HAYDNS SYMPHONIEN
104 Variationen über die Erfindung einer neuen Form
→ Die Symphonien - nach Hoboken
Die frühesten Versuche (ab 1757), die Symphonien aus der Dienstzeit beim Grafen Morzin, bilden den ersten Block in Haydns Landnahme im symphonischen Genre. Er hat zwar die Gattung Symphonie nicht erfunden, wie gern vereinfachend behauptet wird. Aber er hat sie musikhistorisch auf eine Ebene gehoben, die zum fruchtbaren Gebiet für Generationen von Komponisten bis ins frühe XX. Jahrhundert werden sollte.
Insofern stimmt das Wort vom »Ahnvater Haydn«. Und es ist aus musikwissenschaftlicher Perspektive bemerkenswert, daß Haydns erste Symphonien aus dem Jahr 1757 stammen, dem Todesjahr von Johann Stamitz, der als Vorreiter nicht nur der großen Symphoniker von unschätzbar hohem Rang war.
Haydn war damals in Diensten des böhmischen Grafen Morzin - und es ist den Zeitläuften zuzuschreiben, daß wir vermutlich keineswegs alle frühen Symphonien des Komponisten besitzen, weil das Morzinsche Archiv, wenn überhaupt, irgendwo in böhmischen Landen erhalten blieb und seiner Entdeckung harrt.
Aus Abschriften aber kennen wir ein halbes Dutzend Haydn-Symphonien, die mit Sicherheit Ende der Fünfzigerjahre des XVIII. Jahrhunderts stammen, darunter die von Hoboken mit Nr. 1 gezählte Symphonie in D-Dur, gesetzt wie die meisten frühen Werke des Genres für zwei Oboen, zwei Hörner und Streicher.
Haydn selbst bezeichnete diese Stück gegenüber seinem Biographen Griesinger als sein Einstandswerk; Forschungen haben aber ergeben, daß die Nummern 23 und 33 noch früher entstanden sein dürften.
Erste Werke für Fürst Esterházy
Wie auch immer: Von den ersten Haydn-Symphonien nehmen die Die Tageszeiten SymphonienNummern 6 bis 8 dank ihrer programmatischen Titel eine Sonderstellung ein: die sogenannten → Tageszeiten-SymphonienLe matin
Le midi
Le soir
Internationale Geltung
»Unbekannte Namen, die man sich merken sollte«, so etwa ließe sich der Titel einer Publikationsreihe übersetzen, die in Paris in den Sechzigerjahren des XVIII. Jahrhunderts Orchesterwerke in Druck präsentierte. In dieser Reihe erschien 1764 erstmals eine Symphonie von Joseph Haydn jenseits der Grenzen des Habsburgerreichs.Den Namen des Komponisten merkten sich die französischen Musikfreunde rasch. Paris blieb eine der bevorzugten Städte, in denen Drucke Haydnscher Werke aufgelegt wurden - und nicht von ungefähr kam aus Paris die erste große Einladung an den dann bereits weltberühmten Symphoniker und es entstand die Serie der → Pariser Symphonien.
Haydns symphonische Anfänge: Am Beispiel von Hob. I/10
Zwei Jahrzehnte früher: Der »Einstand« mit der im Hobokenverzeichnis mit der Nummer 10 gezählten D-Dur-Symphonie. Sie ist neben den Nummern 1, 4 und 15 nachweislich für Haydns ersten bedeutenden Dienstherrn, den Grafen Morzin komponiert.
Das Werk, in den Ecksätzen stürmisch vorwärtstreibend, steckt voller Überraschungen: So beginnt etwa die Durchführung des ersten Allegros als ob schon die Reprise erreicht wäre. Das graziöse G-Dur-Andante inmitten wird von einer melancholischen Seufzermelodie beherrscht.
Der Formenreichtum innerhalb der langen Reihe von Haydns Symphonien ist enorm.
Im Falle der → C-Dur-Symphonie (Hob. I/60) hat der Komponist eine Schauspielmusik in eine Symphonnie verwandelt, die den Namen der zugrundeliegenden Komödie trägt - Il distratto - und voll von theatralischen Anspielungen steckt.
Ähnlich gelagert der Fall der Im Falle der → Symphonie Nr. 63, La Roxolane, die ebenfalls aus einer Schauspielmusik stammt, deren erster Satz überdies die Ouvertüre zur Oper Il mondo della Luna bildet.