Die verkaufte Braut
Friedrich Smetana nach Sabinas Der ewige Bräutigam
Darf man Smetana auf Deutsch singen?PERSONEN DER HANDLUNG
Kruschina, ein Bauer (Bariton) – Kathinka, seine Frau (Mezzosopran) – Marie, beider Tochter (Sopran) – Micha, Grundbesitzer (Baß) – Háta, seine Frau (Alt) – Wenzel, beider Sohn (Tenor) – Hans, Michas Sohn aus erster Ehe (Tenor) – Kezal, Heiratsvermittler (Baß) – Springer, Zirkusdirektor (Tenor oder Bariton) – Esmeralda, Tänzerin (Sopran) – Muff, Komödiant (Baß)
Ein Dorf in Böhmen, Mitte des XIX. Jahrhunderts
HANDLUNG
1. Akt
Kirchweihfest im Dorf.
Chor Seht am Strauch die Knospen springen
Marie ist nicht nach Tanzen zumute. Sie soll heute mit dem einfältigen Wenzel verlobt werden. Doch liebt sie den Knecht Hans.Arie Gerne will ich dir vertrauen
Von ihm weiß man lediglich, daß die Stiefmutter ihn vom Hof vertrieben hat.Duett Mit der Mutter sank zu Grabe
Der Heiratsvermittler Kezal preist die Vorzüge des Bräutigams Wenzel. Die Eltern willigen ein, ihre Tochter mit dem Sohn des Micha zu verheiraten.Terzett Alles ist so gut wie richtig
Marie jedoch verspricht, Hans die Treue zu halten.2. Akt
Hans erlebt beim Tanz im Wirtshaus, wie der stotternde Wenzel als Bräutigam erscheint.
Ma-mein Mü-Mütterlein ha-hat zu mir gesagt
Marie, die er nicht erkennt, schildert Wenzel seine Braut in den schrecklichsten Farben, sodaß er schwört, auf sie zu verzichtenIch würd' Euch zärtlich lieben
Währenddessen will Kezal mit Geld zum Verzicht auf Marie zu bewegen und schlägt ihm eine gute Partie vor.Weiß ich doch eine, die hat Dukaten
Hans steigt zum Schein auf den Handel ein und treibt seinen Preis auf 300 Gulden in die Höhe. Dann schlägt er ein unter der Bedingung, daß Marie Michas Sohn heiraten müsse.Wart nur, wart, bis die Augen dir aufgehen . . . Wie wär's denn möglich
Kezal erzählt triumphierend herum, Hans hätte seine Braut verkauft.3. Akt
Wenzel, der vor der vermeintlich gefährlichen Braut Angst hat, verliebt sich in die Tänzerin der Wandertruppe, die gerade ihr Gastspiel absolviert. Dem Zirkusdirektor gelingt es, den Verliebten zu überreden, anstelle seines betrunkenen Schaustellers Muff ins Kostüm des Bären zu schlüpfen. – Marie ist entsetzt, als sie hört, Hans hätte sie »verkauft«.
Sextett Überleg dir's, Marie –
Arie Mein Liebestraum, wie war er schön!
Dem Erklärungsversuch des Hans schenkt sie keinen Glauben, als er ihre trotzige Aussage, sie werde nun doch Michas Sohn heiraten, lachend quittiert.
Ein Dickkopf bist du
Hans gibt sich als Michas (anderer) Sohn zu erkennen. Marie jubiliert, Kezal ist blamiert. Bär, der plötzlich über den Dorfplatz trottet, ist rasch als Wenzel entlarvt. Micha gibt seinen Segen.Die Musik
Sein - zunächst als »Operette« bezeichnetes - musiktheatralisches Meisterwerk hatte Friedrich Smetana schon drei Jahre vor seinem Sensationserfolg mit Die Brandenburger in Böhmen vollendet, der ihm 1866 den ersten Preis in einem vom Grafen Harrach ausgelobten Wettbewerb für eine »wahrhaft nationale« Oper eingebracht hatte. Dennoch fand die Uraufführung der Verkauften Braut, vor halb leerem Haus statt und wurde ein eklatanter Mißerfolg.Lag es daran, daß man dem »Nationalkomponisten« wegen seines musikalischen Stils den Vorwurf des »Wagnerismus« machte?
Tatsächlich ist der Tonfall von Smetanas Musik, abgesehen von den eindeutig böhmischen Tanznummern, viel eher von der deutschen Romantik, von Lortzing oder Nicolai, als von italienischen oder französischen Vorbildern beeinflußt.
Die detailfreudige musikalische Charakterisierungskunst - etwa des geschwätzigen Kezal - hat allerhand mit den Stilmitteln der sogenannten »Neudeutschen Schule« um Franz Liszt zu tun, deren Vorbild ja auch in den Symphonischen Dichtungen Smetanas unüberhörbar ist.
Abgesehen von den hinreißenden melodischen Einfällen beweist sich an der Partitur dieser Oper auch Smetanas eminentes handwerkliches Können. Die Ensemblesätze, allen voran das Terzett im ersten und das Sextett im dritten Akt sind Meisterwerke ihrer Art.
Daß Smetana immer auch Aufführungen in der jeweiligen Landessprache im Auge hatte, verstand sich seinerzeit von selbst. Die deutsche Übersetzung Emanuel Züngels trug er selbst mit roter Tinte in seine handschriftliche Partitur ein. Dieser Text wurde allerdings erst von Nikolaus Harnoncourt bei seiner Einstudierung in Graz restituiert. Die Wiener Erstaufführung im April 1893 im Theater ging in der dann als gültig betrachteten Übersetzung Max Kalbecks über die Bühne.
Halbszenische Version unter Nikolaus Harnoncourt mit Dorothea Röschmann und Kurt Streit.
(Styriarte Edition)