Die Spezialistin für jede musikalische Gelegenheit
Ildiko Raimondi rettete dieser Tage nicht nur "Wiener Blut" in der Volksoper, sondern demonstrierte auch in der Staatsopern-"Fledermaus" ihre Vielseitigkeit.
Im Gespräch wirkt die Vielbeschäftigte ruhig, als ob sie gerade auf Urlaub wäre. Dabei zählt sie zu den Stützen des Staatsopern- wie des Volksopernensembles und springt dabei immer wieder über alle Fachgrenzen. Vor ein paar Monaten begeisterte sie in der "Fledermaus" in Schönbrunn als Rosalinde. Zu Silvester war sie in der Staatsoper wieder Adele - und sprang in der Volksoper im selben Zeitraum noch als "lustige Witwe" ein.
Ob das der Stimme guttut? "Man springt ja nicht wirklich", sagt die Sängerin, "man singt alle Rollen mit seiner Stimme, technisch unverändert." Freilich: Wer gerad...
Mit 14 ist er schon ein Liebhaber gewesen
Jon Fredric West ist der neue Tristan. Seit seinem Münchner Debüt reißen sich die Opernhäuser um ihn. Nach der Staatsoper erlebt nun der Musikverein den neuen Wagnerhelden. Der Tenor im Gespräch.
Lorin Maazel brachte Jon Fredric West nach Europa. Nach Erfahrungen in amerikanischen Konzertsälen verpflichtete der Dirigent den Tenor für die Wiedereröffnung des Münchner Prinzregententheaters und sorgte damit für eine veritable Sensation: Seit der TV-Übertragung dieses Ereignisses wissen die Operndirektoren, daß es endlich wieder eine neue wagnergeeichte Stimme gibt.
Der Sänger selbst nimmt das gelassen hin: "Ich fühle mich wohl. Mir haben sie schon als ich 14 war, gesagt, daß ich einmal ein dramatischer Tenor werden würde. Und sie haben mich gleichzei...
Dresdens flotter neuer Opernchef
Semyon Bychkov, einst Karajans liebster Nachfolgekandidat, hat es vorgezogen, behutsam Karriere zu machen. Jetzt bekleidet er wichtige Chefpositionen. Der Dirigent im Gespräch.
Er war kaum dreißig, als Herbert von Karajan meinte, dieser junge Russe käme als Chef der Berliner Philharmoniker in Betracht. Auch wenn das auch nicht gleich in die Tat umgesetzt wurde: Der Name Semyon Bychkovs war plötzlich in aller Munde. Daraus hätte sich Kapital schlagen lassen. Aber der junge Mann war schlau genug, zu wissen, daß in der Musik Blitzkarrieren auch relativ schnell wieder zu Ende gehen können. Er zog es also vor, sein Können langsam und stetig zu entwickeln, war zuletzt führend beim Maggio musicale in Florenz und leitet das Orchestre de Paris - immerhin war auch d...
Wie aus einem Cellisten ein Mozart-Rebell wird
Nikolaus Harnoncourt leitet am Wochenende ein ungewöhnliches Mozart-Programm im Musikverein. Der Dirigent im Gespräch über Interpretation, Oper, Wien und Salzburg.
Was wir diesmal machen, ist eigentlich ein reines Theaterprogramm, aber mit Musik, die man im Theater nicht hören kann", kommentiert Nikolaus Harnoncourt sein Doppelkonzert mit dem Concentus musicus und prominenten Solisten im Musikverein. "Wir beginnen mit einer Sinfonia, einer Theaterouvertüre, in der Mozart sozusagen das ganze Werkzeug, mit dem er in den nächsten Stunden arbeiten wird, vor dem Hörer ausbreitet. Da spürt man in jedem Ton schon Theaterluft. Dann folgen Szenen, die zum Teil für Opern als Zweitarien geschrieben worden sind, oder die nie aufgeführt werden, die Arie d...
Auch leise zu singen ist eine Tugend"
Vesselina Kasarova, Mezzosopran aus Bulgarien mit Schweizer Paß, erklärt im Gespräch, warum sie so selten in Österreich singt.
Jüngst stahl sie im Musikverein einem prominenten Dirigenten die Show. Erst 1999 ist der nächste Auftritt in der Wiener Staatsoper geplant - in der Zwischenzeit singt Vesselina Kasarova an nahezu allen großen Häusern der Welt. Auch die Salzburger Festspiele wissen um die Zugkraft des immer noch ziemlich neuen Namens. Die Kasarova, die in Wien während der vergangenen paar Jahre Ensemblemitglied war, gilt bereits als Publikumsliebling. Vor allem mit ihrer Gestaltung des Sextus aus Mozarts "Titus" hat sie Furore gemacht. "Ich könnte mir durchaus vorstellen, einmal die Vitellia zu singen", meint die Künstlerin im Gespräch und spie...
