Musikfreunde verzweifeln ob der Attacken des in deutschsprachigen Landen mittlerweile flächendeckenden Regisseurs-Terrors. Kein Meisterwerk ist mehr sicher vor Entstellung bis zur Unkenntlichkeit. Mehr und mehr geschieht das ganz offenkundig vorsätzlich: Denken wir nur an die angebliche Mozart-Premiere der Wiener Festwochen – ein Import einer längst bekannten Opern-Verhunzung wie der neue Staatsopern-„Lohengrin“.
Nun weiß eine ältere Generation, die noch ernsthafte Inszenierungen gekannt hat, woran sie bei Wagners Gralsritter oder Mozarts römischem Kaiser Titus eigentlich sein sollte. Weniger bekannte Stücken katapultiert die kulturpolitisch offenbar gewollte Zerstörungs-Strategie unserer Tage allerdings in die Chancenlosigkeit.
Heißt die Lösung: konzertant?
Es ist ja bezeichnend, dass Opern-Kenner aufatmen, wenn die Salzburger Festspiele ankündigen, Christian Thielemann werde heuer Richard Strauss‘ „Capriccio“ konzertant dirigieren – da ist ungestörter musikalische Genuss garantiert; wenn auch wohl nicht im Sinne eines Komponisten, der sich lebenslang um ehrliches Musiktheater bemüht hat.
Beethoven zu entdecken
Das war ja übrigens auch bei einem Komponisten wie Ludwig van Beethoven der Fall, auch wenn wir das angesichts der Repertoire-Gepflogenheiten gar nicht mehr wissen. Gewiss, den „Fidelio“ kennen wir – der Meister der Symphonie, der Klaviermusik und des Streichquartetts hat ja bekanntlich nur eine einzige Oper geschrieben; die aber dafür gleich dreimal, was zumindest die enzyklopädischeren unter uns zu detailreichen Vergleichsstudien animiert hat.
Was es bei diesem Komponisten noch alles an Theatralischem zu entdecken gäbe, das erschließt sich nur anhand singulärer Projekte. Soeben konnte man Tobias Moretti im Wiener Konzerthaus erleben, wie er zur Ballettmusik „Die Geschöpfe des Prometheus“ verbindende Texte las. Warum wagt sich eigentlich kein Tanzmeister an eine szenische Produktion? im Ballett muss man ja mehrheitlich nicht so scheußliche Hinterhof- und Kanalisations-Bühnenbilder ertragen, wie sie in der Oper üblich geworden sind.
Mangas statt Kaiser Franz
In Paris hat man gerade auf der Seine-Insel einen Befreiungsschlag anderer Art versucht, der bald auf Tournee gehen soll. Zu den Theater-Kuriosa gehört ja ein für Ungarn komponiertes Beethoven-Duo aus Historiendrama („König Stephan“) und Allegorie („Die Ruinen von Athen“). Dichter Kotzebue setzt zuletzt unter Blitz und Donner zwischen Musen-Skulpturen die Büste von Kaiser Franz. Dergleichen versucht das Kreativteam in Paris nun mittels Video-Animation im Stil der japanischen Mangas neu zu beleben. Nach dem Motto: Wenn schon Verfremdung, dann gleich intergalaktischer Krieg. Das könnte mit Beethovens Musik ein Video-Hit werden …