Mehr noch als bei anderen Großmeistern muß der Musikfreund auf historische Aufnahmen zurückgreifen, wenn es um das Werk Richard Wagners geht. Die Hochzeiten des Wagner-Gesangs sind lang schon vorbei. Giganten vom Schlage einer Kirsten Flagstad, eines Lauritz Melchior, die keine Mühe hatten, den Ansprüchen des Bayreuthers gerecht zu werden, ohne je ihre Stimmbänder überfordern zu müssen, sind Geschichte.
Umso wichtiger, daß es Livemitschnitte und einige, wenige Studioproduktionen dieser Künstler gibt, die ahnen lassen, daß man seit Jahrzehnten im sogenannten »schweren« Opern-Fach mit Ersatzvornahmen leben muß. Die Tatsache, daß die Klangqualität der alten Aufnahmen nicht eben berauschend, sondern häufig eher »verrauscht«, kann dem Vergnügen kaum Abbruch tun, Sänger zu hören, die ihren Partien wirklich gewachsen waren.
Die klangschönste Gesamtaufnahme, in der vor allem die metaphysischen Dimensionen der Musik dank wunderbarer Ausdrucksdichte des Orchesterspiels anklingen, stammt aus Berlin: Herbert von Karajan hat sie in Vorbereitung seiner Osterfestspiele 1980 mit seinen Philharmonikern eingespielt; allerdings keineswegs mit einer einheitlichen, geschweige denn idealen Sängerbesetzung. Der...
DISKOTHEK
Kompromisse für die kompromisslose Musik
Welche Interpreten Wagners Kühnheiten am eindrucksvollsten herausarbeiten.
Die Kunde von der angeblichen Unaufführbarkeit des "Tristan" hat sich seit dem spektakulären Scheitern der Kräfte der Wiener Hofoper anno 1863 als eine Art imaginärer Bannfluch erhalten. Zwar steht das Werk seit Ende des 19. Jahrhunderts ständig im Repertoir...
Franz Völker war einer der besten Interpreten der Titelpartie, verfügte er doch über das nötige heldische Potential, ohne die vielen Momente, in denen lyrische Qualitäten gefragt sind, ignorieren zu müssen. Ihm zur Seite in der Aufnahme unter Robert Heger aus Berlin, 1942, die wunderbare Maria Müller als Elsa und die dämonische Ortrud von Margarete Klose. Dem Alter zum Trotz eine der besten Einspielungen auf dem Markt. (Preiser)
Das etwas zähflüssige Dirigat Daniel Barenboims macht die Aufnahme mit Peter Seiffert ein wenig mühsam zu hören, doch lohnt es sich, dann Seiffert verfügt wie Völker über die Möglichkeit...
Eine »Tannhäuser«-Diskographie arbeitet mit Ersatzvornahmen. So wenig Richard Wagner eine - auch ihn selbst - befriedigende Endversion seines Musikdramas über den »Sängerkrieg auf der Wartburg« vorlegen konnte, so wenig wurden die Interpreten im XX. oder gar XXI. Jahrhundert den Anforderungen der beiden geläufigen Versionen (Dresden bzw. Paris) wirklich gerecht. Selbst die besten Einspielungen ode...
Eine vielgepriesene Gesamtaufnahme entstand 1968 unter der Leitung von Otto Klemperer in London. Wobei die Tonschönheit der Stimmen hier gewiß nicht im Vordergrund steht. Die Intensität des Gesangs aber entspricht jenem dramaturgischen Hochdruck, den Klemperer mit dem Orchester erzeugt. Das wird noch viel deutlicher in jenem Tondokument, das anläßlich von konze...