Streichquartett Nr. 12 op. 133
Des-Dur 1968
Das Werk ist Dimitri Zyganow gewidmet, dem Primgeiger des Moskauer Beethoven-Quartetts, das so gut wie alle kammermusikalischen Werke für Streicher aus der Feder dieses Komponisten aus der Taufe gehoben hat. Zyganow war noch Gründungsmitglied des Ensembles, aus dem Anfang er Sechzigerjahre bereits Sekundgeiger Wassilij Schirinksi und Bratscist Wadim Borissowski ausgeschieden waren.
Von seiner Datscha schrieb der Komponist dem Musikerfreund im Frhjahr 1968:
Lieber Mitja!Beim ersten Telephonat mit Zyganow nach seiner Rückkehr nach Moskau entspann sich ein bemerkenswerter Dialog:
Morgen ist Dein Geburtstag!
Eben habe ich das Quartett beendet und möchte Dich bitten, die Widmung anzunehmen.
Weißt Du, ich glaube, es ist nicht schlecht.
--- Ist es kammermusikalisch? ---- Nein, nein. Es ist eine Symphonie. Eine Symphonie!
Eine »Symphonie« für Streichquartett
Das Werk ist in zwei größere Abschnitte gegliedert, von denen der erste, Moderato, eine Art konzentrierter Einleitung oder musikalischer Bestandsaufnahme darstellt, während der umfangreichere zweite Abschnitt in sich mehrteilig ist, aber pausenlos abläuft, während das Geschehen zu wahrhaft symphonischer Dichte anschwillt.Zwölfton-Strukturen
Das Quartett ist, wiewohl Des-Dur als Grundtonart vorgezeichnet ist, das erste Werk Schostakowitschs, in das - wie danach noch des öfteren - Melodien einfließen, die sich aus allen zwölf Tönen der chromatischen Skala zusammensetzen. Wenn er Arnold Schönbergs Zwölftonmethode auch nie für sich adaptiert hat, interessierte den Komponisten doch das Experimentieren mit zwölftönigen Strukturen. Das Quartett Nr. 12 hebt gleich mit einer solchen 12-tönigen thematischen Wendung im Cello an.Auch der Seitensatz des ersten Abschnitts besteht aus allen zwölf Tönen der Skala - für Schostakowitsch eine völlig neue Erfahrung:
Die durchaus emotionale Klangsprache des Quartetts ließ Freunden der Musik Schostakowitschs das Werk trotz dieser ungewohnten Elemente harmonischer Abenteuerlust weniger problematisch erscheinen als die in der Folge komponierte, David Oistrach gewidmete → Violinsonate (op. 134), der selbst Biograph Krzysztof Meyer eine »gewisse intellektuelle Kühle« unterstellt.
Schostakowitschs Streichquartette