Abschied von einem Welt-Ensemble
Alban Berg Quartett. Gespräch mit Primgeiger Günter Pichler, der das legendäre Ensemble mitbegründete und dieser Tage auf die unwiderruflich letzte Tournee führt.
Eine Ära geht zu Ende. Die letzten Wiener Auftritte des Alban Berg Quartetts sind Geschichte. Anfang der Siebzigerjahre gegründet, hatte das Ensemble bald Epitheta wie "bestes Streichquartett der Welt" geerntet. Nach zwei Wechseln in den Mittelstimmen hieß die Besetzung seit 1981 Günter Pichler (Violine 1), Gerhard Schulz (Violine 2), Thomas Kakuska (Bratsche) und Valentin Erben (Cello). Konzertzyklen in aller Welt setzten Standards in Sachen Klassiker-Interpretation ebenso wie in den konsequent aufgenommenen Werken der musikalischen Moderne.
Von den Begegnungen mit den führenden Komponisten de...
Kein Leben ohne Bühne!
Daniela Fally. Die Sopranistin vor der heutigen Volksopernpremiere, Rossinis "Barbier von Sevilla", im Gespräch über ihren bemerkenswerten Karrierestart.
Für's Wiener Musikleben hat sie Franz Welser-Möst, der künftige Generalmusikdirektor der Staatsoper, entdeckt - bei den Operettenfestspielen Bad Ischl. "Es ging die Mär", erinnert sich Daniela Fally, "dass er da ist. Dann ging aber auch die Mär, er sei in der Pause schon wieder gegangen. Und dann, viel später, kam die Einladung zum Vorsingen." Was die Sopranistin selber kaum glauben konnte, trat ein: Über Nacht war sie zur Premierenbesetzung der Fiakermilli in Richard Strauss' "Arabella" geworden - und damit zum Begriff für viele Musikfreunde.
Denn der Auftritt, den die junge Künstlerin in dieser kurzen, aber aufse...
DER SCHAUSPIELE ÜBER VOLKSOPERN-PLÄNE
Ja, hätte ich eine Tenorstimme gehabt!"
Schauspieler von Rang werde er beschäftigen, so verkündete Robert Meyer bei Antritt seines Amtes als Volksoperndirektor. Liest man die Besetzungsliste der heutigen Premiere der Neueinstudierung von Robert Herzls "Ma Fair Lady"-Inszenierung, dann schlägt das Herz des Schauspielfreundes tatsächlich höher: Senkrechtstarterin Katherina Straßer findet sich bei ihrem Debüt als Eliza Doolittle inmitten eines Ensembles, das man beim Film als "All Star Cast" bezeichnen würde: Louise Martini gibt die Mrs. Higgins, Herbert Föttinger den Henry Higgins, Meyer selbst spielt den Alfred P. Doolittle und als Pickering ist Peter Matic angesetzt, der sich im Gespräch schon sehr auf die neue Aufgabe freut.
Einen Oberst zu mimen wi...
»Vor allem: Sie ist Georgierin!«
Iano Tamar. Wiens neue Medea vor der Premiere im Theater an der Wien im Gespräch.
Mein Lehrer", sagt sie, "hat mir gleich gesagt: ,Du wirst eine große Sängerin'." Die Karriere begann denn auch nicht irgendwo in der sogenannten Provinz. Nach einem fulminanten Debüt beim Rossini-Festival in Pesaro wurde Riccardo Muti auf die junge Frau aus Georgien aufmerksam und holte sie - die an die professorale Prophezeiung gar nicht glauben wollte - an die Mailänder Scala. Der Erfolg der neuen Lady Macbeth in Verdis düster-kühner Shakespeare-Vertonung war durchschlagend. Tamar sang bald an den bedeutendsten Opernhäusern der Welt. An der Wiener Staatsoper war sie vor allem die Königin Elisabeth in der fünfaktigen Version von Verdis "Don Carlos". Die in ein seelisches Fia...
»Ist ein Schauspieler krank, krächzt er«
Robert Meyer im Gespräch. Der Volksopernchef über die Unterschiede zwischen dem Sprechtheater und der Oper, die speziellen Probleme eines Operettenhauses und seine Bilanz nach einem halben Jahr Direktorendaseins.
Na, gut geht's mir", sagt Robert Meyer mit gewohntem Bühnenelan und nach theatralischer Pause auf die Frage, wie er sich nach dem ersten Halbjahr seiner Zeit als Direktor der Wiener Volksoper fühle. "Es ist", ergänzt er, gleich wieder direktorial zurückgenommen, "eine Freude, wenn man sieht, wie die Auslastung steigt - was sich logischerweise auch auf die Einnahmen auswirkt! Das Wichtigste für mich ist aber, dass sich das Publikum begeistern kann. Ich bin vor der Vorstellung oft im Foyer und werde natürlich angesprochen. Ich glaube, dass a...
