Asmik Grigorian präsentiert ihre erste Solo-CD auf ihre Weise: in einem Liederabend im Mozartsaal des Wiener Konzerthauses.
Mit ihrem Pianisten Lukas Geniušas widmet sie ihr erstes Wiener Recital zur Hälfte der Musik von Peter Iljitsch Tschaikowsky und zur andern Hälfe jenem Programm, das sie auf der CD vorstellt: Romanzen von Sergej Rachmaninow. Das slawische Repertoire kommt der Sängerin, in deren herb-sinnlichem Timbre immer auch ein wenig edles Metall mitschwingt, besonders entgegen. Vor allem die Lieder, die zum Dramatischen tendieren und oft eine musikalische Theatralik für den Konzertsaal fordern, liegen Grigorian. In der Leuchtkraft ihrer Fortissimi schwingt, wo’s drauf ankommt, auch Ekstatisches, Begeisterung, Hymnik.
Daß diese Künstlerin bis dato vor allem auf DVD präsent ist, hat natürlich mit ihrem unleugbaren Bühnentemperament zu tun. Den Durchbruch hatte die in Litauen geborene Sängerin mit ihrer bereits legendären Salome-Darstellung in der von Franz Welser-Möst dirigierten Richard-Strauss-Premiere der Salzburger Festspiele 2018 geschafft. Damals gelang es ihr, von den gewohnt ohne jeglichen Bezug zur Handlung gestellten Bildern Romeo Castelluccis aufs Wesentliche abzulenken: In manchem Zuschauer keimte der Gedanke, in der Oper könnte es ja doch auch um Musik gehen …
Die Salome ist – wie die späteren Salzburger Auftritte Grigorians in Elektra und in Puccinis Trittico auf DVD dokumentiert, ebenso ihr Bayreuther Debüt als Senta im von Oksana Lyniv dirigierten Fliegenden Holländer. Auch ein Mitschnitt der Madrider Neuinszenierung von Dvoraks Rusalka (Chrisof Loy) liegt vor.
Nur einmal stand Asmik Gregorian zuvor bereits vor Studiomikrophonen, um eine rein akustische Aufnahme zu machen: Dmitri Hvorostovsky holte sie für sein spätes Konzeptalbum mit russischen Opernszenen – wohl wissend, wer die junge Künstlerin war. Er kannte die Tochter seines armenischen Tenorkollegen Gegham Grigorian, mit dem er unter anderem sogar an der New Yorker Met aufgetreten war, seit Kindesbeinen.
POCAST: Portrait der Sängerin
Ein Podcast am Vorabend des Wiener Liederabends blendet zurück zu den aufregendsten Momenten der Karriere der Sopranistin – bis hin zu jenem Abend im Jahr 2009 im litauischen Nationaltheater, an dem sie die weibliche Hauptpartie in Sondheims Sweney Todd verkörperte – nach eifrigen Cockney-Studien in London und mit sensationellem Erfolg: In Litauen war der Star schon ein Jahrzehnt vor der Salzburger Sensation geboren.
Und apropos: Auch hellhörige Festspielbesucher wußten schon, wer Asmik Grigorian ist: ein Jahr vor der Salome war sie schon die Marie in Alban Bergs Wozzeck an der Seite von Matthias Goerne.