OPFERGANG
Über die Uraufführung von Hans W. Henzes letztem musikdramatischem Werk
22. Jänner 2010
Seit einem halben Jahrhundert lebt und arbeitet der Komponist Hans Werner Henze in Italien. Jetzt hat er erstmals einen italienischen Kompositionsauftrag erfüllt. Antonio Pappano bat in seiner Funktion als Chefdirigent der Accademia di Santa Cecilia in Rom zur Uraufführung eines neuen musiktheatralischen Werks namens "Opfergang".
Den Text fand Henze schon vor langer Zeit in einem 1913 erschienenen Gedichtband Franz Werfels. Der ungewöhnliche Dialog eines von der Polizei gejagten Mannes mit einem aus gutem Hause entlaufenen Hund hat ihn über Jahre hin fasziniert. Doch erst der römische Auftrag gab den Anstoß.
So ließ denn auch der Komponist seine Fantasie schweifen und erzählt die Geschichte samt allen dazugehörigen deskriptiven musikalischen Details für zwei Solisten, einen Pianisten und großes Orchester. Hinzu kommt ein Vokalensemble, das sämtliche Szenenanweisungen singend vorträgt und sich zuletzt in das Polizeiaufgebot verwandelt, das den Akteur vor sich her und in den Fluss treibt. Der Kadaver des Hundes, den der Mann getötet hat, dient als Wurfgeschoß gegen die Verfolger - während das "Opfer" aus dem Jenseits von Freundschaft und Liebe singt.
Das Publikum in Rom folgte der Novität fasziniert und bejubelte zuletzt Ian Bostridge (der dem Hund seine Tenorstimme lieh) und John Tomlinson, aber auch Antonio Pappano, der in Personalunion dirigierte und den Klavierpart übernahm, der üppig wuchernd eine Art Erneuerung des klassischen Seccorezitativs zu bewältigen hat, aber auch als Orchesterinstrument dient und den vielfach differenzierten Klang bereichert.
Die Accademia zauberte die - wie bei Henze gewohnt - hochexpressiven dramatischen Gebärden aus der Partitur, schwebende, irisierende Farbkonglomerate, aber auch albtraumartig aufgetürmte, undurchdringliche Klangmauern, gegen die der auch sprachlich intensiv gestaltete Gesang der beiden Solisten in oft schmerzlicher Dringlichkeit anzukämpfen hatte - ganz wie's der Komponist seinen Protagonisten zuwies. Henze, bald 84, hat in offenkundig ungebrochener Schaffenskraft wieder einmal bewiesen, wie souverän er das Musiktheatergenre beherrscht. Seine Musik holt uns in eine Geschichte hinein wie ein morgenländischer Märchenerzähler, macht selbst die krauseste Handlung staunens- und erlebenswert.
Den Text fand Henze schon vor langer Zeit in einem 1913 erschienenen Gedichtband Franz Werfels. Der ungewöhnliche Dialog eines von der Polizei gejagten Mannes mit einem aus gutem Hause entlaufenen Hund hat ihn über Jahre hin fasziniert. Doch erst der römische Auftrag gab den Anstoß.
Imaginäres Theater für den Konzertsaal
Wie schon des Öfteren hat der Opernmeister Henze imaginäres Theater für den Konzertsaal gemacht. Die Handlung, die mit der "Opferung" des Hundes und dessen "Himmelfahrt" endet, eignet sich ohnehin eher zum Träumen als zur szenischen Darstellung. Werfels Symbolismus lässt viele Deutungsmöglichkeiten - und noch mehr optische Assoziationen offen.So ließ denn auch der Komponist seine Fantasie schweifen und erzählt die Geschichte samt allen dazugehörigen deskriptiven musikalischen Details für zwei Solisten, einen Pianisten und großes Orchester. Hinzu kommt ein Vokalensemble, das sämtliche Szenenanweisungen singend vorträgt und sich zuletzt in das Polizeiaufgebot verwandelt, das den Akteur vor sich her und in den Fluss treibt. Der Kadaver des Hundes, den der Mann getötet hat, dient als Wurfgeschoß gegen die Verfolger - während das "Opfer" aus dem Jenseits von Freundschaft und Liebe singt.
Das Publikum in Rom folgte der Novität fasziniert und bejubelte zuletzt Ian Bostridge (der dem Hund seine Tenorstimme lieh) und John Tomlinson, aber auch Antonio Pappano, der in Personalunion dirigierte und den Klavierpart übernahm, der üppig wuchernd eine Art Erneuerung des klassischen Seccorezitativs zu bewältigen hat, aber auch als Orchesterinstrument dient und den vielfach differenzierten Klang bereichert.
Die Accademia zauberte die - wie bei Henze gewohnt - hochexpressiven dramatischen Gebärden aus der Partitur, schwebende, irisierende Farbkonglomerate, aber auch albtraumartig aufgetürmte, undurchdringliche Klangmauern, gegen die der auch sprachlich intensiv gestaltete Gesang der beiden Solisten in oft schmerzlicher Dringlichkeit anzukämpfen hatte - ganz wie's der Komponist seinen Protagonisten zuwies. Henze, bald 84, hat in offenkundig ungebrochener Schaffenskraft wieder einmal bewiesen, wie souverän er das Musiktheatergenre beherrscht. Seine Musik holt uns in eine Geschichte hinein wie ein morgenländischer Märchenerzähler, macht selbst die krauseste Handlung staunens- und erlebenswert.