Noch einmal ist es eine Opern-Suite, die uns in die Welt Alban Bergs einführt: War der
Wozzeck der Beweis, das mit den Mitteln der sogenannten
Atonalität (wenn auch mit einigen Rückbesinnungen auf Altvertrautes) eine abendfüllende Oper geschrieben werden konnte, so bewies die
Lulu, deren Instrumentation der Komponist allerdings nicht vollenden konnte, daß auch mit den Mitteln der
Zwölftonmethode ein effektvolles Musikdrama komponiert werden konnte. Auch hier hat Berg für Erich Kleiber eine Suite zusammengestellt, die in Berlin 1934 einen Skandal bei den neuen NS-Machthabern auslöste, die aber hören ließ, wie wunderbar vielschichtig die sogenannte »Zwölftonmusik« klingen konnte, wenn man sich nur aufs Instrumentieren versteht: Berg schuf hier eine hoch expressive Liebesszene (1. Satz), dann zwei pittoreske Zwischenspiele (2. und 4. Satz) sowie ein leidenschaftliches, durchaus an der Ästhetik Gustav Mahlers orientiertes
Adagio-Finale, das zur Symbolisierung des Mords an der Titelheldin in einem schneidenden Zwölfton-Akkord gipfelt. Im Zentrum, das kurze Koloratur-Lied der Lulu, eine Art tönende Visitenkarte der männermordenden
femme fatale. Pierre Boulez und die Wiener Philharmoniker loten alle Klangsinnlichkeit des Bergschen Orchesters aus - und haben mit Anna Prohaska eine exzellente Interpretin des zentralen
Lieds der Lulu.