Antonín Dvořák

1841 (Mühlhausen/Nelahozeves, Mittelböhmen) - 1904 (Prag)

Antonín Dvořáks musikalischer Werdegang läßt sich sehr gut an seinem symphonischen Schaffen ablesen, das stilistisch zwischen den Errungenschaften der sogenannten Neudeutschen Schule um Franz Liszt und der konservativeren Ausrichtung von Dvoraks Förderer Johannes Brahms mäandert:

→ Der Symphoniker




Dvořáks Spätstil

Von der → Siebenten Symphonie
zu den Tondichtungen

Kaum hat man eine Figur auch nur flüchtig kennen gelernt, wird man bereits freundlich von einer neuen begrüßt; man gerät in einen Zustand dauernder angenehmer Erregung.
Mit diesen Worten beschrieb der junge Leos Janacek seinen Eindruck von Antonín Dvořáks Achter Symphonie, deren in den Ecksätzen heller, strahlender Tonfall im Verein mit der formalen Spontaneität die Zeitgenossen überraschte - -

und manche befremdete.

George Bernard Shaw beschied dem Stück die »Qualität einer Rossini-Ouvertüre« und einen guten Platz in Promenadenkonzerten. Daß Dvořák hier einen neuen, freien Weg einschlug, bemerkten die wenigsten Kommentatoren. Die klassizistischen Fesseln waren abgeworfen. Der Komponist steuerte selbstbewußt einen Kurs, der ihn bald wegführen sollte von der viersätzigen Symphonieform, hin zu erzählenden, an poetischen Programmen orientierten Tondichtungen, die sein symphonisches Spätwerk dominieren.

Nach der berühmten und viel gespielten Neunten Symphonie und dem offenbar durch und durch »programmatischen«, klassische Formvorstellungen weit hinter sich lassenden Cellokonzert, das zu einer seiner populärsten Komponistionen werden sollte, schrieb Dvořák nur noch symphonische Dichtungen nach dem Vorbild der Neudeutschen Schule - und wandte sich ästhetisch damit zurück zu Franz Liszt, dessen Musik ihn in jungen Jahren stark beeinflußt hatte.

Die Zuneigung und Förderung durch Johannes Brahms hatte den böhmischen Musiker in den Jahren seither eher als Parteigänger der konservativen »Richtung« erscheinen lassen. Das Spätwerk Dvořáks offenbart nun eine Öffnung in Richtung eines subjektiven, innovativen Stils, der sich als ziemlich zukunftsweisend entpuppen sollte: Der junge Gustav Mahler, der in seiner Zeit als Wiener Hofoperndirektor viel von Dvoraks Musik dirigierte, war vom Tonfall dieser Musik hörbar beeinflußt - Spuren von Dvořáks „Waldtaube“ ziehen sich etwa bis hin in Mahlers Fünfte Symphonie. Und das frühe, D-Dur-Streichquartett Arnold Schönbergs klingt frappierend nach später Dvořák-Kammermusik...

In der dramatischen Siebenten und der lichteren Achten Symphonie Dvoraks zeigt sich die Aufbruchsstimmung und das gewonnene Selbstbewußtsein des Komponisten. Hatte man noch im Finale der Sechsten das Vorbild der Brahmschen D-Dur-Symphonie ausmachen können, spricht sich nun ein vollkommen unbeeinflußter Komponist auf originelle Weise aus.

↑DA CAPO