Ein Wiener Ensemble gewährt uns heute Einblick in die Vielfalt der französischen Musik im Ancien régime. Und zwar im Rahmen eines Konzerts, das der WDR live aus Köln überträgt (20.04 Uhr). Das kam so: Das Ensemble Freymut, gegründet in Wien, nahm im Sommer vorigen Jahres am »Internationalen H.I.F. Biber-Wettbewerb« im oberösterreichischen Augustiner Chorherrenstift St. Florian teil und gewann dort den Sonderpreis des WDR. Der Lohn dafür: Das 2018 in Wien gegründete Barockmusik-Ensemble gastiert im Verein mit der Sopranistin Johanna Falkinger heute in Köln und musiziert im dortigen Funkhaus ein rein französischen Programm.
Der Name des Ensembles leitet sich übrigens vom Pseudonym »Freymut« ab, das in der hochbarocken deutschen Literatur gern gewählt wurde, um Publikationen freigeistiger Texte zu ermöglichen. Ebenso freimütig möchten die jungen Musiker ihre Interpretationen erarbeiten.
Diesmal konfrontiert uns das ensemble freymut mit Werken des bestens bekannten Marc-Antoine Charpentier (Schöpfer der heute als Eurovisions-Fanfare verwendeten Musik) oder Marin Marais (Inspirationsgeber zum Film »Die siebente Saite«). Zu entdecken auch Vokal- und Kammermusik von Sébastian de Brossard, Michel Pignolet de Montéclair, Jean-Marie Leclair und als Abschluß eine Kantate aus der Feder von Nicolas Bernier, »Le Caffé« aus dem dritten Band der »Cantates Françoises avoix seule et la Basse Continue«. Es war also nicht Bach, der die erste »Kaffee-Kantate« schuf und dem Kaffeehaus ein akustisches Denkmal setzte!
Leben und Schaffen des Nicolas Bernier sind der näheren Betrachtung wert. Der von seinen Zeitgenossen als ausnehmend hübscher Mann beschriebene Komponist lebte zölibatär und hat vermutlich die niederen Weihen empfangen. Seine geistliche Musik ist, ganz im Banne von Lullys Pariser Stil, hoch bedeutend. Seine weltlichen Kantaten zeigen ihn durchaus von italienischer Musik seiner Epoche inspiriert – eine Mixtur, die wenig später auch Johann Sebastian Bach in Deutschland pflegte.