") und den Beckmesser (in den ,,Meistersingern") hat er oft gesungen. Den Kurwenal, den er morgen anläßlich der Premiere der Neuinszenierung von ,,Tristan und Isolde" durch David McVickar unter Franz Welser-Möst an der Staatsoper gibt, schon vor zwei Jahren in Lyon. Damals dirigierte Kirill Petrenko und La Fura dels Baus sorgten für die Inszenierung. Das bedeutete viel Probenarbeit. Aber da ist Schmeckenbecher nicht wie mancher Kollege, der das für Z...
Ein Papageno brilliert als Jochanaan
Im Gespräch. ,,Er war mir Freund und Bruder": Sebastian Holecek erinnert sich an seinen Vater Heinz Holecek und dessen Ratschläge. Und er spricht über die Türen, die ihm Richard Strauss' Jochanaan geöffnet hat.
Der Preis, den man ihm jüngst verliehen hat, hätte ,,Papageno" benannt werden sollen und heißt aus juristischen Gründen nun doch ,,Goldener Schikaneder". Dabei hätten die Wiener Musikfreunde verstanden, wenn es beim ,,Papageno" geblieben wäre. Denn der ,,Papageno vom Dienst" ist Sebastian Holecek in den Anfängen seiner Karriere ja wirklich gewesen. Wie manches, war das väterliches Erbe: Den Vater Sebastians, Heinz Holecek, haben Wiener Musikfreunde stets mit dem weichherzig-spaßigen Vogelhändler, wie ihn Schikaneder und Mozart aus dem Wiener Vol...
Der Mann, der ,,Frau Mond" nach Wien transferiert
Im Gespräch. Peter Lund, zuletzt mit Lehár in Mörbisch erfolgreich, demonstriert an der Volksoper, wie die Operette seiner Berliner Heimat sein kann: offenbachisch, frech und melodienselig.
Wer heutzutage eine Operette inszeniert, eine Operette Berliner Machart nota bene, braucht für den Spott nicht zu sorgen: Operette? Das ist doch das, was man für einen ernst zu nehmenden Regisseur neudeutsch ein No-Go nennt. Nicht für Peter Lund allerdings, der an der Wiener Volksoper gerade Paul Linckes ,,Frau Luna" inszeniert und gar kein Problem mit der sogenannten leichten Muse hat. ,,Schon einmal, weil ich das Stück liebe und mich die unvergänglichen Gassenhauer glücklich machen." So lautet das scheinbar höchst unzeitgemäße Bekenntnis, eine Art Plä...
Pianist auf Tauchgang
Im Gespräch. Ein skrupulöser Interpret über seine Leidenschaft für das Kino und die Versuche, via Kompositionsstudium zu den Urgründen der Meisterwerke vorzudringen.
Zwei Ausnahmen, sagt Till Fellner, habe er gemacht: Als Herbert Blomstedt und Bernard Haitink anfragten, konnte er nicht widerstehen. Im Übrigen aber war 2012 für den Wiener Pianisten Pause, ein sogenanntes ,,Sabbatical", bei dem man alles tut, nur nicht das, wofür man berühmt geworden ist. Neue Stücke gelernt hat er schon in diesen Monaten. Aber wenn Konzertauftritte wegfallen, gewinnt man Zeit, wieder einmal zu Hause zu sein – und zum Beispiel Filme anzuschauen.
„Ich habe mich", erzählt Fellner, ,,viel mit Bunuel beschäftigt." Viel, das heißt bei ihm, näher befragt, ,,alle 32 Filme angeschaut". Und gle...
Die unbändige Lust am Singen
Im Gespräch. Der Tenor im Ausklang seiner bisher intensivsten Wiener Saison: Den Gustavo in Verdis ,,Maskenball" hat er für die Staatsoper in vier Tagen gelernt. Auch sonst ist das Singen für ihn nicht Mühsal, eher Lebensgrundlage.
Opernengagements kommen hie und da auf kuriose Weise zustande. Die laufende Serie von Bizets ,,Carmen" an der Wiener Staatsoper entstand beispielsweise durch einen Telefonanruf nach einer Vorstellung in derselben Konstellation in Londons Covent Garden
Opera: ,,Es stimmt, Elina Garanca, Bertrand de Billy und ich, wir saßen nach der Aufführung beim Diner, als das Handy läutete: Dominique Meyer fragte, ob wir alle beisammen wären und meinte: Sucht Termine, wenn ihr gemeinsam Zeit habt . . ."
Roberto Alagna hat mittlerweile den Don José...
„Natürlich dirigiere ich viel Wagner"
Im Gespräch. Christian Thielemann, einst Karajan-Assistent und ab sofort Leiter der Osterfestspiele Salzburg, über Wagner und Puccini, den Sinn von Festivals und Ähnlichkeiten von Orchestern in Wien und Dresden.
