Die Frau, die Stalin trotzte

Sanftmütig, doch streitbar, tief religiös, leidenschaftlich: Maria Judina war eine der herausragenden Pianistinnen des 20. Jahrhunderts, was Musikfreunde im Westen erst lange nach ihrem Tod erfuhren, Kenner in Sowjetrußland jedoch sehr genau wußten.
Ich werde für Sie beten!
Sie wußten auch, daß es diese Frau zu Zeiten gewagt hatte, Josef Stalin ins Gesicht zu sagen. »Ich werde für Sie beten!«. Trotz aller Widersetzlichkeit hat der Diktator nichts gegen die Künstlerin unternommen – im Gegenteil: Als er eine Aufführung von Mozarts A-Dur-Klavierkonzert (KV 488) durch die Judina hörte, begehrte er sogleich, eine Schallplattenaufnahme davon zu bekommen. Bei Nacht und Nebel ging man ins Studio, spielte das Werk unter Alexander Gauks Leitung noch einmal, um es aufzunehmen – und in rascher Folge lag eine eigens für ihn gepreßte Schallplatte auf Stalins Schreibtisch.

Die Geschichte ist damit noch nicht zu Ende: Als die Leibwache des Diktators den toten Staatschef in seinem Zimmer vorfanden, lag ebendiese Platte auf dem Plattenspieler. Stalin hatte in seiner Todesstunde die Judina Mozart spielen gehört.
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