Vincenzo Bellini

1801 - 1835

Wir alten eingefleischten Wagnerianer sind doch die dankbarsten Bellini- und Rossini-Hörer.

Friedrich Nietzsche (1881)

Der Sizilianer Bellini stammte aus einer Musikerfamilie in Catania und studierte am Real Conservatorio di Musica in Neapel. In Neapel erlebte er auch seine erste Uraufführung: 1825 kam Adelson e Salvini heraus.

Angesichts des Erfolgs der von Bellini selbst als »Gesellenarbeit« klassifizierten ersten Oper bestellte der Impresario Bianca e Fernando (Teatro San Carlo, 1826). Es folgten


Il pirata (Mailand, Teatro alla Scala, 1827)

         La straniera (Mailand, 1829),

         Zaira (Parma, 1829)

I Capuleti ed i Montecchi (Venedig, La Fenice, 1830)

La sonnambula (Mailand, 1831)

Norma (Mailand, Teatro alla Scala, 1831)

und

Beatrice di Tenda

(Venedig, Teatro La Fenice, 1833).

1833 übersiedelte Bellini nach Paris und schrieb für das dortige Théâtre-Italien 1835

I Puritani

die seine letzte Oper werden sollten.

Bellini gilt vielen Kennern als Vollender der Ästhetik des Belcanto. Seine Melodik ist weitaus raffinierter als die Rossinis und zielt auf die Möglichkeit, höchsten Ausdruck und charakterisierenden Farbenreichtum ausschließlich in die Linienführung der Singstimme zu verlegen.
Entsprechend reduziert scheint daher die Klangsprache des Orchesters. Umso höher sind die Ansprüche an die Sänger.

... daß es zumal bei Bellini die klare Melodie, der einfach edle und schöne Gesang war, der uns entzückte ... es ist vielleichte selbst keine Sünde, wenn man vorm Schlafengehen noch ein Gebet zum Himmel schickte, daß den deutschen Komponisten doch endlich einmal solche Melodien und eine solche Art, den Gesang zu behandeln, einfallen möchten.

Richard Wagner (1837)

Selbst Richard Wagner, seinen italienischen Kollegen gegenüber sonst skeptisch, lobte Bellinis Melodien als das Allerwehlauteste.
Was die Formung seiner unendlichen Melodie anlangt, nahm Wagner ebenso an Bellini Maß wie dessen italienische Nachfolger, voran Giuseppe Verdi.

Die Initiative der Callas

Zwar verschwanden Bellinis Werke nie ganz von den Spielplänen, doch um die Mitte des XX. Jahrhunderts bedurfte es der Initiative einer Diva, um eine regelrechte Bellini-Renaissance herbeizuführen:
Mit den Live-Auftritten und Schallplattenaufnahmen der Maria Callas kehrte die Musik Bellinis ins Bewußtsein der musikalischen Weltöffentlichkeit zurück.


Il pirata
Callas, New York, live (Warner)



Bei Norma
hat man die Wahl zwischen zwei glänzenden Einspielungen, eine in Mono, eine in Stereo (mit Christa Ludwig und Frano Corelli) (beide: Warner)



Mit makellosen virtuosen Leistungen wie der Final-Cabaletta der Amina aus La sonnambula konnte die Callas zuvor in ihrem Jahrhundert unerhörte vokale Artistik wieder beleben:

Ungemein flexibel und feinnervig gestütz vom jungen Leonard Bernstein am Dirigentenpult gelang hier Ziergesang von geradezu vollkommener Sorte, blitzsaubere Koloraturen, feinste Nuancierungen, penible Tongebung bis in die kleinste Zweiunddreißigstelnote.

Freilich hat Derartiges auch keine Sängerin mehr erreicht, die versuchte, der Primadonna assoluta in diesem Repertoire nachzueifern...



DA CAPO