gegründet 1927
Rudolf Kolisch, der Schwager des Komponisten Arnold Schönberg, war von Anfang an einer jener Musiker, die sich in den Aufführung des von Schönberg gegründeten Vereins für musikalische Privataufführungen engagierten. Nach unliebsamen Erfahrungen bei etlichen Ur- und Erstaufführungen neuer Werke, sollten in diesem Rahmen – bei strengem Verbot von Beifalls- oder Mißfallensäußerungen neue Werke oder schwer verständliche Stücke des klassischen Repertoires nach eingehender Probenarbeit in mustergültigen Aufführungen präsentiert werden.
Kolisch saß in vielen Fällen ab 1921 als Primgeiger an der Spitze der Instrumentalensembles. Er gründete zu diesem Zweck auch ein Streichquartett, das unter Kennern sogleich Kultstatus genoß und ab 1927 unter Kolischs Namen firmierte: Man musizierte, altbekannte Aufführungspraktiken konsequent hinterfragend, streng am Notentext orientiert und auf höchste Durchhörbarkeit der architektonischen Strukturen bedacht.
Novitäten wurden nach Möglichkeit mit den Komponisten akribisch einstudiert. Klassische Werke spielte man im Konzert auswendig – oder wenn, dann nicht aus Einzelstimmen, sondern aus der Partitur: Jeder Spieler des Quartetts sollte stets die Gesamt-Architektur des Werks vor Augen haben.
Die Landnahme der Nationalsozialisten machte eine Weiterführung der kammermusikalischen Aktivitäten Rudolf Kolischs unmöglich. Ab Mitte der dreißiger Jahre führte er seine Arbeit – an der Spitze wechselnder Musikerformationen aber bis 1944 unter dem Namen Kolisch Quartett weiter. Auch später noch arbeitete er als Primarius etwa das Pro Arte Quartetts streng nach seinen mit Schönberg erarbeiteten Spielregeln.
Der Gesamtaufnahme der Streichquartette Arnold Schönbergs kommt unter den erhaltenen Einspielungen besonderer Rang zu. Sie entstanden in den Jahren 1936 und 1937 im Beisein des Komponisten und müssen daher einen Sonderstatus genießen.
Von großer Bedeutung für die Interpretationsgeschichte sind jedoch auch Aufnahmen des klassischen und romantischen Repertoires, die den Blick aus der Perspektive der »Wiener Schule« auf die Musikgeschichte verraten, aber auch – und nicht zuletzt! – hören lassen, wie ein Ensemble, aufgewachsen in der wienerischen Spieltradition der Gustav-Mahler-Epoche etwa an die Musik Franz Schuberts heranging.