»Lang genug unterwegs«
Interview. Kammersängerin Angelika Kirchschlager über die Strapazen des Musiktheaters und des Reisens, die Liebe zu den Liedern und die Tücken der Mathematik.
Wiens jüngste Kammersängerin heißt Angelika Kirchschlager. Die Salzburgerin ist längst ein Weltstar und dabei so sympathisch unkompliziert geblieben wie kaum eine Künstlerin, die in Sachen Musik um die Welt reist. Wobei die Sache mit den Weltreisen für Angelika Kirchschlager längst nicht mehr so erfreulich sein dürfte wie das am Beginn ihrer Karriere war, als sie sich über das enorme Interesse, das man ihr entgegenbrachte, natürlicherweise besonders freute. Wenn man ihr zum Gespräch gegenüber sitzt, lässt die Sängerin keinen Zweifel daran, dass ihr heutzutage viel eher daran gelegen ist, längere Stre...
»So tollkühn bin ich nicht!«
Quo vadis Volksoper? Das designierte Direktoren-Team von Wiens "anderem" Repertoire-Opernhaus, Robert Meyer und Rainer Schubert, im Gespräch über die Zukunft von Operette und Oper in der Landessprache.
Im Herbst übergibt Volksopern-Direktor Rudolf Berger - ein Jahr früher als geplant - die Agenden an seine Nachfolger. Zwei Herren aus dem Burgtheater übersiedeln ins Haus am Gürtel: Publikumsliebling Robert Meyer, der als Singschauspieler schon des öfteren in der Volksoper gastiert hat, und Rainer Schubert, der mit Klaus Bachler vor einigen Jahren aus der Volksoper an die Burg übersiedelt ist und nun in "sein" Haus zurück wechselt.
Im Gespräch über die Zukunft des zweiten Wiener Opernhauses gaben die beiden Herren anlässlich der letzten Veranstaltung i...
Strauß und das aufg'wärmte Gulyas
Im Gespräch. Heinz Zednik übers Theaterspielen und seine erste Wiener Regie-Arbeit.
Er ist ein Erzkomödiant. Und wie alle guten Komödianten nimmt er seinen Beruf bitterernst. Wenn Heinz Zednik übers Theatermachen erzählt, dann gibt er seinem Gesprächspartner mit jeder Silbe zu verstehen, dass er keinen Spaß versteht, sobald es ums Späßemachen geht. Über die Jahre und Jahrzehnte als Ensemblemitglied der Wiener Oper und als international gesuchter Interpret hat er von den Bayreuther Festspielen bis an die Met die Hauptpartien des Charakterfachs gesungen. Dabei hat sich der Blick fürs theatralische Räderwerk geschult. Er weiß, was es heißt, wenn auf der Bühne etwas ganz leicht aussieht - und wie dazu alle, von der kleinsten Charge bis zur Diva zusammenwirken...
»Dann singen Sie's halt kroatisch!«
Sena Jurinac 85. Der beste aller "Rosenkavaliere" über Karriere 1945 und Oper heute.
Ach, das ist eigentlich von selber gegangen", sagt Sena Jurinac heute, an ihrem 85. Geburtstag, wenn sie auf ihre fulminante Karriere zurückblickt. "Als Kind", sagt sie, "hab' ich ja schon immer am lautesten gebrüllt. In der Klosterschule war ich es, die mit den Nonnen die Messen angefeuert hat." Hinzu kam die Lust am Spiel, gefördert durch die Tanzschule: "Mit der sind wir im Auftrag vom Ministerium nach Rotterdam gefahren, slawische Volkstänze aufzuführen. Schicksalhaft: Auf der Fahrt war der zweite Kapellmeister der Oper von Agram mit. Der hat gesagt: Das Mädel muss singen lernen. Meine Mutter natürlich: Um Gottes willen, das ist doch kein Beruf!"
Und ob es einer war...
»Es wird wohltuend unpolitisch!«
Christian Thielemann im Gespräch. Während der Proben zum Bayreuther "Ring".
Ich musste innerhalb einer Woche einmal durch alle vier durch. Hier beginnt man ja gleich mit der Sitzprobe": Nicht ganz ohne leises Stöhnen berichtet Christian Thielemann von den Schlussproben für seinen ersten "Ring des Nibelungen" bei den Bayreuther Festspielen. "Es erfordert", sagt er, "eine ganz andere Art, sich die Kräfte einzuteilen."
Am 26. Juli beginnt mit dem "Rheingold" der Premierenzyklus des neuen "Rings" im Wagner-Festspielhaus. Der Dramatiker Tankred Dorst ("Merlin") führt Regie, und Thielemann dringt als derzeit vielleicht weltweit meist gesuchter Wagner-Dirigent quasi in den Olymp vor. Immerhin: Richard Wagner hat sich das Festspielhaus für die Uraufführung seiner ...
