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Die Frühe Klavierkonzerte

Klavierkonzerte hat Mozart schon in frühen Jahren geschrieben - genauer gesagt: Er nahm sich fremde Musik zur Vorlage, um daraus für Auftritte als Pianist zu gewinnen. Schon während der Arbeit am Schuldrama »Apollo und Hyazinth« arrangierte er Kompositionen von Pariser Künstlern zu Klavierkonzerten. Bereits damals bereitet er damit seinen Auftritt in Wien vor - wie Jahre später will er sich in der kaiserlichen Residenzstadt als Solist am Klavier vorstellen. Für die Musikgeschichte lautet der Befund umgekehrt: Mozart hat das Genre Klavierkonzert durch seine (späten) Wiener Beiträge zu einer ersten, ungeahnten Hochblüte geführen.

Erste Pasticcios«

Vorerst aber wird geübt, werden Konzertsätze verschiedener Meister zu dreisätzigen Pasticcios vereinigt – benannt nach den Pasteten, in denen gute Köche höchst unterschiedliche Zutaten zu wohlschmeckenden Pasteten »arrangieren«.

Das Vorbild Johann Christian Bach

Diese Concerti (KV 37 und 39–41) bekommen wenig später noch zwei Schwesterstücke nach Klaviersonaten des bewunderten Johann Christian Bach, die Mozart durch einige wenige Hinzufügungen von Einleitungs- und Überleitungspassagen zu seinen eigenen macht. Noch haben wir ein komponierendes Kind vor uns: Den Bach-Sohn hat der kleine Mozart in London kennengelernt, durfte auf dessen Schoß sitzen und mit ihm auf dem Cembalo improvisieren. Zu Johann Christian Bach schaut er bewundernd auf: Er ist der Meister der sogenannten »galanten Musik« und wir Mozarts Vorbild bleiben, nicht nur auf dem Sektor der konzertanten Musik, sondern vor allem im Theater.

Das Konzert in D-Dur, KV 175

Die »Fingerübungen« an den dialogischen Prinzipien der vom Barock herrührenden Konzerttechnik zeigen im Dezember 1773 erste Wirkung. Mit dem D-Dur-Konzert KV 175 legt Mozart eine Eigenkomposition in dieser Gattung vor, ein Werk, das bereits ahnen läßt, welche inspirativen Höhenflüge der Komponist gerade mit der Kombination von Klavier und Orchester bald antreten wird.
Der Weg zum »Rondo-Finale«
Wie beim ersten Versuch eines eigenen Violinkonzerts (KV 207) schreibt er auch hier zunächst einen Sonatensatz als Finale, den er später ersetzt: In seinen Konzerten wird Mozart in der Regel Rondos, hie und da auch Variationen als Schlußsätze bevorzugen. Die Variationen KV 382 in D-Dur fungieren bei späteren Aufführungen des Klavierkonzerterstlings als ausgreifendes, prachtvoll angelegtes Finale. Mozart hat sein im Autograph Concerto per il clavicembalo genanntes Stück sehr geschätzt und oft auf Konzertreisen mitgenommen. Es färbt sogar auf spätere Kompositionen ab: In Mannheim spielt es der Komponist nachweislich am 13. Februar 1778 und zitiert Passagen daraus in seiner in diesen Tagen komponierten Gesangszene KV 194, die er der verehrten Aloisia Lange widmet.

Auf dem Weg - Das »Lützow-Konzert«

Die ursprüngliche Version von →KV 175 bleibt zunächst ein Solitär. Erst nach der Komposition seiner Violinkonzerte wendet sich Mozart 1776 wieder dem Klavierkonzert zu und schreibt dann in rascherer Folge die Werke in B-Dur →KV 238), das Konzert für drei Klaviere (KV 242) und das Konzert in C-Dur (KV 246). Letzteres entstand für Antonia Gräfin Lützow, die Frau des Salzburger Festungskommandanten. Es zeigt, wie Mozart auf virtuose Weise einen verhältnismäßig simplen Klaviersatz, den die Widmungsträgerin wohl mühelos spielen können soll, dank melodischer Erfindungsgabe zur dankbaren Aufgabe macht. Daß er just dieses Konzert auf seine Reisen mitnimmt, hat wohl pädagogische Gründe, denn es erschließt sich auch weniger fortgeschrittenen Studenten rasch. Therese Pierron, die Tochter seines Mannheimer Quartiergebers, führt das Stück zum Beispiel 1778 auf. Sie werde, belustigt sich Mozart im Brief an den Vater, »das hochgräfliche litzowische Concert herunter-haspeln«. Auch Schwester Nannerl verwendet die Komposition zu Unterrichtszwecken. Die Kadenzen, die Mozart für das Werk schreibt – und die die Zeitläufe überdauert haben – lassen freilich darauf schließen, daß der Komponist das Stück auch bei eigenen Auftritten musiziert haben dürfte.

»Jeunehomme« alias: »Jenamy«

Ganz anders, mit einem für damalige Verhältnisse kühnen – später erst von Beethoven wieder aufgegriffenen – Kunstgriff, der das Soloklavier bereits in den ersten Takten exponiert, hebt das Es-Dur-Konzert → KV 271 an, ein Werk, das bereits an der Schwelle zur ausgereiften konzertanten Kunst der Wiener Werke steht, raffiniert vor allem in der Anwendung des Dialogprinzips zwischen Soloinstrument und Orchester. Das Werk entsteht als Huldigungsgabe an die Tochter des Ballettmeisters Noverre, Victoire Jenamy, die – wie zeitgenössische Rezensenten kommentieren – ,,mit vieler Kunst und Leichtigkeit“ Klavier spielte.

Die ungewöhnliche Erweiterung des quirligen Finales durch einen separierten Menuett-Teil könnte eine Hommage an den Vater der Widmungsträgerin sein, deren Namen spätere Biographen zu Jeunehomme verballhornen. Der Komponist selbst spielt dieses originelle sogenannte „Jeunehomme“-Konzert als eine Art tönende Visitenkarte gern, wohl auch bei seiner ersten Akademie in Wien am 3. April 1781, mit der er sich als freischaffender Künstler vor der Welt präsentiert.

Das Doppelkonzert, KV 365

Einen Schritt weiter in der Verselbständigung der Orchesterstimmen – bis hin zur Emanzipation etwa der Fagottstimmen – geht der Komponist in seinem für sich und die Schwester gedachten Doppelkonzert KV 365, das mit der Duofassung von KV 242 ein brillantes Gespann in einer von späteren Meistern nur noch in Ausnahmefällen bedachten Gattung bildet. Mozart nimmt sich das Es-Dur-Doppelkonzert immer dann vor, wenn gleichwertige Partner zur Verfügung stehen, nach Aufführungen mit der Schwester spielt er es etwa mit seiner hochtalentierten Wiener Schülerin Josephine von Aurnhamer bei diversen Anlässen Anfang der achtziger Jahre. 

↑DA CAPO