Es gibt keine Krise bei den Symphonikern
Fabio Luisi, designierter Chefdirigent des Wiener Konzertorchesters, im Gespräch.
Ich bin zwar künstlerischer Leiter und daher nicht im Detail in alle finanziellen Dinge eingeweiht. Das ist auch nicht mein Job. Aber ich habe nicht das Gefühl, dass es bei den Wiener Symphonikern eine Krise gibt." So reagiert Fabio Luisi, designierter Chefdirigent, auf die jüngsten Meldungen um Budgetprobleme bei Wiens wichtigstem Konzertorchester.
"Ich glaube das deshalb nicht", präzisiert er seine Aussage, "weil wir dann unsere Tätigkeit reduzieren müssten. Das Gegenteil ist der Fall. Es gibt keine entsprechenden Auflagen von Seiten der Stadt Wien und wenn auch klar ist, dass jeder heutzutage mit seinem Geld auskommen muss, dass gut gewirtschaftet werden muss, so k...
Operette: »cool und hip!«
Michael Lakner, Intendant der Lehar-Festspiele Bad Ischl, über die Chancen der "Leichten Muse".
Operette - das ist eine Erfolgsgeschichte bis heute, doch scheel angesehen von Zeitgeist-Kommentatoren, denen der enorme Publikums-Zuspruch, den die so genannte Leichte Muse immer noch hat, ein Dorn im Auge ist. Trotzdem nimmt es ein junger Intendant auf sich, trotzdem in Bad Ischl Operetten-Festspiele zu veranstalten?
"Unlängst", meint Michael Lakner, "wurde eine Studie veröffentlicht, der zufolge will der heutige Mensch Spaß und Sinn vereinen. Wo können sie und er dies besser als in der Welt der Operette?" Entsprechend weit fasst der Intendant daher die Möglichkeiten, mit Operette Publikum anzusprechen: "Wir sind für alle da! Für die Jungen, für Business People und f...
Wozu brauchen Orchester eigentlich Chefdirigenten?
Offene Fragen in Mailand, Wien, Berlin und anderswo. Antworten in Chicago und Moskau. Und Wladimir Fedosejew im Gespräch.
Es war eine Sternstunde: Der vorletzte Abend des Rachmaninow-Zyklus' zum Geburtstag Oleg Maisenbergs im Musikverein bescherte die "Paganini-Rhapsodie" op. 43 in einer Vollendung, die im heutigen Musikleben äußerst rar ist. Maisenbergs Spiel in Rachmaninows feinziselierten Metamorphosen des Paganini-Themas findet bruchlos vom zartesten Apercu zum breit strömenden Gesang, verschmilzt mit dem in allen Lagen weich modellierten, prachtvoll ausregistrierten Klang des Moskauer Tschaikowsky-Orchesters zum ebenso virtuosen wie berührend schönen Ganzen.
Ein künstlerischer Seiltanz, der wieder einmal überlegen lässt, unter welche...
INTERVIEW
Unverwechselbare Musik für Salzburg
Als Vorkämpfer für die Musik der Moderne wurde er bekannt, als Konzertchef will Markus Hinterhäuser ein neues Profil für die Festspiele suchen. Der designierte Musik-Chef der Festspiele, über seine Visionen
Da würde ich lügen", sagt er, "wenn ich jetzt die Grundlinien eines großen Konzepts zu skizzieren versuchte, das ich für die Salzburger Festspiele habe" - Markus Hinterhäuser gibt sich im "Presse"-Gespräch pragmatisch: Was er über Musik und über die Möglichkeit denkt, ein spannendes Programm zu entwickeln, hat er schließlich früher bereits gezeigt. Die Meldung kam ja nicht überraschend: Hinterhäuser, Mitinitiator des "Zeitfluss"-Festivals, das am Rande der Salzburger Festspiele seit den frühen neunziger Jahren für Beschäftigung mit der Avan...
Der Pianist und Dirigent im Gespräch anläßlich eines Gast-Auftritts im »Musiksalon«, im Jänner 2005
Dirigieren ist gesund
Herbert von Karajan hat einmal in einem besonders emotionalen Moment von Verdis "Otello" ausgerufen: "Ah, das tut gut!" Tut Dirigieren wirklich gut?
Daniel Barenboim: Dirigieren muss gesund sein. Nicht umsonst sind wohl so viele Kollegen so alt geworden, was vielleicht daran liegt, dass es beim Dirigieren zur aktiven Vereinigung der physischen und geistigen Kapazitäten des Menschen kommt. Und dass Musik immer neu ist! Ich denke gern an Artur Rubinstein, der schon Ende achtzig war und immer noch die As-Dur-Polonaise von Chopin gespielt hat. Es ist ihm nicht langweilig geworden!
Wie aufregend ist es für Sie zum Beispiel, wenn Sie mit den Wiener Philharmonikern - wie für ...
