Zum Helden, nicht zum Wüstenschiff geboren
Peter Seiffert, der neue Zürcher Parsifal, wird in dieser Partie am Montag auch in Linz zu hören sein. Vom Mozarttenor zum Wagnerhelden: Der Sänger im Gespräch über seine Karriere.
Ach, das ist naturgegeben", sagt Peter Seiffert auf die Frage, wie man ungehindert vom Tamino zum Parsifal mutieren könne. "Man wird doch mit seinem Fach geboren. Es gibt Soubretten, die auch mit 80 noch nichts anderes sein können. Und es gibt junge Sänger, bei denen man mit 20 merkt, daß ihre Stimme für große Aufgaben bereit ist. Die Entwicklung kommt dann eigentlich von selbst. Es geht nur darum, die Anlagen richtig zu entwickeln und sich nicht vorzeitig kaputt machen zu lassen."
Zum Zwecke der dazu nötigen Kontrolle gab es früher einmal Dirigenten und Gesangslehrer,...
Wo bleibt die "Festspieldemokratie"?
Franz Welser-Möst will sich mit dem Faktum, daß man ihn bei den Salzburger Festspielen "ausgeladen" hat, nicht ohne weiteres abfinden. Er fragt ihn Briefen nach Gerard Mortiers "Demokratieverständnis".
Aus verschiedenen Gründen" sei das Direktorium der Salzburger Festspiele übereingekommen, das geplante Konzert der Camerata academica unter der Leitung des Dirigenten Franz Welser-Möst im August 1997 abzusagen. "Das mit den ,verschiedenen Gründen' steht wortwörtlich in dem Fax, das ich bekommen habe", berichtet der erboste Dirigent im Gespräch mit der "Presse". Er ist überzeugt, die Absage hätte nichts mit den angedeuteten "Sparmaßnahmen" und dem Faktum zu tun, daß die Anzahl der Veranstaltungen bei den Festspielen reduziert werden müsse. Vielmehr sei die...
Allegro vivace mit kleinen Bosheiten
"Falstaff" werden die meisten sagen, wenn es darum geht, spontan die ideale Rolle Giuseppe Taddeis zu nennen. Im launigen Gespräch zum 80. Geburtstag fielen dem Sänger einst noch ganz andere Partien ein - auch solche, die er damals immer noch sang!
Kurz nach seinem triumphalen Salzburger Auftritt - im August 1996 im Zelt des Festes von Hellbrunn -, vor seiner Rückreise nach Rom, präsentierte sich der achtzigjährige Giuseppe Taddei in blendender Laune. Im Gespräch erweist sich, daß der Jubilar jung geblieben ist. Sehr jung. Und daß er als wohl einziger Spitzensänger seiner Generation nach wie vor auf der Bühne steht.
Wie erhält man sich soviel Energien bis in dieses Alter? "Das macht der liebe Gott", sagt Taddei und lächelt verschmitzt: "Außerdem passe...
»Ich stehe werbend auf der Omnibusmesse«
Harald Serafin hat auf seine Weise PR-Arbeit geleistet und Erfolg gehabt: 128.000 Menschen kamen nach Mörbisch, um die "Fledermaus" zu sehen. Ein glücklicher Intendant im Gespräch.
VON WILHELM SINKOVICZ
Als ich mein Amt angetreten habe, waren in Mörbisch vielleicht 53.000 Besucher. Nach dem Versuch mit dem Musical ,Sissy' sind es sogar nur 36.000 gewesen, und man hat überlegt, ob man die Seefestspiele nicht überhaupt einschlafen läßt." Heute ist es anders: Am 25. August konnte der stolze Intendant vor mehr als 4000 Besuchern der letzten Aufführung der "Fledermaus" hintreten und eine Brandrede für die Operette halten. 128.000 verkaufte Karten bestätigen, daß Operette, gut gemacht, so viel Publikum haben kann, wie schon lange nicht.
Im Gefolge des "un...
Friedrich Cerha steht heuer im Mittelpunkt einer Retrospektive im Rahmen der Salzburger Festspiele. Im Gespräch mit der "Presse" analysiert der Jubilar seine künstlerische Entwicklung.
Die große, über alle Festspielwochen erstreckte Cerha-Retrospektive ist gewiß der bemerkenswerteste Teil des heurigen Salzburger Programms. Der Komponist, der heuer 70 Jahre alt wurde, freut sich über die Anerkennung, die den bisherigen Höhepunkt im "Crescendo" der Akzeptanz bedeutet, die sein Werk nicht nur in seiner Heimat Österreich genießt. Es ist das erstemal, daß Cerhas Schaffen umfassend vorgestellt wird. Auch das umfangreichste und bis heute wohl spektakulärste Werk aus seiner Feder, die "Spiegel", waren zu hören: Cerha selbst stand am Pult des ORF-Symphon...
