Ulenspiegel
Walter Braunfels - nach de Coster
Uraufführung Stuttgart 1913
1882 in Frankfurt geboren, Schüler von Ludwig Thuille, galt Walter Braunfels als einer der hoffnungsvollsten Opernkomponisten Deutschlands. Mit seinem Erstling, Prinzessin Brambilla, gelang ihm dank der Unterstützung durch Max von Schillings ein durschlagender Erfolg. Schillings nahm als Dirigent und Intendant auch die zweite Oper Ulenspiegel in den Spielplan auf. Am 4. November 1913 wurde die Uraufführung in Stuttgart zum Triumph für den Komponisten.
Doch verhinderte wohl der Ausbruch des Ersten Weltkrieges eine weitere Verbreitung der Partitur, die in den Wirren des Zweiten Krieges, während dessen ein Aufführungsverbot für die Musik des jüdischstämmigen Komponisten bestand, verlorenging und Jahrzehnte später für Wiederaufführungen aus dem Stimmenmaterial der Uraufführung rekonstruiert werden mußte.
Diese Wiederbegegnungen widerlegten posthum Braunfels' eigene Einschätzung, das Werk sei »mißglückt«. Zu diesem Urteil mögen persönliche Erlebnisse des Komponisten beigetragen haben, vor allem die Tatsache, daß im Finale des Werks eine Kriegsbegeisterung herrscht, die mit den Zeitströmungen anno 1913 im Deutschen Kaiserreich kongruent gewesen sein mochte, nach den Erfahrungen Braunfels' als Frontsoldat aber als schwer erträglich empfunden werden mußten.
Die schwere Verwundung, die Braunfels im Feld traf, bewirkte übrigens seine Konversion vom Protestantismus zum Katholizismus, die sich wiederum mit der Verteufelung der Katholiken im Opernlbretto schlug.
Braunfels schuf nach 1918 lieber geistliche Werke vom Zuschnitt seines großen Te Deums, das Günter Wand in einer vorzüglichen Einspielung der Vergessenheit entrissen hat.
Außerdem brachte 1920 die Premiere seiner hintergründig-kritischen Aristophanes-Vertonung → Die Vögel einen erneuten Popularitätsschub, der bis zum Verbot durch die Nationalsozialisten - ausgesprochen ausgerechnet vom früheren Förderer Max von Schillings! - anhalten sollte.
Braunfels Musik positioniert sich in der damals üblichen Wagner-Nachfolge irgendwo zwischen dem (noch) Förderer Max von Schillings und dem damals viel gespielten Lobetanz aus der Feder seines Lehrers Thuille. Auf Wagners Ästhetik basiert die Arbeit mit Leitmotoven.
Wilhelm Furtwängler war von der Partitur angetan - und auch jahrzehnte später kam der Dirigent Martin Sieghart während der Vorbereitungen zu einer Wiederaufführung des Ulenspiegel im Rahmen der österreichischen Aktion EntarteOpera ins Schwärmen:
Vorgeschichte und Umfeld
Doch verhinderte wohl der Ausbruch des Ersten Weltkrieges eine weitere Verbreitung der Partitur, die in den Wirren des Zweiten Krieges, während dessen ein Aufführungsverbot für die Musik des jüdischstämmigen Komponisten bestand, verlorenging und Jahrzehnte später für Wiederaufführungen aus dem Stimmenmaterial der Uraufführung rekonstruiert werden mußte.
Diese Wiederbegegnungen widerlegten posthum Braunfels' eigene Einschätzung, das Werk sei »mißglückt«. Zu diesem Urteil mögen persönliche Erlebnisse des Komponisten beigetragen haben, vor allem die Tatsache, daß im Finale des Werks eine Kriegsbegeisterung herrscht, die mit den Zeitströmungen anno 1913 im Deutschen Kaiserreich kongruent gewesen sein mochte, nach den Erfahrungen Braunfels' als Frontsoldat aber als schwer erträglich empfunden werden mußten.
Die schwere Verwundung, die Braunfels im Feld traf, bewirkte übrigens seine Konversion vom Protestantismus zum Katholizismus, die sich wiederum mit der Verteufelung der Katholiken im Opernlbretto schlug.
Braunfels schuf nach 1918 lieber geistliche Werke vom Zuschnitt seines großen Te Deums, das Günter Wand in einer vorzüglichen Einspielung der Vergessenheit entrissen hat.
Außerdem brachte 1920 die Premiere seiner hintergründig-kritischen Aristophanes-Vertonung → Die Vögel einen erneuten Popularitätsschub, der bis zum Verbot durch die Nationalsozialisten - ausgesprochen ausgerechnet vom früheren Förderer Max von Schillings! - anhalten sollte.
Das Werk
Anders als Richard Strauss in seiner populären Tondichtung op. 28 und auch im Unterschied zu Emil Nikolaus von Reznicek, der Till Eulenspiegel eine tragikomische Figur machte, bezog sich Walter Braunfels nicht auf das bekannte Volksmärchen, sondern auch den 1867 erschienenen, sozialkritischen Roman Thyl Ulenspiegel von Charles de Coster. Hier stehen die »lustigen Streiche« des Titelhelden in scharfem Kontrast zu den bitteren Konflikten in der Zeit der Kämpfe um die »spanischen Niederlande« der Zeit um 1600. Thyls Revolte gegen die reichen Händler, den »Pfeffersäcken«, denen er Pfeffer in die Augen streut und gegen den katholischen Klerus, der mit der grausamen Obrigkeit paktiert und mit Ablaßhandel viel Geld verdient, stempeln ihn zum verhaßten Aufwiegler, der nach dem Tod seines Vaters durch die Inquisition zum Anführer der Geusen im Kampf gegen die Spanier wird.Braunfels Musik positioniert sich in der damals üblichen Wagner-Nachfolge irgendwo zwischen dem (noch) Förderer Max von Schillings und dem damals viel gespielten Lobetanz aus der Feder seines Lehrers Thuille. Auf Wagners Ästhetik basiert die Arbeit mit Leitmotoven.
Wilhelm Furtwängler war von der Partitur angetan - und auch jahrzehnte später kam der Dirigent Martin Sieghart während der Vorbereitungen zu einer Wiederaufführung des Ulenspiegel im Rahmen der österreichischen Aktion EntarteOpera ins Schwärmen:
Das Thema, der Krieg und die spanische Inquisition in den Niederlanden, ist gewiß nicht eben neu, doch geht es bei Braunfels um den Wandel des Schalks Ulenspiegel vom frechen Taugenichts und Provokateur zum Anführer eines Aufstandes. --- Man hat seinen Vater auf dem Scheiterhaufen verbrannt, weil dieser den Unterschlupf des steckbrieflich gesuchten Sohnes nicht freigeben wollte. Zuletzt wirft sich seine Geliebte, Nele, in den Schuß, der auf Ulenspiegel gerichtet ist.
Diese Auseinandersetzung mit Gewalt und Irrsinn ist leider durchaus aktuell.
Und Braunfels' Musik erzählt die Handlung ungeheuer stringent. Es steht nie still. Die Chorszenen ideal geschrieben, der große Dialog Vater/Geliebte von hoher Subtilität. Es ,Königmarkelt' vielleicht da und dort, Richard Strauss hat vorbeigeschaut, und ,Lache Bajazzo' ist auch keine schlechte Anleihe.
Aber das schmälert nicht im geringsten die hohe Qualität dieser Partitur!