23. XII. 21

ERINNERUNGEN AN DIE GRUBEROVA

DAS »ANDERE« WEIHNACHTSORATORIUM

Gruberova-Raritäten

Manchmal sind die Zugaben die interessantesten Teile eines Konzerts. Sogar bei Radiopgrammen kann das vorkommen. Heute im Nachmittagsprogramm des Klassik-Senders Bayern4 dürfte das so sein. Nach dem eigentlichen Konzert gibt es gegen 15.30 Uhr zwei frühe Aufnahmen der jüngst verstorbenen Koloratursopranistin Edita Gruberova aus dem Bayerischen Rundfunkarchiv zu hören. Dabei handelt es sich wirklich um Entdeckungen, die wohl kaum einem Verehrer der Künstlern bekannt sein dürften. In jungen Jahren spielte sie in Stuttgart mit dem dortigen Radiosymphonieorchester unter Kurt Eichhorn das rare Konzert für Koloratursopran und Orchester in f-Moll des russischen Komponisten Reinhold Glière ein, eine brillante Komposition für eine brillante Interpretin, die in der Gruberova wohl gefunden war. Danach erklingt Michael Haydns Lauft, ihr Hirten, allzugleich mit den Regensburger Domspatzen und dem Münchner Rundfunkorchester unter Leopold Hager.

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Nicht ganz uninteressant ist schon der erste Teil des Konzertnachmittags auf Bayern4 (ab 14 Uhr), der Mitschnitt eines Abends mit dem Dänischen Rundfunkorchester und Beethovens Fünftem Klavierkonzert – Solist Martin Helmchen – und Antonín Dvořáks nicht eben häufig gespielter Sechster Symphonie. Dirigent: Petr Popelka.

SINKOTHEK LEKTÜRE: Antonín Dvořák als Symphoniker

Ein anderes Weihnachtsoratorium

Im Konzertermin des MDR (20 Uhr) ist heute ein Weihnachtsoratorium für Neugierige zu hören, also nicht das bekannte Werk von Johann Sebastian Bach, sondern die Komposition eines Mannes, der im direkten Umfeld Bachs in Leipzig seine musikalische Prägung erfahren hat: Gottfried August Homilius (1714 – 1785) wurde dank seiner musikalischen Beschäftigung während seines Leipziger Jus-Studiums zu einem der angesehensten Musiker Deutschlands, dessen Schwerpunkt auf der Kirchenmusik lag. Homilius, von dem ein zeitgenössischer Chronist sagt, er sei »einer der noch lebenden Schüler Bachs … in der Composition und im Clavierspielen«, wirkte ab 1755 als Kreuzkantor in Dresden. Noch im XIX. Jahrhundert galt Homilius manchen Musikgeleehrten als der »Cranach neben dem Dürer Bach«!

Das knapp dreiviertelstündige Oratorium »Die Freude der Hirten über die Geburt Jesu« ist eines der umfangreichsten Werke des Komponisten, die zu seinen Lebzeiten gedruckt wurden und weite Verbreitung fanden. Das beliebte pastorale Thema malt Homilius mit den Farben eines verhältnismäßig reich besetzten Orchesters aus. Harmonisch setzt Homilius aparte Effekte – etwa gleich im Anfangschor, wenn die fröhliche Atmosphäre des »Gott, Dich rühmen unsre Lieder in der Mitternacht« sich beim Wort Mitternacht kräftig verdunkelt. Es sind eher solch einfache, allgemein verständliche musikalische Signale als komplexe kontrapunktische Arbeit, durch die sich diese Komposition auszeichnet und zu einiger Popularität gelangen konnte. Zauberhaft auch das sanft schaukelnde Wiegenlied »Schlaf, Sohn aus Davids Stamm« und der feierliche Schlußchor.

Zur Sendung (20 Uhr)