»Noch ist es bei uns nicht verboten, mehr als 40 Stunden zu arbeiten«
Die Wiener Philharmoniker, gerade heftig von den Grünen attackiert, wehren sich. Mit der Salzburger Festspielführung haben sie sich arrangiert. Orchestervorstand Clemens Hellsberg im Gespräch.
Die jüngsten Attacken gegen die Philharmoniker kamen zur Abwechslung nicht aus Salzburg, sondern von den Grünen. Man hat Mitgliedern des Orchesters vorgeworfen, durch ihre Unterrichtstätigkeit an der Musikhochschule zu Doppelverdienern geworden zu sein.
Clemens Hellsberg: Es ist erschreckend zu sehen, welcher Mangel an Kompetenz in der Politik herrscht. Ich weiß nicht, ob Rückschlüsse zugelassen sind, aber wenn die Herrschaften auf anderen Ebenen, wo es wirklich ums Überleben geht, auch so wenig verstehen sollten, dann hielte ich ...
Schwangere Philharmonikerinnen, Sängerknaben auf Bewährung
Staatsoperndirektor Ioan Holender packt heiße Eisen an. Ein Gespräch.
Sie sind im September 1991 an der Seite Eberhard Waechters in die Direktionsetage der Wiener Staatsoper eingezogen und fungieren seit April 1992, nach Waechters plötzlichem Tod , als alleiniger Chef des Hauses. Was war der dominierende Aspekt dieser Jahre?
Ioan Holender: Nur wenige haben daran geglaubt, daß es gelingen könnte, ein Ensemble von unten aufzubauen. Früher haben junge Sänger, die Verträge mit kleineren, deutschen Häusern hatten, als kommende Talente in Wien gastiert. Eberhard Waechter und ich wollten das umdrehen. Unsere Parole: Es ist nicht wichtig, woher ein Sänger kommt, es ist wichtig, wohin er von Wien aus geht. Ich erwähne nur Natalie Dessay, E...
Es ist nicht unanständig, über Geld zu reden"
Sinkende Umsätze in der CD-Branche kennzeichnen die Krise auf dem "Klassik-Markt". Gefragt sind neue Ideen. Der Londoner Plattenboß Peter Alward (EMI) über seine Zukunftsvisionen.
Es ist keine Frage, daß wir im CD-Geschäft nicht gerade einen Boom erleben", sagt Peter Alward, Chef der Klassikabteilung von EMI, London, im Gespräch mit der "Presse". Aber er sieht in der Talsohle auch die Chance eines künstlerischen Neubeginns für die großen Plattenfirmen. Die Branche wisse längst, daß sie in einem "langfristigen Geschäft" tätig ist.
"Nehmen wir eine Opernproduktion", rechnet Alward vor, "die kostet ungefähr sieben bis acht Millionen Schilling. Wenn wir da auf Null kommen möchten, müssen wir auch im besten Fall acht Jahre warten."
Bitte keinen Rin...
Gang durchs Fegefeuer
Die Wiener Philharmoniker treten erstmals mit Mariss Jansons im Musikverein auf. Der Dirigent im "Presse"-Gespräch über seine eben überwundene Erkrankung, künftige Pläne und "Wien-Ängste" der Dirigenten.
Sein Debüt mit den Philharmonikern hat Mariss Jansons, der langjährige Chefdirigent der Osloer Philharmoniker, bereits vor mehreren Jahren im Konzerthaus gefeiert. Aber das war ein "außerordentliches" Konzert, das - nicht durch die Schuld des Dirigenten - unter keinem günstigen Stern stand. Jetzt erhält der längst weltberühmte Künstler die "wahren" philharmonischen Weihen und dirigiert erstmals ein Abonnementkonzert des Orchesters. Wien war für den Maestro aus dem Baltikum, der während seiner ersten Jahre im damaligen Leningrad Favorit des großen Jewgeni Mrawinsky w...
»Eine ganz normale Karriere - wie Luciano«
Roberto Alagna singt dieser Tage den Rudolf in Puccinis "Boheme" und den Nemorino in Donizettis "Liebestrank" an der Wiener Staatsoper. Der neue Tenor im Gespräch.
Die Werbemaschinerie, die seinen Namen in aller Welt bekannt macht, rotiert auf Hochtouren. Die Erzählungen von der Entdeckung des jungen Tenors, während er sich als Sänger in einer Pariser Pizzeria sein Geld verdiente, könnten ein tränendrüsendrückendes Drehbuch abgeben. Alagna, der in Paris geborene Sohn sizilianischer Eltern, aufgewachsen in einem von Opernarien erfüllten Haus, ist ideales Objekt zur Legendenbildung.
Immerhin: Er gewann den Pavarotti-Wettbewerb, überzeugte Dirigenten wie Georg Solti und Riccardo Muti und produziert im Moment eine Opernaufnahme nach der andern. Zulet...