Die Geisterbraut

Antonin Dvořák op. 69 (1884)


Das originelle Werk nach einem Gedicht von Karel Jaromir Erben, dessen Märchenerzählungen dem Komponisten später als Vorlage für seine Tondichtungen dienen sollten, verdankt sich dem Erfolg von Dvořáks erstem großangelegten Chorwerk, dem Stabat mater. Der Komponist war sich seines Werts bereits bewußt, als er im November 1883 von dem englischen Verleger Novello eine Anfrage erhielt, ob er bereit wäre, für ein großes Festival eine weltliche Kantate zu schreiben. Die Summe, die er für sein neues Werk forderte, war mit 200 Pfund recht hoch bemessen - und wurde doch ohne Widerspruch akzeptiert.

So ging Dvořák also rasch nach der Rückkehr von seiner ersten, triumphalen Tour durch das Vereinigte Königreich an die Arbeit. Sie ging ihm leicht von der Hand. Die Volksballade aus der Feder Karel Jaromir Erbens (1811-1870) inspirierte ihn. Im Sommer 1884 war die Geisterbraut in nur sieben Wochen skizziert, die Partitur war Ende November vollendet.

Ich glaube (und Sie werden sehen, daß ich recht habe), das Werk wird in jeder Hinsicht die Kompositionen übertreffen, die ihm vorausgegangen sind, mit Ausnahme des »Stabat Mater«.

So versicherte Dvořák brieflich seine englischen Interessenten. Bevor er das Oratorium den Auftraggebern übersandte, probierte er es in seiner Heimat aus: Die Uraufführung dirigierte er selbst in Pilsen, wenig später erlaubte er eine Wiedergabe in Prag. Erst dann begab er sich mit der Partitur im Gepäck nach Birmingham, wo Die Geisterbraut - wiederum unter der Leitung des Komponisten - im August 1885 zur Sensation des Musikfestivals wurde. Das Publikum jubelte, die Kritik würdigte den Meister aus dem für die Briten »exotischen« Böhmen.

In einem Brief an die Freunde in der Heimat konnte er berichten:

Sie riefen mich unter heftigen »Dvořák«-Rufen immer wieder. Das Orchester strahlte, der Damenchor umringte mich, alle wollten meine Hand drücken, um mir zu gratulieren. Ich wußte gar nicht, was ich tun sollte.

Bereits im Winter gab man Die Geisterbraut auch in den USA, Edinburgh, Glasgow und London folgten, eine Saison später auch Australien und Kanada.

Erst im XX. Jahrhundert fiel ein Werk wie dieses, basierend auf volkstümlicher Dichtung, dem Verdikt der Geschmacks-Diktatoren zum Opfer. Kenner der Musik Dvořáks wußten aber stets um den Erfindungsreichtum dieses Werks und hielten damit die Erinnerung an die Geisterbraut am Leben.

↑DA CAPO