Instinkt hinter den Klostermauern
Patricia Petibon. Die französische Sopranistin, demnächst unter Bertrand de Billys Leitung eine von Poulencs Karmeliterinnen im Theater an der Wien, erzählt von ihren theatralischen Vorlieben - auch im Konzertsaal.
Das ist mein Stil", sagt sie, als ob es das Natürlichste wäre, dass eine Sängerin während eines Liederabends auch eine kabarettistische Show abliefert, in der freche französische oder italienische Chansons das suggerieren, oder dass sie Inhalte von Liedern mittels kleiner Choreografien zu Bühnenleben erweckt. Patricia Petibon, Opernstar aus Frankreich, ist eine der prägnantesten Erscheinungen im internationalen Musikleben unserer Zeit.
"Es ist so schön, wenn das Publikum lacht", kommentiert sie ihre kleinen Practical Jokes auf dem Konzertpodium...
Immer zweimal hinschauen: Oft ist es ein Schatz!
Ulrike Beimpold spielt ab Samstag wieder in der Volksoper im "Opernball". Der "Presse" erklärte sie ihre Zuneigung zur Operette.
Richard Heubergers Erfolgsstück "Der Opernball" ist eine der charmantesten Wiener Operetten; und eine Hommage an die französische Wurzelform der Gattung dazu. Die Melodien sind voll Esprit und Schmelz. Das "Komm mit mir ins Chambre separee" ist ein Weltschlager geworden. Und die Orchestrierung stammt von niemand Geringerem als Alexander von Zemlinsky; angeblich soll die Partitur des zweiten Aktes sogar auf Arnold Schönberg zurückgehen, der damals tatsächlich derartige Arbeiten verrichtet hat, um Geld zu verdienen.
Robert Herzls Produktion, eine der stimmigsten Operetten-Aufführungen der jüngeren Vergangenheit, wir...
Lyonel, Lyonel, du entschwandest . . .
Der Tenor Herbert Lippert über sein Wiener Opern-Comeback und internationale Aufgaben im Wagner-Fach.
Im Frühjahr 2008 geht die Wiener Volksoper wieder einmal auf Japan-Tournee. Selbstverständlich führt das Ensemble Strauß' "Fledermaus" im Gepäck mit, und Franz von Suppes "Boccaccio" als weitere Operette der sogenannten goldenen Ära. Außerdem zeigt man in Fernost aber auch eine Opern-Produktion, und zwar Friedrich von Flotows "Martha", mit der die vorletzte Ära im Haus am Gürtel so vielversprechend begonnen hatte. Die behutsame Inszenierung Michael McCafferys gilt unter Wiener Musikfreunden nach wie vor als Exempel dafür, dass auch heutzutage eine romantische Oper noch ohne Entstellung auf die Bühne zu bringen ist - und zum Publikums-Renner werden ka...
Kräftemessen in der Oper
Die Orchesterfrage. Betriebsrat und Philharmoniker-Pressesprecher Michael Bladerer im Gespräch über schwelende Konflikte und mögliche Lösungen.
Wir haben das Gefühl, dass da ein guter Dialog begonnen hat", auf diesen Nenner bringt Michael Bladerer, Pressesprecher der Wiener Philharmoniker und Betriebsrat des Wiener Staatsopernorchesters, die Ergebnisse der ersten Fühlungnahmen zwischen den Musikern und den designierten Leitern der Staatsoper, Dominique Meyer und Franz Welser-Möst. Zuletzt waren wieder einmal Diskussionen rund um die Tätigkeit jenseits der Staatsoper und die Bezahlung der Musiker laut geworden. Die unverhohlene Drohung mit einem Auszug des Orchesters aus der Staatsoper ward erneut gehört. Und Zahlen wurden kolportiert, mit denen sich Blad...
Hoffmann gibt alles, was er hat"
Tenor Sergej Khomov über Offenbachs "Hoffmann", seine Lieblingsrolle, mit der er heute, Samstag, an der Wiener Volksoper debütiert. Und die er gern mit Musils "Mann ohne Eigenschaften" vergleicht.
Als ich ankam, sprach ich kein Wort Deutsch", erzählt Sergej Khomov, seit 13 Jahren Ensemblemitglied der Deutschen Oper am Rhein (Düsseldorf/Duisburg), in fließendem Plauderton. Die Sprache hat er mittlerweile perfekt gelernt. Und doch ist es für ihn sonderbar, die Titelpartie aus "Hoffmanns Erzählungen" nicht in der Originalsprache zu singen: "Ich habe die Rolle französisch gesungen, und zwar in allen möglichen Fassungen bis hin zur vollständigsten aller vollständigen Versionen in Lyon unter Marc Minkowski."
Damals quälten den Tenor nicht nur die akribischen Aus...