»Der Geist der Moderne ist weg«
Kurt Schwertsik, dessen jüngste Oper demnächst in Wien zu erleben sein wird, im Gespräch über das Komponieren im 21. Jahrhundert.
Manchmal glaub' ich schon, ich leb' auf dem falschen Planeten", sagt Kurt Schwertsik. Er lächelt dabei gar nicht so verschmitzt, wie man das von ihm gewohnt ist, sondern meint es ganz offenkundig tiefernst: "Da hör' ich den so genannten Kultursender Ö1 und dann spielen die dort eine Stunde lang Björk. Die singt doch so scheußlich."
"Ich habe das Gefühl, dass alles ein bisschen an die Oberfläche abgleitet", räsoniert Schwertsik weiter: "Die Kriterien, die an die so genannte E-Musik gelegt werden, sind mehr und mehr jene, mit denen man Schlager beurteilt. Ich weiß nicht: Es stört mich, wenn man so tut, als ob zwischen Beethovens O...
INTERVIEW
Was man lernen kann
Franz Welser-Möst denkt über künstlerische Intuition nach - und staunt über Salzburg.
Am Dienstag, dem 21. Dezember, diskutieren im Wiener RadioKulturhaus Nikolaus Harnoncourt, Anton Zeilinger und Georg Springer zum Thema "Die Kunst der Intuition". Im Vorfeld dieser Veranstaltung im "Presse"-Zyklus "kunst:werte" machte sich der Dirigent Franz Welser-Möst, eben auf kurzem vorweihnachtlichem Entspannungs-Aufenthalt im Salzkammergut, im "Presse"-Gespräch Gedanken über den gewählten Titel.
Der Begriff der Intuition wird, so sagt Welser-Möst, "im herkömmlichen Sprachgebrauch gern mit Eingebung übersetzt, was im Übrigen nicht ganz falsch ist. Aber es geht darüber hinaus. Wer sich mit dem Wort genauer beschäftigt, erkennt bald, dass es eigentlich das Erkennen des We...
Interview
Sabbatical zum Tanzen
Maxim Vengerov, der Welt begehrtester Geiger, spielt heute in Wien und freut sich auf ein "freies Jahr" zum Tango-Tanzen.
Von Wilhelm Sinkovicz
Ein Wirbelwind aus Novosibirsk ist er, ungemein impulsiv und quirlig, voll Energie: So könnte man Maxim Vengerov charakterisieren, mit seinen 30 Jahren der heute vielleicht gesuchteste Geiger der Welt. Im Musikverein spielt er heute, Dienstag, auf, die erste Brahms-Sonate, das Scherzo und einen zweiten Teil, sozusagen auf Zuruf, "improvisatorisch", sagt er selbst: "Wir haben ein Riesen-Repertoire drauf. Wollten wir alles spielen, wir bräuchten vier Stunden."
So will sich Maxim Vengerov heute also von der Stimmung leiten lassen. Von seiner und von der im Saal. Das Publikum wirkt auf diese Weise mit, je nachdem, wie es...
Im Gespräch
Daheim im Dreivierteltakt
Lorin Maazel, soeben zu Vorbereitungen für das Neujahrskonzert in Wien, über Wien, New York, Kinder und seine Orwell-Oper.
Da war ich natürlich sehr aufgeregt", erinnert sich Lorin Maazel an seinen ersten Auftritt als Neujahrs-Dirigent am Pult der Wiener Philharmoniker. Das war 1980 und es war ein Wagnis, das die Musiker eingegangen waren, erstmals nach vielen Jahren, die der philharmonische Konzertmeister Willy Boskovski dirigiert hatte, einen internationalen Dirigentenstar ans Pult zu bitten.
"Ich habe damals", erzählt Maazel weiter, "immer wieder die Frage gestellt: Ist das richtig so? Die Kollegen im Orchester haben mir sehr geholfen. Ich wollte ja keine Traditionen brechen, sondern sie pflegen. Irgendwie hat das dann offenbar doch gestimmt, denn ...
CARINTHISCHER SOMMER
Vorwärts mit Tradition
Mit Thomas Daniel Schlee sorgt beim Carinthischen Sommer ein neuer Intendant für innovative Signale - durchaus im Zeichen der Tradition.
Thomas Daniel Schlee übernimmt in diesem Sommer von der langjährigen erfolgreichen Intendantin Gerda Fröhlich die Leitung des Carinthischen Sommers. "Ich bin mir durchaus bewusst", sagt er im Gespräch mit der "Presse", "dass ich hier ein traditionsreiches Festival übernommen habe und ich möchte auch ganz speziell an die Geschichte anknüpfen." Die bemerkenswerteste Errungenschaft des 1969 vom philharmonischen Trompeter Helmut Wobisch gegründeten "Carinthischen Sommers" war über Jahre hin die Aufführung von Kirchenopern. Benjamin Brittens "Verlorener Sohn" entwickelte sich sogar zu einer Art carinthischem "Jederm...