Christian Thielemann dirigiert heute, Samstag, erstmals eine Premiere anläßlich der Osterfestspiele in Salzburg: ,,Parsifal". Der Berliner Dirigent tritt damit die Nachfolge von Sir Simon Rattle als künstlerischer Leiter des Festivals, bei dem er schon zu Zeiten des Gründervaters, Herbert von Karajan, künstlerisch mitgewirkt hat, an.
Im Gespräch mit der ,,Presse" erinnert er sich auch an die Zeiten als Karajan-Assistent im Festspielhaus.
Was ist Ihnen von damals, als Sie während der ,,Parsifal"- Einstudierung mit von der Partie waren, in Erinn...
Michael Schade als Florestan: ,,Abfahrtslauf?"
Im Gespräch. Ein lyrischer Tenor auf dem Weg ins Heldenfach? Wer mit Nikolaus Harnoncourt arbeitet, weiß, daß Beethoven Zeitgenosse Schuberts, nicht Wagners war.
Nikolaus Harnoncourt dirigiert ,,Fidelio" im Theater an der Wien: Mit Juliane Banse als Leonore und Michael Schade als Florestan, zwei für ihre Erfolge im lyrischen Repertoire berühmte Künstler, das ist, was man landläufig eine riskante Besetzung nennt: ,,Alle sagen mir jetzt: Halt die Ohren steif", bringt Michael Schade seine Begegnungen während der Probenarbeit auf den Punkt: ,,Es ist ein bisschen so, als würden alle vor dem Fernseher sitzen und warten, wie das ist, wenn der Schade jetzt die Streif hinunterfährt. Das Spektakel ist auf jeden Fall perfekt, denn entweder liegt der nac...
„Sollen wir Wotan mit einem Mezzo besetzen?!"
Im Gespräch. Franz Welser-Möst vor der ,,Wozzeck"-Premiere über sein breites Repertoire, eine Frauenquoten-Anfrage aus dem Parlament, den Sinn von Festivals und sein Verhältnis zu Dominique Meyer und Alexander Pereira.
Kommenden Sonntag holt die Staatsoper Alban Bergs ,,Wozzeck" in den Spielplan zurück. ,,An die Premiere dieser Inszenierung kann ich mich schon deshalb sehr gut erinnern, weil ich damals Claudio Abbados Assistent war", erzählt Franz Welser-Möst. Mittlerweile ist er Generalmusikdirektor der Staatsoper und hat sich vor Probenbeginn das Notenmaterial mit dem Blick des verantwortlichen Musikers angeschaut: ,,Da ist sehr viel herumkomponiert worden. Es finden sich Instrumentationsretuschen, die wir alle rückgängig machen. Wir versuche...
Volksoper: Die ganze Welt ist Hinterbühne
Im Gespräch. Mathias Fischer-Dieskau, Sohn des ,,Liederpapstes" Dietrich Fischer-Dieskau, entwirft sein viertes Bühnenbild für das Wiener Haus: Am 17. Februar hat Smetanas ,,Verkaufte Braut" in deutscher Sprache Premiere.
Als Sohn eines weltberühmten Vaters einen Beruf im selben Metier zu ergreifen, das ist nicht immer leicht. Mathias Fischer-Dieskau, Sohn des deutschen ,,Liederpapstes" und Opernstars Dietrich Fischer-Dieskau, hat dennoch von Kindesbeinen an keine Zweifel aufkommen lassen, daß es ihn zur Bühne drängt.
Oder hinter die Bühne, wie man's nimmt. ,,Ich fand ja", erzählt der Bühnenbildner, der eben in den Endproben für Smetanas ,,Verkaufte Braut" an der Volksoper steckt, ,,von klein auf die Spannung zwischen dem, was da vorn auf der Bühne...
Voss liest Voss, der über Voss geschrieben hat
Im Gespräch. Gert Voss hat seine Autobiografie "Ich bin kein Papagei" in ein Hörbuch verwandelt. Aus diesem Anlass philosophiert er über Sprache und die Musikalität, die auch das Sprechtheater braucht.
Gert Voss hat seine Memoiren geschrieben und vor Jahresfrist als Buch veröffentlicht. Nun hat er sie auch gelesen - auf CD erschien soeben die Hörbuchvariante von "Ich bin kein Papagei". Womit sich der Schauspieler auf eine neue Ebene begeben hat: Voss liest Voss, der über Voss geschrieben hat.
Beides, das Schreiben wie das Lesen des Geschriebenen, war keine leichte Übung. Die Biografie entstand im Gespräch zwischen dem Schauspieler und seiner Frau, der Dramaturgin Ursula Voss - und zwar in zwei Anläufen.
Zunächst wurden die Dialoge aufgenomme...