Klaviertrio g-Moll op. 15
Friedrich Smetana 1855
Friedrich Smetana, der böhmische Nationalkomponist, war als Musiker ganz dem Stil der sogenannten Neudeutschen Schule um Franz Liszt verpflichtet. Seine Orchesterwerke gehören allesamt der Gattung Symphonische Dichtung zu. Und auch seine Kammermusik ist zutiefst programmatisch konnotiert. So verarbeiten beide Streichquartette des Komponisten eigenes Schicksal der fortschreitenden Ertaubung im Gefolge einer venerischen Erkrankung.
Das Klaviertrio, entstanden im Herbst 1855, ist hingegen Spiegel des Seelenzustands Smetanas nach dem Verlust seiner Tochter Friederike, die vierjährig starb, ein Jahr, nachdem bereits ihre jüngere Schwester als Kleinkind gestorben war.
Das Klaviertrio, entstanden im Herbst 1855, ist hingegen Spiegel des Seelenzustands Smetanas nach dem Verlust seiner Tochter Friederike, die vierjährig starb, ein Jahr, nachdem bereits ihre jüngere Schwester als Kleinkind gestorben war.
1. Moderato assai
2. Allegro, ma non agitato – Alternativo I. Andante – Alternativo II. Maestoso
3. Finale. Presto
Unüberhörbar beginnt dieses Werk mit einem Klagegesang, mit der Frage »Warum?«, angestimmt zunächst von der Geige allein, ehe die beiden anderen Instrumente einfallen. Smetana nutzt, wie in seinen Tondichtungen für Orchester, die klassische Sonatenform in verwandelter Gestalt für subjektive Botschaften: Der Mittelteil des Moderato assai bringt statt einer Durchführung der Themen ein zartes musikalisches Portrait in A-Dur, wohl eine Erinnerung an das früh verstorbene Kind.
Ein Portrait der kleinen Friederike dürfte wohl auch der Allegro-Teil des Mittelsatzes darstellen: Die spielerisch-unbeschwerte Musik wird von zwei Trio-Sektionen unterbrochen, die Smetana »Alternativi«. Alternativo I ist ein liebevolles Wiegenlied, Alternativo II allerdings bäumt sich, jäh hereinbrechend, zu einem drohenden Trauermarsch auf. Die unschuldige Stimmung des Allegro kann sich bis zum Satzschluß nicht mehr einstellen, der fragend resgniert schließt.
Auch das Finale kann die programmatischen Verknüpfungen mit dem persönlichen Schicksal Smetanas nicht leugnen. Eine wilde Jagd in triolischer Bewegung stürmt los, das hymnische Cellothema, das sich dem Toben entgegenstemmt, wird zwar von Geige und Klavier aufgenommen und zu einem hinreißenden Hoffnungs-Gesang geweitet, kann sich letztlich aber nicht durchsetzen. Bald erklingt - Grave, alla marcia - ein stockender Trauermarsch, von Ferne tönt die Totenglocke herein. Die rasende Bewegung des Satzbeginns kehrt wieder - nunmehr nach G-Dur aber keineswegs ins Positive gewendet.
Bei der Uraufführung des Trios war Franz Liszt zugegen, der als einer der wenigen frühen Zeugen die Bedeutung von Smetanas Komposition zu würdigen wußte.
Aufnahmen
Eine glühend ausdrucksstarke Aufnahme dieses Trios gibt es mit David Oistrach, Sviatoslav Knushevitsky (Violoncello) und Lev Oborin (Klavier), mehrfach ediert und zuletzt auf einer CD mit russischem Repertoire von Glinka bis Rimskij-Korsakow bei Urania Records erschienen.Mit Mendelssohns zweiten Klaviertrio in c-Moll hat das legendäre Beaux-Arts-Trio seine Aufnahme von Smetanas Werk gekoppelt, ein Aufnahme-Klassiker, leidenschaftlich, aber durchaus formal gezügelt. (Philips/Decca)