Das Wundertheater

Regisseur Thomas Schulte-Michels im Gespräch über Hans Werner Henzes erstes Musiktheaterwerk


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Nichts gegen ,Cavalleria rusticana'. Aber wenn die Zuschauer den ganzen Abend lang mitpfeifen?" Thomas Schulte-Michels beantwortet die Frage nach dem Grund für die neue Koppelung des "Bajazzo" an der Wiener Volksoper mit einer rhetorischen Gegenfrage. Sie enthält den sanften Hinweis darauf, dass bei Hans Werner Henzes Erstlingswerk, Das Wundertheater, gewiss niemand mitpfeifen wird.

Das Wundertheater ist das Werk eines 21-jährigen Komponisten, der zwischen allen Stühlen, die ihm von der damaligen Avantgarde bereitgehalten wurden, bewusst den Platz zwischendrin - oder, wenn man so will, im Schmollwinkel - gewählt hat. Ein "Moderner", wie es ihm die adornitische Kulturphilosophie in Deutschland nach 1945 vorgeschrieben hätte, wollte Henze nicht sein. Und überhaupt Deutschland! Er tendierte nach Italien, suchte in der Oper ganz gegen den dissonanten Trend das Gesangliche, den Schönklang, das märchenhafte Abenteuer.

Er fand es über einen zauberhaften Umweg: Das Wunderthater war als Erstversuch ein Stück nach Cervantes für Schauspieler. Das Orchester liefert zum gesprochenen Dialog die musikalischen Kommentare. Erst 1964, längst zum erfolgreichen Opernkomponisten (mit Wohnsitz in Italien!) mutiert, arrangierte Henze sein Jugendwerk neu - und schrieb die Rollen für Sänger um.

"Ich habe, nachdem wir mit der Volksopern-Dramaturgie diesen Plan ausgeheckt hatten, nur einen einzigen Menschen gefunden, der das Stück kannte", amüsiert sich Schulte-Michels über die Kombination von Henzes Einakter mit dem allseits populären Reißer von Leoncavallo. Aber die beiden Antipoden hätten allerhand miteinander zu tun: "Einmal wird behauptet, da sei etwas - und da ist gar nichts. Dann wird so getan, als ob alles nur Komödie wäre, und wir sind plötzlich mit dem schrecklichen Sein konfrontiert" - daraus lässt sich schon ein dramaturgisches Bändchen knüpfen.

Für den Komponisten Henze empfindet der Theatermann Schulte-Michels, der seit geraumer Zeit die Oper für sich entdeckt hat, manche Sympathie: "Nicht nur", sagt er, "weil er mir politisch nahesteht. Er war offenbar durch die Vorgänge zwischen 33 und 45 traumatisiert und geht nun mit dem Prügel seiner Noten in der Hand dagegen an."

Im Wundertheater, so der Regisseur, finde ein bösartiger Selektionsvorgang statt: "Das ist sehr stark, schon bei Cervantes prophetisch, wenn man so will. Und Henze macht ja immer Musiktheater, er missbraucht nicht die Bühne für ein erweitertes Konzert." Zudem sei die Musik, auch wenn man sie gewiss nicht nach dem ersten Hören nachpfeifen könne, "nicht so, dass ich beim ersten Akkord vor Schreck an die Rückwand geprallt wäre. Auch wenn sie natürlich nicht aus dem klassischen Beet entsprungen ist."

↑DA CAPO

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