Szenen aus dedem Leben der Hl. Johanna

Handlung in drei Teilen und einem Vorspiel op. 57
Walter Braunfels - nach G B. Shaw

1943
Für dieses Werk stand Paul Hindemith Pate. Braunfels erlebte die Zürcher Uraufführung von dessen Mathis der Maler, war tief beeindruckt, aber auch überzeugt, ein ähnliches Werk auf einen eigenen Text selbst »besser machen« zu können. George Bernard Shaws Saint Joan und die umfangreichen Prozeßakten gegen die Jungrau von Orleans dienten ihm als Vorlage für sein Stücke, das in seiner Faktur die &raqquo;sachliche« Machart erfolgreicher Nachkriegsopern wie Gottfried von Einems Dantons Tod vorwegzunehmenscheint: Wagneisch-durchkomponierte Großformen weichen knappen, jeweils auf eigenem motisch-thematischem Material basierenden Szenen-Blöcken. Die Oper besteht aus acht solchen »Blöcken«, deren Erzählstruktur in eine Überwindung aller irdischen Freuden und Leidenschaften durch eine Apotheose des Glaubens mündet.

Während Dichtung und Komposition lebte Braunfels bereits unter dem Bannstrahl der Nationalsozialisten - sein Werk wurde erst posthum, 2008 in Berlin, szenisch uraufgeführt. Eine konzertante Produktion fand bereits sieben Jahre zuvor in Stockholm statt.

Handlung


I
Das englische Heer wütet auf französischem Boden. Während das verängstigte Volk zur Gottesmutter betet, vernimmt das Hirtenmädchen Johanna die Stimmen der Heiligen Katharina und der Heiligen Margareta: Sie werde an der Spitze einer eigenen Armee die belagerte Stadt Orléans befreien und den Dauphin Karl von Valois nach Reims führen. Ihr Vater Jakobus will das Mädchen vor den feindlichen Soldaten in Sicherheit bringen und schickt sie zu seinem Cousin auf die Burg Vaucouleurs. Als er Abschied genommen hat, erscheint der Erzengel Michael und versichert Johanna ihrer Sendung: »Deine Stunde kam«

II
Auf Vaucoleurs lösen Johannas Visionen eine Revolution aus. Wunderbare Zeichen bezeugen ihren Auftrag: Das Wasser im Brunnen wird trüb. Das Volk fordert, die Jungfrau dem Dauphin vorzuführen. Ein Signal kündet das Kommen von dessen Boten an: Gilles de Rais, »Blaubart«, kommt, Johanna zu begleiten: Sie soll Karl entgegenreiten. Das Wasser im Brunnen klärt sich.

Karl von Valois hadert mit dem Schicksal, zweifelt an seiner Sendung, galt er doch dem eigenen Vater als Frucht eines Fehltritts der Königin. Die Stadt Orleans kann der Belagerung durch die Engländer kaum noch standhalten.
Da tritt Gilles de Rais vor ihn und kündigt das Kommen des erleuchteten Hirtenmädchens an. Man stellt sie auf die Probe: Johanna erweist ihre Hellsicht, indem sie die Knie vor dem rechtmäßigen König beugt: »Du bist der wahre Erbe Frankreichs← Blaubart spendet sein Vermögen für den Feldzug nach Orléans. Johanna will mit einer Fahne an der Spitze reiten; im Zeichen von »Jesus und Maria«.

Orléans ist befreit, die Königskrönung in Reims steht bevor. Der Herzog La Trémouille sinniert über die Folgen des Krieges: Übles Gesindel zeigt sich allenthalben: Doch er ist gewiß: Johanna wird fallen!

Siegesfanfaren begleiten die Krönungsfeierlichkeiten in Reims. Johannas Vater auf der Suche nach seiner Tochter. Die Jungfrau drängt sich durch das Menschenmassen in seine Arme: Sie will auch in Zukunft nur den Stimmen der Heiligen folgen. Sie trägt die siegreiche Fahne voraus in die Kathedrale. La Trémouille beschwört indes ihren Untergang. Doch noch steht die Jungfrau triumphierend an der Seite des gekrönten Königs.

Im Wald von Compiègne hat vernimmt Johanna erneut die göttlichen Stimmen: Sie muß bereit sein, Leiden auf sich zu nehmen, denn sie hat dem irdischen Drängen nachgegeben, und hat gegen die göttliche Weisung und daher vergeblich auch Paris zu stürmen versucht. Gilles de Rais mahnt Johanna, sich nicht so nah dem Feind aufzuhalten. Doch im Bewußtsein ihrer Sendung, wendet sich Johanna erneut gegen die Engländer. Sie gerät in Gefangenschaft, während Blaubart entkommt.

Unter der Folter hat Johanna all ihre Aussagen über ihren göttlichen Auftrag widerrufen und sich selbst der Lüge und des Meineids bezichtigt. Sie hatte gehofft, sich damit freizukaufen. Doch der Vikar Inquisitor teilt ihr das Urteil mit: Lebenslang wird sie im Kerker in Ketten liegen. Die Stimmen der Heiligen Katharina und Margareta verkünden, was ihr Widerruf angerichtet hat: Ihre Mitstreiter liegen in Agonie, der König ist verzweifelt und La Trémouille triumphiert. Sankt Michael zeigt ihr in einer Vision den für sie bestimmten Scheiterhaufen auf dem Marktplatz von Rouen und die jubelnde Menschenmenge. Johanna begreift: Sie muß ihr Schicksal annehmen. Als Blaubart erscheint, um sie zu befreien, weist sie ihn zurück.

Bischof Cauchon triumphierend angesichts des Erfolgs des von ihm geführten Hexenprozesses: Johanna hat durch ihren Widerruf die Bedeutung ihres Wirkens zunichte gemacht. Doch sie konnte sich im Kerker von den Ketten befreien und versichert nun, lediglich abgeschworen zu haben, um ihr Leben zu retten. Wahrhaftig hätte Gott sie gesandt. Damit besiegelt sie ihr Todesurteil.

Gilles de Rais wird Zeuge des Flammentodes der Jungfrau und kann nicht begreifen, daß es ihr nicht gelingen könnte, ein Wunder zu wirken und sich zu befreien. - Da entdeckt das Volk im verlöschenden Feuer das unversehrte Herz Johannes. Der Vikar Inquisitor bekennt: »Wir haben eine Heilige verbrannt!«


↑DA CAPO