Thielemanns Berliner Einstand: »Die schweigsame Frau«

Der designierte Generalmusikdirektor der Berliner Staatsoper »Unter den Linden« präsentiert sich in seinem neuen Haus im Juli 2025 mit einer Oper von Richard Strauss, die er noch nie dirigiert hat: »Die schweigsame Frau«. Das ist für Thielemann-Verehrer wie für Straussianer gleich spannend – aus vielerlei Gründen.

Die komische Oper »Die schweigsame Frau« nach Ben Jonson, in ein Libretto verwandelt von Stefan Zweig, kam 1935 unter Karl Böhms Leitung in der Dresdner Semperoper zur Uraufführung – der Dichter war längst im Exil, und der Komponist mußte mit sanfter Gewalt durchsetzen, daß Zweigs Name überhaupt auf dem Abendplakat genannt wurde. Die NS-Prominenz, die sich zur Uraufführung angesagt hatte, blieb wegen des jüdischen Textdichters fern. »Die schweigsame Frau« wurde nach wenigen Aufführungen vom Spielplan genommen.

Das Stück, von Strauss selbst überaus geschätzt, hatte beim Publikum weiterhin einen schweren Stand. Vor allem litten auch viel diskutierte Wiederaufführungen wie jene Ende der Fünfzigerjahre bei den Salzburger Festspielen darunter, daß nach der Dresdner Premiere nie wieder versucht wurde, das Werk ohne Kürzungen zu realisieren. Der existierende Livemitschnitt der Salzburger Premiere mit Hermann Prey, Hans Hotter und Fritz Wunderlich läßt nachhören, wie radikal selbst Uraufführungsdirigent Böhm mit der Partitur verfiel. Beinah ein Drittel der Musik fiel dem Rotstift zum Opfer. So kam das Werk auch in München und später auch noch einmal in Wien zur Aufführung.

Christian Thielemann hat es als erster bei der ebenso stark in Mitleidenschaft gezogenen »Frau ohne Schatten« geschafft, in mehreren europäischen Opernhäusern die ungekürzte Version aufzuführen; zuletzt dirigierte er auch an der Wiener Staatsoper eine Wiederaufnahme der von ihm selbst einstudierten Neuproduktion – ohne Striche.

Vielleicht gelingt ihm dieser Coup auch in seinem neuen Berliner Haus – es käme einer Ehrenrettung eines von Strauss mit viel Liebe arrangierten Versuchs einer Erneuerung der Gattung komische Oper gleich. Peter Rose wird den menschenfeindlichen Sir Mororsus – einen Seelenverwandten von Donizettis Don Pasquale – singen. Premiere ist am 19. Juli 2025

Neointendantin Elisabeth Sobotka kann noch einen weiteren prominenten Premierendirigenten für ihre erste Spielzeit aufbieten: Ex-Philharmoniker-Chefdirigent Simon Rattle leitet Janaceks selten gespielte »Ausflüge des Herrn Broucek« in der Regie von Robert Carsen (11. März 2025).

DEUTSCHE STAATSOPER