»Nur mit Provokation kommt man nicht weit!«
INTERVIEW. Dirigent Günter Neuhold über die "Zigeunerbaron"-Premiere und die Direktorensuche an der Volksoper.
Eine heikle Premiere in einem der heikelsten Momente der jüngeren Geschichte des Hauses: Die Volksoper präsentiert eine Neuinszenierung der Johann-Strauß-Operette "Der Zigeunerbaron", ein Werk, an dessen Rezeption sich mustergültig ablesen lässt, wie viel Tradition und Selbstverständlichkeit im Umgang mit der Operette uns in den vergangenen Jahren abhanden gekommen ist.
Dem "Zigeunerbaron" galt eine der haarsträubendsten Verunstaltungen eines Klassikers, die in Wien zuletzt zu erleben war. Das war die bisher letzte Premiere dieses Werks 1998 an der Volksoper. Die Neuinszenierung, die am Sonntag aus der Taufe gehoben wird, steht aber nic...
»Ich habe ja das C und präsentiere es gern«
Johan Botha. Der Tenorstar im Gespräch über die Frage, warum er sich in Wien demnächst rarer machen wird.
Johan Botha, gefeierter Heldentenor in aller Welt, stammt aus Südafrika, hat aber Wien zu seinem Lebensmittelpunkt gemacht. Nicht zuletzt deshalb hat er hier an der Volksoper wie an der Staatsoper die Vielfalt seines stimmlichen Könnens seit Jahren konsequent unter Beweis gestellt. Er sang den Rudolf in Puccinis "Boheme" ebenso wie den Walther von Stolzing in Wagners "Meistersingern", den Florestan in Beethovens "Fidelio" wie Verdis Don Carlos. Zuletzt war er in beeindruckender Abfolge Lohengrin und Radames ("Aida"), diese Woche ist er der Titelheld im vorösterlichen "Parsifal".
Solche Botha-Festspiele, vom Publikum jedesmal mit Ovationen be...
Bis zum Punkt, an dem es keine Hoffnung gibt
Wiens "Evangelimann". Der Tenor Jürgen Müller im Gespräch vor der Premiere der Kienzl-Oper in der Volksoper.
Alle haben mir gesagt: Du wirst den Siegfried singen", erzählt der deutsche Tenor Jürgen Müller über die Tage, in denen seine Stimme entdeckt wurde. In der Premiere von Wilhelm Kienzls "Evangelimann" kommenden Sonntag in der Wiener Volksoper wird er die Titelpartie singen. Wagner-Erfahrungen liegen schon viele hinter ihm. "Ich dachte zuerst ja, ich hätte damit viel Zeit. Es war auch Zufall, dass Christine Mielitz für ihr ,Ring'-Projekt in Meiningen sozusagen über Nacht einen jungen Siegfried gesucht hat." Das war 2000. Beim längst legendären "Ring des Nibelungen an vier aufeinander folgenden Abenden" dabei gewesen zu sein, das war nicht ...
Verdis Sturm ist kein Wetterbericht
Meistersinger, Otello. Regiestar Christine Mielitz im Gespräch vor Wiener Premieren.
In Tokio hatte jüngst Verdis "Otello" Premiere. Die Inszenierung wird als erste Premiere der kommenden Spielzeit auch in der Wiener Staatsoper zu sehen sein. Regisseurin Christine Mielitz berichtet im "Presse"-Gespräch, wie sie an Verdis vorletztes Bühnenwerk herangegangen ist. Eine Shakespeare-Bühne werde es geben, meint sie, "wie sie heute denkbar ist, das heißt, vielleicht sieht sie eher aus wie ein Boxring. Aber simple Modernismen lassen wir bleiben: Es gibt keine Trenchcoats, kein Handy!"
Kampf, blutiges Kriegsgeschäft, sei die Grundlage für das Drama, meint die Mielitz, die Shakespeares Werk, das Arrigo Boito so kongenial zu einem Libretto gemacht hat, keinesfalls...
Das haben die letzten drei Direktoren verhaut"
Ioan Holender im Gespräch. Über die Volksoper, das Spielplan-Chaos und die Leuchttürme der Kulturnation.
Ich habe nie über eine Fusion gesprochen", beruhigt Staatsopern-Direktor Ioan Holender. In der Volksoper gehen die Wogen hoch, weil in den vergangenen Wochen hinter den Kulissen die unterschiedlichsten Szenarien für die Zukunft der Bundestheater entworfen und diskutiert wurden. Nachdem eine zweite Ära Holender für das Haus am Gürtel nicht zustande kam, denkt der Staatsopernchef nun darüber nach, wie die Zukunft aussehen könnte. Vor allem in künstlerischen Fragen müsse es eine präzise Koordination der Spielpläne geben. "Die Volksoper soll", sagt der Staatsopernchef, "sich von der Staatsoper klar abgrenzen, sich aber mit ihr auch gut ergänze...