27. Juli 2011
Smetana, deutsch gesungen
Wenn Nikolaus Harnoncourt einen Klavierauszug findet...
Wenn Nikolaus Harnoncourt einen Klavierauszug in einem Antiquariat findet, dann darf Smetana endlich wieder auf Deutsch gesungen werden.
Angefangen hat hierzulande alles mit einer Streiterei über die Frage, ob man Verdi auf Deutsch oder Italienisch singen muss. Herbert von Karajan, damals Operndirektor in Wien und Mailand, dachte nicht daran, auf den Import seiner Scala-Sänger zu verzichten, wenn "Otello" auf dem Programm stand. Wenn auch noch shakespeariger als heute "Othello" auf dem Programmzettel stand, wurde doch "esultate" gesungen und nicht "Freut euch alle".
Künstlerisch ist natürlich kein Kraut gegen die Tatsache gewachsen, dass jede Anpassung von Melodien an fremde Idiome mit Holprigkeiten erkauft werden muss. Andererseits ging es Komponisten wie Librettisten immer auch sehr darum, dass das Publikum den Text verstehen möge.
Richard Strauss hat vor der Uraufführung der inhaltlich so verworrenen "Ägyptischen Helena" sogar angeregt, man möge, wie früher, doch das Licht im Auditorium nicht ganz abschalten, um auch Hofmannsthal zu seinem Recht kommen zu lassen (und den Verkauf der Textbücher anzukurbeln).
Dabei wurde in Dresden selbstverständlich deutsch gesungen. Doch Strauss wusste wohl, dass Sänger seinen brodelnden Orchester-Hexenkessel mit ihren Stimmen nur mit Mühe durchdringen - und dabei sollen sie auch noch deutlich artikulieren?
Heute haben wir allenthalben Übertitelungen oder kleine Kästchen, in denen der Text mitläuft. Dank dieser nützlichen Errungenschaft mutieren freilich viele Zuschauer zu Mitlesern und bekommen inszenatorische Feinheiten gar nicht mehr mit.
Einen Ausweg aus diesem notorischen Verständnis- und Ästhetik-Wirrsal gibt es nicht. Wären die Sänger imstande, deutlich zu artikulieren, ließen sich bei manchen Stücken doch direktere Kommunikationsformen finden. Komödien wie den "Figaro" oder "Cosi fan tutte" auf Deutsch kennenzulernen, schadet Opernfreunden jedenfalls nicht - sofern sie den Text wie bei einer Theateraufführung wirklich verstehen können und nicht via Leuchtschrift vermittelt bekommen.
Dass Nikolaus Harnoncourt für seine Grazer "Verkaufte Braut" auf eine eben in einem Antiquariat aufgetauchte Ausgabe zurückgreifen konnte, in der sich ein von Smetana approbierter deutscher Text fand, ermöglichte es der Styriarte immerhin, wirklich eine "Verkaufte Braut" und nicht eine "Prodana nevesta" ihrem Publikum vorzusetzen - in jener Sprache, die der böhmische Nationalkomponist ja besser beherrschte als das Tschechische.
Politisch betrachtet, hätte Leos Janacek an dieser Pointe seine Freude. Anders als der bekennende Wagnerianer Smetana war er ja extrem anti-deutsch eingestellt. Und seine "Katja Kabanova" wird in Wien neuerdings gesungen wie komponiert: aus dem Wort heraus geboren. Zu dem Preis, dass so gut wie niemand im Zuschauerraum dieses Wort versteht...
Angefangen hat hierzulande alles mit einer Streiterei über die Frage, ob man Verdi auf Deutsch oder Italienisch singen muss. Herbert von Karajan, damals Operndirektor in Wien und Mailand, dachte nicht daran, auf den Import seiner Scala-Sänger zu verzichten, wenn "Otello" auf dem Programm stand. Wenn auch noch shakespeariger als heute "Othello" auf dem Programmzettel stand, wurde doch "esultate" gesungen und nicht "Freut euch alle".
Künstlerisch ist natürlich kein Kraut gegen die Tatsache gewachsen, dass jede Anpassung von Melodien an fremde Idiome mit Holprigkeiten erkauft werden muss. Andererseits ging es Komponisten wie Librettisten immer auch sehr darum, dass das Publikum den Text verstehen möge.
Richard Strauss hat vor der Uraufführung der inhaltlich so verworrenen "Ägyptischen Helena" sogar angeregt, man möge, wie früher, doch das Licht im Auditorium nicht ganz abschalten, um auch Hofmannsthal zu seinem Recht kommen zu lassen (und den Verkauf der Textbücher anzukurbeln).
Dabei wurde in Dresden selbstverständlich deutsch gesungen. Doch Strauss wusste wohl, dass Sänger seinen brodelnden Orchester-Hexenkessel mit ihren Stimmen nur mit Mühe durchdringen - und dabei sollen sie auch noch deutlich artikulieren?
Heute haben wir allenthalben Übertitelungen oder kleine Kästchen, in denen der Text mitläuft. Dank dieser nützlichen Errungenschaft mutieren freilich viele Zuschauer zu Mitlesern und bekommen inszenatorische Feinheiten gar nicht mehr mit.
Einen Ausweg aus diesem notorischen Verständnis- und Ästhetik-Wirrsal gibt es nicht. Wären die Sänger imstande, deutlich zu artikulieren, ließen sich bei manchen Stücken doch direktere Kommunikationsformen finden. Komödien wie den "Figaro" oder "Cosi fan tutte" auf Deutsch kennenzulernen, schadet Opernfreunden jedenfalls nicht - sofern sie den Text wie bei einer Theateraufführung wirklich verstehen können und nicht via Leuchtschrift vermittelt bekommen.
Dass Nikolaus Harnoncourt für seine Grazer "Verkaufte Braut" auf eine eben in einem Antiquariat aufgetauchte Ausgabe zurückgreifen konnte, in der sich ein von Smetana approbierter deutscher Text fand, ermöglichte es der Styriarte immerhin, wirklich eine "Verkaufte Braut" und nicht eine "Prodana nevesta" ihrem Publikum vorzusetzen - in jener Sprache, die der böhmische Nationalkomponist ja besser beherrschte als das Tschechische.
Politisch betrachtet, hätte Leos Janacek an dieser Pointe seine Freude. Anders als der bekennende Wagnerianer Smetana war er ja extrem anti-deutsch eingestellt. Und seine "Katja Kabanova" wird in Wien neuerdings gesungen wie komponiert: aus dem Wort heraus geboren. Zu dem Preis, dass so gut wie niemand im Zuschauerraum dieses Wort versteht...