Das »Weihnachtsoratorium« in der rechten Chronologie

Das sogenannte »Weihnachtsoratorium« ist eines der populärsten Chorwerke unseres Repertoires. Eigentlich ist es kein Oratorium, sondern eine Folge von sechs Kantaten, die an den Weihnachts- und Neujahrsfeiertagen einzeln aufgeführt wurden.

In diesem Sinne wollen wir mit einem Aufnahmeklassiker die Feiertage um den Jahreswechsel 2024/25 mit dieser Musik begehen. Karl Richter und seine Münchner Chor- und Orchesterkräfte sind 1958 das erste Mal ins Plattenstudio gegangen, um den Zyklus aufnzunehmen. Diese Einspielung vom Vorabend der sogenannten Originalklang-Ära gelang als wolklingende Mixtur aus Besinnung auf barocke Aufführungspraktiken und die große romantische Oratorien-Tradtion.

Kantate Nr. 1

»Jauchzet, frohlocket«

Der Jubelchor der himmmlischen Heerscharen über die Geburt des Gottessohnes ist eine der vielen Nummern von Bachs Werk, die der Komponist früheren, weltlichen Kompositionen entlehnt hat, Werken, die er mit Liebe geschrieben hatte, die aber nur einmal zu einem bestimmten Anlaß gewungen worden waren. So erklärt sich vielleicht das Rätsel, daß die Chorstimmen zu Beginn auf das Wort »frohlocket« nicht in höchste Höhen hinaufjubilieren, sondern in tiefste Tiefen hinabsteigen – sie imitieren nämlich die Pauken, von denen im ursprünglichen Kantatentext die Rede war: »Tönet, ihr Pauken, erschallet, Trompeten«.

Dem triumphierenden Beginn folgt die Weihnachtserzählung nach Lukas und die Reaktion auf den Aufbruch Josefs und Marias mit dem Kinde zur vom Kaiser anbefohlenen Volkszählung – die Menschheit möge sich auf das Kommen des Erlösers vorbereiten.

»Bereite dich, Zion«

Der Chor fragt – mit deutlichem Verweis auf das österliche Ziel der »Reise« zur Melodie »O Haupt, voll Blut und Wunden«:

»Wie soll ich dich empfangen?“

Den neuen König empfängt eine machtvolle Baß-Arie

»Großer Herr, o starker König«

Zur Melodie des »Vom Himmel hoch« beschließt der Chor die Kantate mit der Bitte, unsere Herzen zur Krippe Jesu werden zu lassen.

»Ach mein herzliebes Jesulein«