Machtproben auf Kosten der Salzburger Oper
Riccardo Muti dient der Oper nur in einem Salzburg ohne Mortier.
Riccardo Muti hat am Wochenende klargestellt, daß er bei den Salzburger Festspielen nur mehr Konzerte dirigieren werde. Mit Direktoriumsmitglied Hans Landesmann sei er sich bereits über die Programmierung seines Auftritts mit den Wiener Philharmonikern 1997 klargeworden. Mit Gerard Mortier, der für die Oper zuständig ist, gebe es jedoch keine Gesprächsgrundlage mehr. Oper werde er daher erst dann wieder im Festspielhaus dirigieren, wenn Mortier nicht mehr Mitglied des Direktoriums sei. Die Koinzidenz mit einer ähnlichen Aussage des scheidenden Schauspielintendanten Peter Stein sei "reiner Zufall", meinte Muti im Gespräch mit der "Presse": "Ich habe davon erst erfahren, als ich mein S...
Der philharmonische Maestro 2000
Simon Rattle wird vom Geheimtip zum Marktführer. Die Wiener Philharmoniker planen CD-Projekte und Konzertauftritte mit dem Briten. Salzburgs Festspiele setzen auf ihn für selten gespielte Opern. Im Gespräch schildert Rattle seine Erfahrungen mit Österreichs Musikleben.
Früher mußte sich ein junger Dirigent, der mit den Wiener Philharmonikern Beethoven musizieren wollte, an Vorbildern wie Furtwängler, Böhm oder Karajan messen lassen. Die Zeiten sind vorbei. Im ausgehenden 20. Jahrhundert heißt die Fragestellung vielmehr: Wird der Künstler es schaffen, den Philharmonikern eine "zeitgemäße", das heißt an den Errungenschaften der "Originalinstrumentenschule" orientierte Spielweise abtrotzen können? So kurios das klingen mag, so ernsthaft muß heutzutage über de...
Kreneks Nachlaß: Wer bietet mehr?
Eine Stiftung in Wien oder viel Geld für die Ernst-Krenek-Gesellschaft in Kalifornien? Wenn Wien die Bedingungen der Komponisten-Witwe Gladys Krenek nicht akzeptiert, wandern wertvolle Manuskripte nach Berlin oder New York.
Gladys Krenek, Witwe nach Ernst Krenek, weilt in Wien, um ihren Standpunkt zu präzisieren: Sie wünscht sich eine Stiftung mit Sitz in Wien, die sich um die Pflege der Werke ihres verstorbenen Mannes kümmert. Die Stadt Wien müßte zu diesem Zweck 20 Millionen Schilling als Stiftungs-Summe einbringen. Im Gegenzug würden die noch in Kalifornien befindlichen Manuskripte Kreneks der Wiener Stadtbibliothek einverleibt.
Eine diesbezügliche Vereinbarung war schon zu Lebzeiten des Komponisten angestrebt worden. "So lange Ernst Krenek lebte", erl...
Wiens neue Brünnhilde
Deborah Polaski debütiert am Samstag an der Seite von Placido Domingo als Brünnhilde an der Wiener Staatsoper: Eine amerikanische Heroine mit Humor im "Gespräch.
Geboren wurde sie in Wisconsin. Das liegt in den USA und hat, wie die Sängerin bekennt, etliche Einwohner, die nicht wissen, wie man das Wort "Opera" überhaupt buchstabiert. Trotzdem ist die großgewachsene Sängerin zum international gefragten Opernstar geworden. Daß sie über ein differenzierendes Gehör verfügt, war schon abzulesen, als man ihr - mehr durch Zufall als in musikpädagogischer Absicht, eine Schallplatte mit Opernarien zum Geschenk machte. Klein Deborah hörte nicht alle vierzig Nummern der Sammlung mit gleichem Vergnügen, sondern beschränkte sich bald auf jene Abschnitte der Vinylscheibe, die die ...
»Schlafes Bruder« als Oper: Paraderolle für einen jungen Tenor
Die Festwochen zeigen demnächst eine österreichische Oper, die Sonntag in Zürich uraufgeführt wurde: Roberto Sacca, für den Komponist Herbert Willi die Hauptrolle schrieb, im Gespräch über den Premieren-Erfolg.
Den Film zu Robert Schneiders Kultbuch "Schlafes Bruder" hat er nicht gesehen: Roberto Sacca, deutsch-italienischer Jungtenor, der bisher im Rossini- und Mozartfach aufhorchen ließ, hat sich lieber gleich die Hauptrolle in der gleichnamigen Oper auf den Leib schreiben lassen: "Ich wollte meine Phantasie nicht durch Kinobilder beeinflussen, war fasziniert vom Buch und traf den Komponisten Herbert Willi: Er selbst war für mich die Inkarnation der Romanfigur des Elias".
Komponist und Sänger fanden schließlich beide autobio...