Im März 1733 ging die Einladung an Händel, die jährliche Übergabe der akademischen Grade an der Universität Oxford mit Musik zu umrahmen. Der Komponist war berühmt genug, daß sofort die Zeitungen darüber berichteten:
We hear that the University of Oxford will present the celebrated M. Handel with the Degree of Doctor of Musick, at the Publick Act to be held there this Summer, that Signor Senesino is expected to be present on that occasion and than an Oratorio would be performd in the Theatre there.
Von einer Verleihung der Ehrendoktorwürde an Händel war zwar in der Realität keine Rede. Aber die musikalischen Darbietungen des Komponisten wurden als Feste zelebriert. Das Sheldonian Theatre, 1669 als Schauplatz der großen universitären Zeremonien eröffnet, entpuppte sich mit seiner eigenwilligen Architektur aus teils eckigen, teils runden Mauern als idealer Konzertsaal.
Händels Gastspiel begann am 5. Juli 1733 mit einer Aufführung von
Esther, die zwei Tage später wiederholt wurde. Zur Morgenmesse an diesem Sonntag wurde Händels
Utrecht Te Deum gesungen, nachmittags hörten die Festgäste sein
Jubilate und eines der
Anthems.
Am 11. Juli kam dann die Novität heraus:
Athalia. Die Feierlichkeiten gingen musikalisch mit einem regelrechten Händel-Maraton zu Ende: Am Morgen des 11. Juli gab man als Benefiz-Vorstellung für die Künstler die Neufassung von
Acis und Galathea Am Abend wiederholte man
Athalia tags darauf erklang noch einmal
Deborah.
UNBEARBEITET
Das Werk
Athalia wurde von den etwa 1.300 Personen im Publikum der Uraufführung begeistert akklamiert. Zwei Monate hatte der Komponist gebraucht, um die Partitur zu schreiben Die kurze Vorbereitungszeit der Premiere war mit hektischen Schreibarbeiten verbunden, dan denen einige Kopisten beteiligt waren. Wärhenddessen mußte Händel Sänger und Instrumentalisten finden, die bereit waren, mit ihm nach Oxford zu reisen. Das war in jener Zeit besonders schwierig, weil das angestammte Ensemble des Komponisten gerade von seinem Opernunternehmen zur neuen »Opera of the Nobility« abewandert war. Diesem Londoner Opern-Krieg zum trotz fand Händel gute Kräfte, wenn auch von der hie und da kolportierten Mitwirkung des Kastraten Senesino, eines der großen Publikumslieblinge dieser Ära, keine Rede sein konnte.
Einem Bericht der »Norwich Gazette« entnehmen wir, daß 70 Sänger und Instmmentalisten an der Uraufführung beteiligt waren, was zumindest für Oxford eine Sensation bedeutete. Ein derart großes Ensemble hatte dort noch nie musiziert.
So wurde denn
Athalia zu einer Oxforder Legende - und in den folgenden Jahrzehnten immer wieder im Sheldonian Theatre aufgeführt. Auf das von den Zeitgenossen bestaunte virtuose Orgelspiel Händels, der die Uraufführung mit Improvisationen einbegleitet hatte, mußte man bei diesen Gelegenheiten dann natürlich verzichten.
Inhalt
I. Akt:
Im Tempel preisen Josabeth, das Volk Israel und die Priester Jehovas Größe. Man bereitet das Frühlingsfest vor und freut sich über die erwachende Natur. Doch der Gedanke an die Herrschaft der Tyrannei verdüstert die Stimmung. Abner philosophiert über den Gang der Geschichte, während Joad vesucht, die Vorbereitungen zum Frühlingsfest voranzutreiben, aber auch über den Baalskult spricht, dem Königin Athalia verfallen ist.
Athalia schrickt in ihrem Palast aus bösen Träumen auf. Den Umstehenden erzählt sie, ihre Mutter hätte sie in einer Vision davor gewarnt, der Gott der Juden würde sie verfolgen. Verzweifelt wähnt sie, allüberall Blut zu sehen. Mathan gelingt es nicht, Athalia zu beruhigen.
Judah wird aufgetragen, sich endlich gegen die Tyrannin zu erheben. Das Volk soll wissen, daß ihr Enkel Joas, den sie tot laubt, gerrettet werden konnte. Da erscheint Abner mit der Botschaft, Athalia nähere sich dem Tempel.
II. Akt:
Joad stellt Abner die Gewissensfrage, ob er für sein Volk kämpfen würde. Als Athalia naht, scheint sie verwirrt vom Anblick des Knaben Joas. Sie versucht, die Wahrheit übrer den rätselhaft charismatischen jungen Mann herauszufinden. Doch fruchten die Befragungen von Josabeth nichts, sie zeigen lediglich, daß Joas nicht Josabeths Kind ist. Athalia verlangt seine herausgabe. Doch standhaft weigern sich die Israeliten, das Kind der Königin zu überlassen. Athalia verläßt stolz den Tempel. Das Volk schöpft Hoffnung.
3. Akt:
Joad begreift Gottes Fügung: Joas ist der Auserwählte, der die Königskrone tragen wird. Mathan kehrt als Vermittler im Tempel zurück, wird jedoch abgewiesen. Da erscheint Athalia erneut, begleitet von den sidonischen Priestern. In deren Beisein verkündet Joad, daß Joas die Königswürde zukommen soll. Athalia hofft, daß Abner den Verrat rächen wird. Doch der wendet sich Joas zu. Da auch Mathan stumm bleibt, fühlt Athalia ihren Tod nahen. Ihr Ende bleibt offen, doch das Volk Israel preist den glorreichen Tag, da Gottes auserwähltes Volk zur Ruhe kommen wird.