
René Jacobs begann ein Haydn-Aufnahmeprojekt mit der längsten Messkomposition des Meisters und liefert seinen Hörern nebst einer gedrechselten, schön gesungenen Wiedergabe auch ein Beiheft mit vielen aufsehenerregenden Informationen über Entstehung, Überlieferung und Gehalt dieses Werks.
Von 2025 bis 2028 möchte René Jacobs in einer neuen Partnerschaft mit dem Label Alpha und dem Kammerorchester Basel die großen, späten Haydn-Messen aufnehmen. Zum Start präsentierte er im Herbst 2025 die von ihrer Ausehnung her ausführlichste Mess-Komposition Joseph Haydns, die »Mariazellermesse«. Von der man, wie der tiefgründige Begleittexts aus Jacobs‘ Feder verrät, sagen müßte: der »sogenannten« Mariazellermesse. Der Dirigent faßt die jüngsten Studien zu Haydns Schaffensprozeß übersichtlich zusammen und weist nach, daß die Komposition nicht, wie früher angenommen, für die Wallfahrskirche Mariazell entstanden ist. Mit ziemlicher Sicherheit stammt die Komposition aus dem Jahr 1766 und stellt damit eines der frühesten groß angelegten Werke Haydns dar.
Die Interpretation zum Start der geistlichen Aufnahmeserie gelang vorzüglich, die Zürcher Akademie und das von der exzellenten, beweglich und eloquent phrasierenden Mari Eriksmoen angeführte Solistenquartett singen herrlich. Und selbstverständlich sind sämtliche editorischen Willkürlichkeiten, die klassische Einspielungen der »Mariazellermesse« hören lassen, ausgemerzt.